082 - Niemand hört dich schreien
verschwunden.«
»Pendrake hat ihn verschwinden lassen, nicht wahr?«
Der Verwalter nickte langsam. »Ja, Miss Bonney, das steht für mich fest, und ich bin ziemlich sicher, daß er ihn zu Valooga gebracht hat.«
»Nimmt der Drachenteufel denn auch tote Opfer an?«
»Das… weiß ich nicht«, antwortete Paul Irving unsicher. »Der Schock ergriff von Lilly Kovacs nicht sofort voll Besitz, sondern erst so nach und nach - bis sie nicht mehr ansprechbar war. Ich fürchte, die Ärzte werden ihr nicht helfen können.«
»Wegen der Magie, die dabei im Spiel ist?« fragte die Schriftstellerin.
»Ja«, sagte Irving.
»Lilly Kovacs wird frei sein, sobald hier mit diesem Höllenspuk gründlich aufgeräumt wurde«, behauptete Vicky.
»Wer sollte das tun? Ihr Mut in allen Ehren, aber Clive Pendrake und dem Drachenteufel sind Sie nicht gewachsen, Miss Bonney.«
»Aber der Hexer hat nicht schnell genug geschaltet, Mr. Irving. Er konnte die Hälfte des Telefonats nicht verhindern. Der Hilferuf hat meine Freunde erreicht. Sie können sich darauf verlassen, daß sie sich auf dem Weg hierher befinden.«
»Es ist leider zu befürchten, daß sie… zu spät kommen, Miss Bonney. Es war ein großer Fehler, im Schloß zu bleiben«, sagte der Verwalter niedergeschlagen, »und es war unverantwortlich, Sie in diese Sache hineinzuziehen. Ich hätte das meiner Tochter nicht erlauben dürfen.«
»Nun ist es aber mal passiert, Mr. Irving, und ich bin davon nicht so überzeugt wie Sie, daß Ihre Tochter falsch gehandelt hat. Es wäre falsch gewesen, zu fliehen und dem Hexer Drake Castle kampflos zu überlassen. Man muß Clive Pendrake aufhalten, darf nicht zulassen, daß er sich ungehindert in diesem Schloß ausbreitet.«
»Aber es ist sein Schloß.«
»Es war mal sein Schloß. Heute gehört es ihm nicht mehr.«
»Denken Sie, ein Mann wie er kümmert sich um rechtliche Aspekte? Er nimmt sich, was er haben will, und keiner von uns kann ihn daran hindern.«
»Das werden wir ja sehen, Mr. Irving. Befinden sich irgendwelche Waffen in diesem Raum?«
»Keine einzige.«
»Aber es gibt Waffen im Schloß?«
»Natürlich. Sie sind im Rittersaal und in der darangrenzenden Waffenkammer ausgestellt. Lanzen, Schwerter, Dolche, Musketen, Armbrüste, Säbel, Steinschloßpistolen.«
»Und wo befinden sich all diese Schätze?«
»Hier im Obergeschoß.«
»Wo genau?«
Der Verwalter sagte es ihr, aber er fügte kopfschüttelnd hinzu: »Es handelt sich um gewöhnliche Waffen, Miss Bonney. Die sind gegen Clive Pendrake und seine Folterknechte wirkungslos. Außerdem würden Sie weder den Rittersaal noch die Waffenkammer erreichen. Diese Unholde liegen mit Sicherheit vor der Tür auf der Lauer. Sowie einer von uns diesen Raum verläßt, fallen sie über ihn her.«
»Ich könnte mir den Weg freischießen«, sagte Vicky.
»Wozu? Um nutzlose Waffen zu holen?«
Die Schriftstellerin zeigte ihre magischen Wurfsterne. Silberne Pentragramme mit nadelspitzen Zacken. In ihnen befand sich nicht nur eine starke weißmagische Kraft, sie waren auch noch geweiht. Die weißmagische Kraft konnte unter Umständen ausreichen, um die Klinge eines Schwerts für kurze Zeit damit aufzuladen oder die Spitze eines Armbrustpfeils mit weißer Magie zu präparieren. Das erklärte Vicky dem Verwalter, doch er blieb dabei: »Sie kommen nicht durch. Keiner von uns.«
»Das, wissen wir erst, wenn wir es versucht haben, Mr. Irving«, sagte die Schriftstellerin.
Daraufhin wurde der Verwalter energisch. »Wenn Sie denken, ich lasse Sie aus diesem Raum hinaus, befinden Sie sich im Irrtum, Miss Bonney! Ich fühle mich für Sie verantwortlich.«
»Sie sagten vorhin, daß wir nicht einmal hier drinnen sicher sind«, erwiderte Vicky heftig. »Also was soll's? Ich werde nicht warten, bis Pendrakes Schergen die Tür aufbrechen und uns zu Valooga holen. Ich werde vorher handeln, und Sie sollten mich nicht daran hindern, sondern mich dabei unterstützen!«
»Dad!« stieß plötzlich Carole entsetzt hervor. Mit schockgeweiteten Augen starrte sie auf den Hund, der sich auf einmal unter Krämpfen wand und von heftigen Zuckungen befallen wurde. Whisky verdrehte die Augen, versuchte aufzustehen, kippte jedoch zur Seite und strampelte, als ginge es mit ihm zu Ende. »Liebe Güte, was hat er nur?« schluchzte Carole.
Vicky Bonney glaubte es zu wissen. Das Tier war mit dem gefährlichen Zauber in Berührung gekommen, und das waren die Nachwirkungen. Vielleicht würde der bedauernswerte Hund
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