0820 - Horror-Baby
zurück.
Suko hatte sich schon auf den Weg nach oben gemacht. Ich fand ihn in der ersten Etage vor der geschlossenen Wohnungstür stehend. Er hatte sich gebückt und fummelte mit seinem Türöffner am Schloss.
»Packst du es?«
»Bestimmt.«
Ich ließ Suko arbeiten und lauschte in das Treppenhaus, aus dem ich keinen Laut hörte. Es war die normale Stille, die uns umfing, nur empfand ich sie in diesem Fall als bedrückend. Sie schien mir so zu sein, als läge etwas in der Luft, das einen Moment später explodieren konnte.
Im Haus war nichts zu hören. Nicht einmal Radiomusik. Es schlug auch keine Tür.
»Okay, John.«
Suko richtete sich auf, als ich mich umdrehte. Er nickte mir zu und schob die Tür auf.
Wir verließen die Umgebung mit den hellen Wänden und tauchten ein in eine Höhle. Zumindest kam es uns so vor zwischen den engen Wänden des Flurs, in dem auch noch ein bestimmter Geruch hing, der mir wuchtig auf den Magen schlug.
»Blut«, flüsterte ich.
Gleichzeitig schaltete mein Freund das Licht ein, und wir sahen auf dem Boden dunkle Flecken.
Eine Verletzte oder Tote sahen wir in der kleinen Diele nicht. Die fanden wir wenig später im Wohnraum. Sie lag auf dem Boden, inmitten eines Chaos.
»O Gott«, stöhnte Suko, »wer tut denn so was?«
Ich starrte die grausig zugerichtete Leiche an, ohne sie richtig zu sehen. Mein Inneres wehrte sich dagegen, es war ein Sträuben, wie ich es selten erlebt hatte. Ich kam mir selbst fremd vor, einfach wie hineingestellt in die Realität, mit der ich eigentlich nichts zu tun hatte.
Wir hatten natürlich damit gerechnet, dass etwas passiert war, aber nicht auf diese schreckliche Art und Weise. Wer da getötet hatte, der war… der war … mir fehlte der Vergleich.
Ich ging durch das Zimmer wie ein Schlafwandler und bemühte mich dabei, nicht in die Blutlachen zu treten.
Vor dem Fenster blieb ich stehen und schaute hinaus. Der Blick glitt auf Bäume und Hecken. Ein paar schräg fallende Sonnenstrahlen verliehen dem Laub einen nahezu wertvollen Glanz, und ich hörte die Stimme meines Freundes hinter mir wie aus weiter Ferne.
»Der Killer kann noch nicht lange weg sein.«
»Ich weiß.«
»Vielleicht ist er… ich meine, wir haben doch nichts gesehen. Er könnte ja in der Nähe sein.«
»Schon.« Ich strich über mein Kinn. »Bisher haben wir einen Kinderwagen nebst Inhalt gesucht. Ich frage mich, Suko: Ist ein Kleinkind zu einer derartigen Tat fähig?«
»Ich weiß nicht.«
»Du schließt es auch nicht aus?«
»Ich weiß doch nicht, wer oder was sich in diesem verdammten Wagen befindet.«
»Ja, stimmt.«
»Wir müssen mit allem rechnen, John. Mit dem Schlimmsten, mit einem Monster, mit einem… ich weiß es auch nicht.«
Ich drehte mich wieder um. »Hass!« sagte ich leise. »Es sieht aus, als hätte dieser Mörder die Person unwahrscheinlich gehasst und sich an ihr ausgetobt. Es war eine wilde Tat und gleichzeitig eine kontrollierte. Die Bestie hat genau gewusst, was sie tat. Außerdem müssen sich die beiden gekannt haben.«
»Sagst du das wegen der beiden Gläser auf dem Tisch?«
»Genau.«
»Ich gebe dir Recht. Unsere Selma Swan hat Besuch bekommen. Sie ist nicht überrumpelt oder überfallen worden. Jemand kam, sie sprach mit dieser Person, und sie waren sogar so gut befreundet, dass sie ihr einen Drink angeboten hat. Die Frau hat keinen Verdacht geschöpft, obwohl wir sie davor gewarnt haben, jemand reinzulassen. Also muss sie dem Täter vertraut haben.«
»Er kann nur aus dem engsten Bekannten- und Freundeskreis stammen. Der Killer ist ihr nicht als Bestie erschienen. Er muss wie ein normaler Mensch ausgesehen haben, und dann… Verdammt, ich kann mir keinen Reim darauf machen. Dabei haben wir nur einen Kinderwagen gesucht.«
»Selma hat ihn beim Spielplatz gesehen, John. Wir sollten uns dort umschauen.«
»Richtig.« Ich drehte mich trotzdem noch einmal um und schaute durch das Fenster.
Nichts hatte sich verändert.
Bis auf eine Kleinigkeit, bei deren Entdeckung es mir scharf wie ein Messer durch die Brust fuhr.
Unter den Bäumen in der Nähe stand genau der Gegenstand, den wir suchten.
Es war der Kinderwagen!
***
»Suko!« Ich rief den Namen meines Freundes so laut, dass der Inspektor zusammenzuckte. Gleichzeitig fuhr ich herum, und Suko sah es meinem Gesicht, dass sich etwas Gravierendes ereignet hatte, denn er flog förmlich auf das Fenster zu.
Eine Erklärung brauchte ich ihm nicht zu geben, er schaute durch die Scheibe und sah
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