0826 - Der knöcherne Hexer
Seite des Wagens. Nur zwei Schritte von dem Kadaver entfernt blieb ich stehen und schaute auf das blutige Etwas vor meinen Füßen. Wer immer diesen Hund getötet hatte, er musste ihn regelrecht zerrissen haben. Jetzt wusste ich, dass ich hier in Coverack genau richtig war. Zumindest hatte mich die Spur der Gebeine schon zu einem Skelett geführt und zu einem toten Hund. Swenja stand hinter mir, und ich hörte ihren heftigen Atem. Ich drehte mich um, unsere Blicke begegneten sich, ich sah die Furcht in den hellen Augen der Frau und sagte mit leiser, beruhigend klingender Stimme: »Ich denke, wir haben uns so einiges zu erzählen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wollen Sie mir die Geschichte nicht von Beginn an erzählen?«
Staunen zeichnete ihr Gesicht. »Meine Güte, Sie – Sie glauben mir etwa?«
»Ich denke schon.«
Nervös fuhr sie durch ihr Haar. »Aber wie kommen Sie darauf, dass ich die Wahrheit erzähle?«
»Nun ja, es könnte ja sein, dass ich in etwa aus dem gleichen Grund hier bin wie Sie.«
»Das kann nicht wahr sein.«
Ich deutete auf den Wagen. »Sollen wir hineingehen? Dort ist es bestimmt gemütlicher.«
»Gut, das können wir tun.«
Sie ging vor. Auf dem kurzen Stück schüttelte sie mehrmals den Kopf. Ich schaute hinüber zum Ort und dann in die andere Richtung, wo in der Ferne die unendlich erscheinende See wogte. Mir war kalt geworden, aber nicht nur wegen des Wetters, denn hier bahnte sich etwas Gefährliches an, das sagte mir mal wieder mein Gefühl…
***
Es war zwar nicht meine Art, am Mittag schon einen Whisky zu trinken, aber Swenja brauchte ein Alibi, denn sie hatte sich ebenfalls einen Schluck gegönnt. Die Cola tranken wir aus der Dose, und ich hatte der jungen Frau zugehört, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen. Während ihres Berichts hatte ich mir auch ein Bild von ihr machen können. Sie war auf keinen Fall eine Spinnerin, sondern eine Person, die mit beiden Beinen im Leben stand und ihrem Job nachging, den sie sehr ernst nahm. Durch Zufall musste sie wohl auf die Gebeine gestoßen sein, die ich suchte. Sie hatte diesen Fund dokumentiert und fragte mich, ob ich mir den Streifen anschauen wollte.
»Später vielleicht. Jetzt habe ich natürlich einige Fragen.«
»Das ist klar.«
»Was wissen Sie denn über Ihren Fund?«
»Nichts, gar nichts.« Sie umklammerte die Dose so hart, als wollte sie diese zusammendrücken. »Ich weiß wirklich nichts, das müssen sie mir, glauben, John.«
»Haben Sie denn gefragt?«
»Natürlich, aber bei den Einheimischen treffen Sie auf eine Mauer des Schweigens. Nicht nur das. Jeder will ja, dass ich von hier verschwinde. Man hat mir das Ultimatum gesetzt, das längst verstrichen ist. Wie soll ich denn fortkommen?«
»Stimmt.«
»Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Mein Lächeln sollte beruhigend auf sie wirken. »Jetzt bin ich erst mal da, und ich denke, dass wir gemeinsam mehr herausfinden können als Sie allein.«
»Wie? Wollen Sie denn bleiben?«
»Immer doch. Mich interessieren genau die Gebeine, die Sie gefunden haben, Swenja. Es wäre wirklich toll, wenn wir beide an den Strand gehen könnten, um uns die Fundstücke anzuschauen.«
»Das wollen Sie?«
»Ja.«
»Aber…«
Ich legte beide Hände auf ihre Rechte. »Wissen Sie, Swenja, es gibt Dinge, die treffen plötzlich zusammen. Man kann es als Schicksal ansehen, und ich möchte mich mal darauf festlegen. Dass wir beide uns getroffen haben, ist das reine Schicksal. Ich bin an diesem Fall ausberuflichen Gründen interessiert und…«
»Wieso beruflich?«
Mein Lächeln vertiefte sich. »Sind Sie arg enttäuscht, wenn ich Ihnen sage, dass ich Polizist bin? Ich arbeite für Scotland Yard und habe mich auf Fälle spezialisiert, die mit normalen Maßstäben nicht zu messen sind.«
Swenja schaute mich scharf und aus engen Augen an. »Moment mal«, murmelte sie, »kann es sein, dass ich schon von Ihnen gehört habe?«
»Möglich.«
»Auch gelesen«, sagte sie. »Man hat Ihnen doch so etwas wie einen Spitznamen gegeben.«
»Geisterjäger, ich weiß.«
»Klar, das ist es. Die Presse hat hin und wieder über Ihre Fälle berichtet.«
»Wobei ich allerdings versucht habe, mich herauszuhalten. Puh.« Sie blies den Atem über den Tisch. »Jetzt bin ich aber beruhigt, das können Sie mir glauben.«
»Noch ist nichts entschieden.«
»Da haben Sie Recht«, sagte sie und legte ihre Hand auf das klopfende Herz. »Entschieden ist nichts, aber ich glaube fest daran, dass wir es
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