083 - Der Tod trägt eine Maske
nicht darauf ein. Mein Herz war in diesem Moment hart wie Granit.
Der Sterbende durfte von mir keine Hilfe erwarten.
»Tony… Freund…«, gurgelte er. »Was…«
Seine Hände fielen herab, er seufzte noch einmal tief und gequält, und dann lag er still. Vorwurfsvoll starrten mich seine gebrochenen Dämonenaugen an.
Es war vorbei!
***
Helhyr kam wieder und brachte der Prinzessin zu essen. Aber der Bucklige mit dem Klumpfuß brachte Ragu auch eine geistige Nahrung, die sie hoffen ließ, die ihr Mut machte und ihre Verzweiflung zerstreute. Helhyr brachte eine erfreuliche Botschaft von Kobbar, einem Markia-Krieger, der - wie Helhyr - der Prinzessin Treue bis zum Tod geschworen hatte und dem das Wohl des Reiches ebenso am Herzen lag wie ihr.
Kobbars Schwert gehörte der Prinzessin, und er wollte Cassemock und seine Männer damit schlagen. In aller Eile hatte er eine kleine schlagkräftige Armee auf die Beine gestellt. Männer, die treu zu Ragu hielten, weder Tod noch Teufel fürchteten und bereit waren, ihr Leben für die Prinzessin zu geben.
»Sie stehen bereit«, flüsterte Helhyr begeistert. »Sie warten nur noch auf den richtigen Augenblick, dann schlagen sie los und befreien dich.«
»Hoffentlich erfährt Cassemock nicht vorzeitig davon«, sagte Ragu.
Helhyr schüttelte den Kopf. »Es sind verschwiegene Männer, die Kobbar um sich geschart hat. Kein Sterbenswort kommt über ihre Lippen. Stumm wie Fische sind sie, und mutig wie Löwen. Du wirst diese Schmach nicht mehr lange ertragen müssen, Prinzessin. Als strahlende Siegerin wirst du diesen Kerker verlassen.«
»Was hört man von Alcarrax?« fragte Ragu bange.
Der Bucklige hob die Schultern. »Auf seinem Weg zur Teufelswüste soll der Höllensturm schrecklich gewütet haben. Mehr weiß ich nicht.«
»Keine Nachricht von Scarpatt?« fragte die Prinzessin.
Helhyr nickte ernst. »Ich weiß, worauf du hoffst, Prinzessin, und ich wäre glücklich, dir sagen zu können, daß es Tony Ballard und seinen Freunden gelang, Ugar zu retten.« Er seufzte traurig.
»Aber es hat keinen Sinn, dich zu belügen. Niemand weiß, wie die Dinge in der Teufelswüste stehen.«
»Ich werde hoffen, solange es möglich ist«, sagte die Prinzessin mit belegter Stimme.
»Auch ich hoffe, daß Ugar unversehrt zu dir zurückkehrt«, sagte Helhyr. Wenn er aber ganz ehrlich zu sich selbst war, mußte er sich eingestehen, daß er an solch ein Wunder nicht glaubte, aber das behielt er für sich. Warum sollte er so grausam sein und der Prinzessin die Hoffnung, an die sie sich klammerte, nehmen?
Er gab ihr zu essen. Sie war sehr hungrig und aß alles auf.
»Du bist sehr vernünftig, Prinzessin«, sagte Helhyr zufrieden. »Du weißt, daß du bei Kräften bleiben mußt. Denn bald schon wirst du auf deinen Thron zurückkehren und über den Hochverräter Cassemock zu Gericht sitzen.«
Der Bucklige verließ den kalten Kerker. Mit einem hallenden Knall fiel die Tür hinter ihm zu. Wenn sie sich wieder öffnete, würden vielleicht schon die Befreier eintreten.
O Ugar, dachte die Prinzessin traurig. Wüßte ich doch nur sicher, daß du noch lebst. Wie leicht ließe sich dann alles ertragen.
***
»Tony… Freund…« So hatte mich Mr. Silver in seinen letzten Worten genannt.
Freund, dachte ich grimmig. Daß ich nicht lache. Du warst nicht mein Freund. Ich ließ mich nicht täuschen, mein Lieber. Ich habe das falsche Spiel durchschaut.
Zugegeben, es war gut inszeniert. Es hätte klappen können, wenn ich unaufmerksam gewesen wäre, aber mir war der Fehler sofort aufgefallen.
Vor mir lag nicht mein Freund Mr. Silver, sondern ein Duplikat, das Alcarrax angefertigt hatte. Hätte ich diesem von Alcarrax geschaffenen Mr. Silver vertraut, wäre das mein sicherer Tod gewesen.
Von Anfang an hatte ich gespürt, daß mit diesem Hünen irgend etwas nicht stimmte. Mein sechster Sinn hatte mich vor ihm gewarnt, doch das hätte noch nicht ausgereicht, um den Colt Diamondback zweimal auf ihn abzufeuern, denn Gefühle können sich irren.
Ich suchte nach einer Bestätigung, und als ich sie gefunden hatte; drückte ich eiskalt ab, im Bewußtsein, einen gefährlichen Feind zu töten.
Der Fehler des puppenköpfigen Dämons hatte darin bestanden, daß er nur den Ex-Dämon kopiert hatte, nicht aber das Höllenschwert. Höchstwahrscheinlich ließ sich diese starke Waffe nicht kopieren - und Mr. Silver ohne Höllenschwert war für mich ein untrüglicher Beweis dafür, daß mich mein Instinkt, der sechste
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