0831 - Wurzel des Bösen
Verteidigungsstellung.
Dann entspannten sie ihre Muskeln wieder - was sie vorfanden, war zwar durchaus ein Schwarzblütler, jedoch keiner, den sie so eindeutig als Feind einstufen konnten und wollten.
Die hagere Gestalt Dalius Laertes’ lag quer über Zamorras Arbeitstisch. Wie in Zeitlupe bewegte sich der Vampir, schien nicht Herr über seinen Körper zu sein. Nur langsam, ganz langsam erholte er sich. Zamorra wurde klar, dass Laertes mitten in die M-Falle gesprungen war, von deren Vorhandensein er nichts hatte ahnen können.
»Eine freundliche Begrüßung stelle ich mir anders vor…« Laertes’ Stimme klang brüchig.
Nicole verschränkte missmutig die Arme vor der Brust. »Und ich mir einen freundschaftlichen Besuch. Niemand hat dich hergebeten, Vampir.«
Trotz der Hilfe, die sie von Laertes schon bekommen hatten, war die Französin nach wie vor skeptisch, wenn es um ihn ging. Das hatte sich eher noch verstärkt, nachdem sie Zamorras Bericht von dessen Vergangenheitstrip mit dem dürren Burschen gehört hatte. Niemand konnte wissen, woran er bei Dalius Laertes wirklich war - am wenigsten er selbst.
Laertes überhörte Nicoles bissige Bemerkung. Langsam rappelte er sich auf. »Mir ist, als wenn ich gegen einen Berg gesprungen wäre. Was war das?«
Zamorra half dem Vampir, wieder auf die eigenen Füße zu kommen.
»An diesem Berg hättest du eigentlich abprallen sollen. Aber was ist bei dir schon normal?«
Laertes war zuvor noch nie im Château Montagne gewesen. Den Abwehrschirm hatte er also nicht kennen können. Dass er ihn dennoch durchsprungen hatte, war wieder einmal ein Beweis, dass Laertes nicht mit normalen Maßstäben zu messen war.
Oder dass der Schirm durchlässiger geworden war, wie Nicole immer wieder behauptete. Doch jedes Mal, wenn Zamorra die weißmagischen Abwehrzeichen kontrollierte, fand er sie intakt vor.
Er ahnte nicht, dass er selbst es gewesen war, der die Schwächung verursachte, und sie deshalb auch nicht erkennen konnte. Dass er in dieser Hinsicht unter dem Einfluss des Lucifuge Rofocale stand…
Der Vampir sah Zamorra direkt an.
»Du musst mit mir kommen. Zamorra, ich fürchte, diese Welt bekommt ein gewaltiges Problem.«
Zamorra konnte die Probleme der Erde sicher nicht mehr zählen. Ein weiteres kam auf sie zu?
Solange man dessen Lösung nicht in die Hände von Politikern legte, gab es da sicher noch Hoffnung…
***
Nicole und Zamorra wollten den Vampir in ihre gute Stube bitten, um ihm ein wenig Zeit zum Erholen zu gönnen.
Doch Laertes schüttelte den Kopf so energisch, dass seine langen schwarzen Haare wie eine wild gewordene Gardine vor seinem Gesicht hin und her pendelten. »Keine Zeit für Floskeln und Gemütlichkeit. Verzeiht, aber es eilt ungemein.«
In wenigen Sätzen berichtete er von dem Drang, der ihn nach Deutschland gezogen hatte; ein unbestimmtes Gefühl nur, doch es hatte ihm keine Ruhe gelassen. Aber was er dort in einem der Mittelgebirge vorgefunden hatte, bestätigte die Wichtigkeit dieses Dranges deutlich. Mitten in seinem Bericht unterbrach ihn der Parapsychologe.
»Eine Frau? Ein geflügeltes Wesen? Du redest von Nassen im Sauerland?«
Laertes nickte. Den Dorfnamen hatte er auf einem rechteckigen gelben Schild gelesen. »Ich glaube, so heißt es tatsächlich.«
Zamorra wandte sich an Nicole. »Bevor unser dunkler Freund hier seinen Auftritt hatte, habe ich mit Brik telefoniert. Er hat mir die gleiche Geschichte erzählt. Und diese Frauenmumie soll seine Tina sein. Ich wollte dich fragen, ob du mit mir kommst. Aber dazu kam ich ja nicht mehr.«
Nicole hob abwehrend die Hände. »Sauerland - wo das Wasser mir am Halse stand.« Den schlechten Reim bereute sie sogleich wieder, aber gesagt war gesagt. Und ganz sicher auch nicht gelogen, denn Nicoles Erinnerungen an nassen waren Kälte, feuchter Wind und Dauerregen. »Nein, ich streike. Aber du - ihr - solltet nicht lange zögern. Brik braucht eure Hilfe.«
Im Grunde war Nicole Duval froh, Zamorra für ein paar Tage aus dem Château fort zu bekommen. Das Buch… diese verfluchten Siegel… Davon ging ein schlechter, ein böser Einfluss auf Zamorra aus. Nicole war davon überzeugt. Es war sogar wegen dieses Buches zum Streit zwischen ihr und ihrem Gefährten gekommen. Nicole hatte Zamorra vorgeworfen, er würde sich da in etwas hineinsteigern, das einer Sucht gleichkam. Und nach wie vor war sie der Ansicht, damit in keiner Weise übertrieben zu haben.
Das Buch. .. Sie hätte es mit Vergnügen zu
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