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0837 - Aibon-Blut

0837 - Aibon-Blut

Titel: 0837 - Aibon-Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sicherheit dieses so ungewöhnlich gekleideten Menschen.
    Für ihn war er ein Naturbursche der ganz besonderen Art. Einer, der genau wußte, was er wollte, der sich durch nichts von seinem Weg abbringen ließ.
    Es gab kein Dach mehr. Die alten Balken hatten ebenfalls sehr schnell Feuer gefangen und waren zusammengebrochen. In einem Inferno aus Rauch und Flammen hatten sie alles unter sich begraben, und der Wind hatte die Asche verweht.
    Der Rote Ryan wußte genau, wie er sich zu bewegen hatte. Harry beobachtete ihn genau. Er schaute zu, wie er seine Kreise zog, die Arme ausgestreckt und die Hände gespreizt hielt. Dabei erinnerte er an einen Wünschelrutengänger, der sein Instrument vergessen hatte und trotzdem nicht aufgeben wollte.
    Der Mann aus Aibon tauchte zwischen den geschwärzten Resten unter und blieb an einer bestimmten Stelle stehen. Dort fing sich der Wind. Er spielte mit der Kleidung und den Haaren des Roten Ryan, der einen doch sehr nachdenklichen Eindruck machte.
    Harry Stahl war neugierig geworden. Er wollte diesen geheimnisvollen Fremden endlich in Aktion sehen und war beinahe enttäuscht, als er mitbekam, daß dieser nichts tat. Der Rote Ryan stand an einer bestimmten Stelle und schaute zu Boden.
    »Ist was?« fragte Harry.
    Der andere nickte. »Ich möchte dich noch einmal fragen, ob es hier gewesen ist?«
    »Tja, ich weiß nicht so recht. Es müßte hier gewesen sein. Hier hat diese Vorhalle gestanden. An der einen Wandseite gab es den Fahrstuhl, der plötzlich keinen Boden mehr hatte.«
    Ryan schlug einen Kreis mit der Hand, als wollte er etwas abmessen. Harry Stahl trat sicherheitshalber zurück. Er wollte den Mann auf keinen Fall stören. Die Konzentration hatte sein Gesicht hart werden lassen. Unter dem Haar schimmerte die Haut bleich in der Dunkelheit. Er bewegte zwar den Mund, sprach aber nicht.
    Erst als der Rote Ryan stehenblieb, traute sich Harry, ihn anzusprechen. »Und? Was hast du herausgefunden?«
    »Nichts.«
    »Geschlossen?«
    Ryan lächelte flüchtig. »Ich werde es herausfinden. Sollte es tatsächlich der Fall sein, werden wir den Zug öffnen müssen. Ich gehe davon aus, daß Guywanos Hüter es geöffnet und anschließend wieder hinter sich geschlossen hat.«
    »Weißt du es?«
    Ryan schaute den Frager unwillig an. Harry verstand den Blick. Er trat zurück und nahm sich vor, den anderen bei seiner Arbeit nicht mehr zu stören.
    Der Mann aus Aibon wußte genau, was er zu tun hatte. Er hob seine Flöte an und setzte das schmale Mundstück an die Lippen. Für Harry war dieses Instrument so etwas wie ein Zaubermittel. Er konnte darüber nur immer wieder staunen.
    Der Rote Ryan blies.
    Es waren zunächst leise und lockend klingende Töne, die er produzierte. Sehr weich floß die Melodie in die Stille der Landschaft hinein. Sie wimmerte durch die klare Luft, sie umwehte die Felsen wie ein unsichtbarer Schal, und Harry mußte zugeben, daß ihn die Melodien ebenfalls in den Bann zogen, so ungewöhnlich und fremd sie sich auch anhörten. Er glaubte, sie tanzen zu sehen. Sie hatten etwas Konkretes für ihn bekommen, sie waren vorhanden, sie flossen, sie bewegten sich, sie drangen in die Höhe, wo sie sich verloren, aber sie kehrten gleichzeitig auch zurück und erreichten seine Ohren. Es war einfach eine Gewöhnungssache für ihn, und er merkte auch, daß ihn diese Melodie die Welt um ihn herum vergessen ließ.
    Harry stand zwar mit beiden Beinen auf dem Boden, gleichzeitig hätte er sich nicht gewundert, wenn er davongeschwebt wäre. Hinein in irgendeine Sphäre, wo andere Gesetze herrschten, einem Land entgegen, das auf den geheimnisvollen Namen Aibon hörte.
    Auf dem Boden war der Zugang zu diesem Reich gewesen. Und genau dort veränderte sich diese Welt.
    Plötzlich flimmerte die Luft. Die Klänge wehten dagegen, sie waren nicht mehr so abstrakt, sie holten etwas hervor. Da setzte sich die Melodie in Materie um.
    Bilder entstanden…
    Zuerst schwach nur, aber sie stiegen von unten hier in die Höhe, und gleichzeitig löste sich die Welt, in der sich Harry befand, allmählich auf.
    Sie trat zurück.
    Die schwarzen Ruinen wurden zuerst von einem Schleier umfangen, der von Sekunde zu Sekunde an Dichte zunahm, um sie letztendlich ganz zu umschlingen und unsichtbar zu machen.
    Es gab sie nicht mehr.
    Es gab nur Aibon…
    Das Flötenspiel hatte die fremde Welt herbeigezaubert. Ein Land hinter dem Regenbogen, ein Stück zwischen Himmel und Erde, das geheimnisvolle Druidenreich.
    Der Rote Ryan

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