0837 - Aibon-Blut
»Wenn du der Rote Ryan bist, womit ich nichts anfangen kann, dann möchte ich dich fragen, wo du herkommst?« Er gab sich selbst eine Antwort.
»Aibon?«
»Ja.«
»Und was willst du hier?«
»Dich schützen.«
Das nahm Harry zunächst einmal hin. »Gut, mich schützen. Aber du kennst auch John Sinclair?«
»Sicher.«
»Bist du ein Freund?«
Die Gestalt aus dem Druidenland Aibon lächelte. »Das will ich nicht unbedingt behaupten. Freundschaft ist etwas anderes. Wir sind keine Feinde und vertreten im Prinzip die gleichen Interessen.«
Damit konnte der gute Harry zwar nicht viel anfangen, er nickte nur und ließ es dabei geschehen.
Schnell wechselte er das Thema. »Hier können wir ja wohl nicht bleiben - oder?«
»Nein.«
»Auch wo die Gestalt tot ist?«
»Es werden andere erscheinen, denn in dieser Umgebung gibt es den Zugang zu meinem Land.«
Harry Stahl hatte zugehört und nickte heftig. Ihm war da etwas in den Sinn gekommen. »Ja.« flüsterte er und konnte dabei einen Schauer nicht unterdrücken. Gleichzeitig stieg die Erinnerung in mehreren Bildern in ihm hoch. Er sah sich wieder in der leeren Vorhalle des Hotels am Fahrstuhl stehen und in den Schacht schauen. Allerdings in einen Schacht, der ihm endlos vorgekommen war, in dessen Tiefe sich allerdings ein Bild abgezeichnet hatte. Eine Frau, ein Mann und ein Kind, gefangen auf einem Gelände, das wie eine Insel aussah - ein Teil von Aibon. Das andere Land, so geheimnisvoll - auch sein Freund John Sinclair hatte es erwähnt. Der John Sinclair, dessen Beine in den Schacht hinabtaumelten und der sich nur mit den Händen hatte am Rand festhalten können. Es war schon einem Wunder gleichgekommen, daß er nicht abgestürzt war.
»Warum schweigst du?« wurde Harry angesprochen.
Er hob die Schultern. »Es sind die Bilder der Erinnerung. Ich weiß jetzt, was du gemeint hast. Das Tor zu Aibon.«
»Richtig. Und ich will es schließen.«
Stahl räusperte sich. Er ging einige Schritte zur Seite und bewegte sich im Kreis. »Hier sind die Spuren nach wie vor«, murmelte er, »nichts ist anders geworden. Das Feuer hat das alte Hotel vernichtet.« Er blieb stehen und konzentrierte sich auf den Roten Ryan. »Oder kann es auch den Zugang zu deinem Land zerstört haben? Ist das möglich?«
»Nein, nicht bei einem normalen Feuer.«
»Dann muß er also noch existieren.«
»Er existiert.«
»Hast du ihn nicht genommen?«
Der Rote Ryan schüttelte den Kopf. »Ich bin einen anderen Weg gekommen, mein Lieber.« Er lächelte. »Es gibt einige, aber dieser Mann in Grau hat ihn benutzt. Ich bin hier, um den Eingang zu verschließen. Er soll keine Gefahr mehr darstellen. Ich will die Verbindung zischen dem Bösen, das hier noch lauert, und Aibon nicht haben. Das Kapitel muß abgeschlossen werden.«
Harry gab ihm recht. »Prinzipiell bin ich damit einverstanden. Allerdings denke ich auch an die Familie. Was ist mit ihr? Mit der Mutter, dem Vater, dem Kind? Man hat mir deutlich genug erklärt, daß sie gesucht werden. Wenn mich nicht alles täuscht, will man sie töten. Befinden sie sich denn an einem sicheren Ort?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
»Du hast sie nicht in Aibon gesehen? Harry war schon erstaunt. Seine Idee fiel wie ein Kartenhaus zusammen.«
»So ist es.«
»Und wo könnten sie dann sein?«
Der Rote Ryan hob die Schultern. »Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für die drei. Wir dürfen nicht vergessen, daß es Menschen gibt, die sich auch in ihrer Welt wohl fühlen. Ich hoffe für sie, daß sie ihren Platz gefunden haben.«
»Und dieser Mann in Grau? Können wir davon ausgehen, daß er allein gewesen ist?«
»Nein, das können wir nicht. Sie sind oft zu zweit oder zu dritt. Sie agieren meist nicht gemeinsam, aber sie finden wieder zusammen. Ich rechne mit weiteren Gegnern, und du mußt auch daran denken, daß du es nicht allein gewesen bist, der gegen diese finsteren Machenschaften gekämpft hat. Es gibt da noch einen anderen.«
»John Sinclair.«
»Sicher.«
»Moment.« Harry überlegte. »Soll das heißen, daß sich einer dieser Männer auch an John gewandt hat?«
»Davon können wir ausgehen.«
»In… in… London?«
»Bestimmt.«
Harry rieb seine Hände. »Verdammt noch mal, dann sollten wir jetzt Kontakt mit ihm bekommen.«
»Später. Erst muß ich den Zugang finden.«
»Da kann ich dir helfen.«
Der Rote Ryan lächelte Harry an. »Ich weiß schon, wohin ich gehen muß, keine Sorge.«
Stahl war gespannt. Er bewunderte die
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