086 - Spukschloss im Mittelpunkt der Erde
Für mich war diese
Aktion wie das Erwachen aus einem Jahrhunderte währenden Schlaf. Ich sah den
Mann. Er spürte meine Nähe, und sein Herz setzte vor Schreck aus. Er
verkraftete die Wucht nicht, mit der ich seinem Geist begegnete. Von dieser
Stunde an versuchte ich den Spalt zu erweitern, der sich mir aufgetan hatte.
Das brauchte seine Zeit. Aber was bedeuten Jahre für einen, der Jahrhunderte
auf die Gelegenheit, in die Menschenwelt zurückkehren zu können, gewartet hat?
Ich musste lernen, meine Kräfte gezielt einzusetzen. Nach
dem Mann kam die Frau, die allein in dem Haus lebte, an die Reihe .«
» Petulia Mansing !« , entfuhr es Morna.
»Ja, das war ihr Name. Ich veränderte ihr Wesen. Dann folgte mein
nächster Vorstoß. Ich änderte ihren Willen und übernahm kurzzeitig ihren Körper,
ohne dass sie es merkte. Sie erledigte alles mit der
linken Hand. Ich konnte mit der rechten nie etwas tun, denn ich habe nie eine
besessen. Dann kam der nächste Schritt. Mein Ich war inzwischen so weit
erstarkt, dass ich meine Kraft als Schattenwesen voll
ausspielen konnte. Ich habe Petulia Mansing getötet! Mein Wirken war auf den Ort beschränkt, an
dem einst das Schloss stand. Dort musste ich nur warten, bis neue Mieter in das Haus zogen. Das war eines Tages der
Fall. Ich beobachtete alles, was im Haus vorging, und es machte mir Spaß, die
Vorbereitungen für meinen nächsten Vorstoß zu treffen. Es bereitet einem Geist
keine besonderen Schwierigkeiten, Geräusche zu erzeugen und damit auf sich
aufmerksam zu machen. Der neue Mieter ging in den Keller, um nach dem Rechten
zu sehen. Da nahm ich ihn mit in meine Welt. Einen Tag später holte ich mir
seine Frau und eine Besucherin ... inzwischen habe ich ein neues Spiel
entdeckt. Ich kann jede Person, die ich hierher in mein Schloss geholt habe, perfekt kopieren. Mit Hilfe der Telepathie. Ich habe das Spiel mit
einem Mann getrieben, der die Täuschung nicht bemerkte, der überzeugt davon
gewesen ist, mit Morna Ulbrandson und Conny Michelson zu sprechen.«
»Larry !« , murmelte X-GIRL-C betroffen.
Der Geist aus dem Spukschloss hatte sie alle an der
Nase herumgeführt, und sein makabres Spiel wurde gefährlich für die Menschen,
die ihm in die Hände gefallen waren. Der Unheimliche hatte noch mehr vor.
Er ließ es sie wissen. Das Haus, an das sein Wirken gebunden war,
sollte auch in Zukunft zur Todesfalle für die Menschen werden, die darin wohnen
würden. Wahrscheinlich würden noch viele Unschuldige diesen Weg gehen müssen,
ehe man dahinter kam, wie die Dinge zusammenhingen.
Die Gefangenen im Spukschloss wussten um die Zusammenhänge, aber sie hatten keine
Möglichkeit, ihr Wissen einem Außenstehenden mitzuteilen. Morna hätte viel
darum gegeben, wenn sie X-RAY-1 oder ihren Freund und Kollegen Larry Brent
alias X-RAY-3 mit einem Funkspruch hätte erreichen können. Aber aus dem Zentrum
der Erde ließ sich kein Funkspruch absetzen. Viele tausend Kilometer Magma und
verschiedenartige Erdschichten lagen dazwischen und schluckten jeden Impuls.
Der Geist jenes Mannes, der zu einer unglaublichen Gefahr geworden war, hielt
sie alle in Bann.
»Ich weiß, ihr habt alle den Wunsch zu sehen, wie ich wirklich
aussah, so wie jene mich beäugten, denen ich zur Schau gestellt wurde. Kommt zu
mir, ich erwarte euch! Im linken Turm, im untersten Stockwerk, werdet ihr mich
finden. Aber beeilt euch! Eure Uhr läuft ab. Der magische Schutzmantel, der das
Castle wie eine Hülle umgibt, zerfällt. In kurzer Zeit werden die Magmamassen
das Gestein des Castles verflüssigen, euch überfluten und vernichten ...«
●
Die Stimme verhallte, danach kehrte Ruhe ein. »Das kann er nicht
... ernst meinen«, wisperte Conny Michelson. »Er sagte es nur, um uns zu
ängstigen .«
»Ich fürchte, er meint, wie er es sagt«, murmelte Karlheinz Weyer.
»Er hat uns in seinen Fingern, er kann uns zerquetschen wie eine Fliege. Ich
versuche zu begreifen, aber ich verstehe es trotz allem nicht. Das ist ein
Alptraum ... ein furchtbarer Alptraum .« Morna
Ulbrandson atmete flach und schnell. Auch ihr machten Hitze und
Sauerstoffmangel ebenso zu schaffen wie den anderen.
»Es muss einen Ausweg geben«, sagte sie
nachdenklich.
»Und wie sieht der aus ?« , fragte Weyer.
»Das weiß ich noch nicht«, entgegnete sie, und schien mit ihren
Gedanken weit weg zu sein. »Das alte Haus, in dem die Michelsons wohnten und
das für diesen namenlosen, rachedurstigen Geist offenbar von besonderem
Interesse zu
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