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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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allzu gerne hätte sie sich diese angeeignet.
    Das war allerdings das Einzige, was sie ihm ankreidete. So blieb ihr seinerzeit nichts anderes übrig, als sich von Anna von Waldstein in der Zauberkunst der Hexen unterweisen zu lassen. Denn eine solche war ihre Mutter gewesen.
    Eine starke Hexe, fürwahr. Und doch unendlich schwach gegen die magische Macht, die der Kaiser zu entfesseln vermochte.
    Theresia Maria stieg aus der Wanne. Sie nahm das Ölbild eines zeitgenössischen Künstlers von der Wand und trug es in ihr Zauberzimmer. Dort legte sie das Kunstwerk, das eine Massenszene am Wiener Hof zeigte, behutsam auf den Boden. Sie nahm eine Mischung aus Honig, Ton und Erdbronze und malte das Sigill Labartus auf das Bild. Dabei ging die Hexe mit größter Sorgfalt vor. Ein winziger Fehler konnte verheerende Folgen für sie haben.
    Eine knappe Stunde brachte Theresia Maria, um die kunstvoll ineinander verschlungenen Figuren, Linien und Kreise zu zeichnen. Dann schaute sie zufrieden auf ihr Werk. Um das Bannnetz zu verstärken, in dem sich Labartu fangen sollte, murmelte die Hexe nun unablässig dunkle Formeln. Dabei saß sie auf dem Zauberkissen ihrer Familie. Die Formeln luden die Luft über dem Bild mehr und mehr auf, schufen einen starken Zwang. Diese Kraft engte die Hexe in einem zusätzlichen Schutzkreis ein, den sie mit einer Hexentinktur um das Bild zog.
    Ausreichend gewappnet, machte sie sich erst jetzt an die eigentliche Beschwörung. Theresia Maria kniete sich vor den Kreis, die Pobacken auf den Fersen abgestützt und hob beide Arme in die Höhe.
    »Zu dir, Labartu, die du die Menschen verderbest. Ich rufe dich. Eile herbei. Schaffe mir Recht, lass Entscheidung ergehen«, rezitierte sie mit unnatürlich hoher Stimme, die leise begann und sich stakkatoartig steigerte. Die letzten Worte schrie sie geradezu. So ekstatisch, dass sie kurz krächzte wie einer ihrer Raben.
    Jeder einzelne Ton musste sitzen.
    »Verderbe den gesamten Hof mit deinem Atem. Friss meine Feinde, verzehre meine Widersacher. Dein schrecklicher Tag mag über sie kommen. Wie das ausgeschüttete Wasser in der Sonne, so mögen sie vergehen. Wie absplitternde Steine mögen ihre Finger abgehauen werden.«
    In dem Sigill der Dämonin begann es sich zu regen. Linien und Figuren zerflossen ineinander, pumpten plötzlich, als müssten sie literweise Blut transportieren, bildeten sich dreidimensional aus und vereinigten sich zu einer schlierig roten Nebelfontäne. Zuerst noch ungeschlacht, formte sich die Fontäne langsam zu einer menschenähnlichen Figur aus. Arme entstanden, von einem Gewand umflossene Beine, ein weiblicher Oberkörper, ein Art Kopf. Züge prägten sich aus. Hässliche, grausame Züge, das irrwitzige Zerrbild eines Gesichts. In seinen Proportionen verschoben, war es von schwärenden Pusteln und Beulen bedeckt. Unablässig rann eine eiterähnliche Flüssigkeit daraus hervor. Dünne, strähnige Haare hingen am Hinterkopf, während sich die verformte Stirn vollkommen kahl präsentierte. Auch auf den nackten Armen und Händen wuchsen diese Ekel erregenden Beulen.
    Theresia Maria erschrak. So schrecklich und abgrundtief hässlich hatte sie sich die Dämonin nicht vorgestellt. Sie begann zu ahnen, welch furchtbare Schrecken dieses… dieses Wesen vor ihr zu verbreiten imstande war.
    Mit einiger Mühe rief sich die Gräfin ins Gedächtnis, dass diese Höllenhündin längst nicht so stark war wie Asmodis, mit dem sie hin und wieder Umgang pflegte. Das brachte ihr die Konzentration zurück.
    Labartu, die Ungeheure, lachte abgehackt, als sie Theresia Marias ansichtig wurde. Sie hob eine Art pechschwarzen Kelch in die Höhe, der von vier nach oben gebogenen Hörnern geziert wurde. Wabernde Schlieren tanzten über die Oberfläche, verwoben sich ineinander, bildeten immer wieder neue Muster. Ein wenig erinnerten sie Theresia Maria an das Sigill der Dämonin.
    »Du hast mich gerufen, Hexe«, begann sie unvermittelt zu sprechen und kicherte gleich darauf höhnisch. »Was also ist dein Begehr?«
    Theresia Maria lief es eiskalt über den Rücken. Sie konnte sich des dumpfen Gefühls, einen schweren Fehler gemacht zu haben, immer weniger erwehren.
    »Labartu, Herrin des Schwarzen Todes. Ich befehle dir, Tod und Verderben über den Hofstaat zu bringen. Rotte sie alle mit Stumpf und Stil aus, lass aber die Kaiserin überleben. Und ziehe dich sofort zurück, wenn ich es von dir verlange. Dies ist mein Wort und mein Wille.« Sie legte alle Kraft, zu der

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