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0875 - Die Rückkehr des Jägers

0875 - Die Rückkehr des Jägers

Titel: 0875 - Die Rückkehr des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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das eherne Gesetz, dass man seine Angehörigen nicht verspeiste.
    Während er aß, erzählte ihm der Stammesälteste Abata die Geschichte seines Volkes. Die Batui waren Jäger und Sammler, aber im Vergleich zu den Mächtigen dieser Sphäre standen sie in der Höllenhierarchie ganz weit unten. Ihr Leben verbrachten sie in Isolation, immer in Furcht vor mächtigeren Räubern wie den Höllenwölfen, die in ihnen eine schmackhafte Mahlzeit sahen.
    Dabei machten es die Batui ihren Feinden keineswegs leicht. Sie waren intelligent, besaßen ausgeprägte telepathische Fähigkeiten und konnten sich bei Gefahr unsichtbar machen. Deshalb gelang es ihnen oft, ihren Jägern zu entkommen. Paul ahnte, dass sie mit ihren Kräften noch zu ganz anderen Dingen in der Lage gewesen wären. Vielleicht könnten sie sogar Stygia gefährlich werden , durchfuhr es ihn. Doch offenbar fehlte es ihnen dazu an Mut oder an Entschlossenheit.
    Taraban war nach dem Maßstab der Batui noch ein Kind. Er hatte wenig Erfahrungen mit den Gefahren, die außerhalb der Höhle lauerten, und beherrschte seine Fähigkeiten noch nicht perfekt. Deshalb war er für die Höllenwölfe ein leichtes Opfer gewesen.
    »Wenn du nicht eingegriffen hättest, wäre Taraban jetzt tot«, sagte Abata. Trotz seines unheimlichen Aussehens wirkte der Stammesälteste auf Paul gütig und weise. Wenn er sprach, hörte Paul die Worte gleichzeitig in seinen Ohren und in seinem Kopf. Offenbar beherrschten die telepathisch begabten Wesen mehrere Arten der Kommunikation. »Das war sehr mutig von dir. Was bist du für ein Wesen, Paul? Wie heißt dein Volk?«
    »Ich bin ein Mensch.«
    »Ein Mensch.« Verwundert sah der alte Batui den Jungen an. »Davon habe ich noch nie gehört. Erzähl mir von den Menschen , kleiner Paul.«
    »Was soll ich da erzählen?«, fragte der Junge unsicher. Stockend berichtete er von seinem Dorf, von der Schule, zu der er gegangen war, und von seinen Freunden, während die Batui gebannt an seinen Lippen hing.
    »In welchem Teil der Hölle befindet sich dieses Dorp«, wollte Taraban wissen. »Und wieso ist es da so friedlich? Will euch denn dort niemand versklaven oder fressen?«
    »Ich bin nicht aus der Hölle«, sagte Paul nicht weniger irritiert. Er hatte gedacht, die Antwort läge auf der Hand. »Ich komme von der Erde.«
    »Es gibt eine Welt außerhalb der Welt?«, fragte Abata verwundert. Paul war verblüfft. Er hatte immer geglaubt, dass die Hölle nur existierte, um die Gefallenen bis in alle Ewigkeit zu bestrafen. Dass es in der Hölle tatsächlich Wesen geben sollte, die von der Existenz der Menschheit nie gehört hatten, konnte er sich nur schwer vorstellen. Doch offenbar kannten die Batui tatsächlich nur die unmittelbare Umgebung ihrer Höhle. Umso gieriger nahmen sie jetzt das auf, was er ihnen zu berichten hatte.
    »Was ist mit deiner Familie, Paul? Ihr Menschen habt doch Familien ?«, fragte Abata weiter. Offenbar war die Familie bei den Batui von zentraler Bedeutung. Auch das erstaunte Paul. Er hätte nie geglaubt, dass Höllenwesen so etwas wie Gemeinsinn entwickeln könnten.
    »Ich hatte eine Familie. Sie ist tot. Stygia hat sie ermordet.«
    »Stygia?« Ein Raunen ging durch die Reihen der Batui. Ganz offensichtlich war die grausame Dämonin auch hier nur allzu gut bekannt und gefürchtet.
    »Erzähl weiter«, sagte Taraban. Paul stockte, seine Kehle schien sich zuzuschnüren, als er an das grausame Schicksal seiner Eltern dachte. Doch als er die schwarz glänzenden Gesichter sah, die ihn freundlich auffordernd anblickten, gab er sich einen Ruck. Nur stockend kamen die ersten Worte über seine Lippen, doch dann brach der Damm und er redete sich den ganzen Horror der letzten Wochen von der Seele.
    Als er geendet hatte, herrschte betroffenes Schweigen. Abata strich ihm über den Kopf. Die schwarze Haut des Batui fühlte sich erstaunlich sanft und warm an. »Sei nicht traurig, kleiner Paul. Deine Eltern und dein Bruder sind tot, aber du hast jetzt eine neue Familie, die für dich sorgen und immer für dich da sein wird.«
    »Aber ich… ich kann doch nicht hier bleiben…«
    »Warum nicht? Ich zeige dir, wie man jagt«, sagt Taraban eifrig. Doch Abata schüttelte den Kopf. »Nein, Paul hat Recht. Das hier ist keine Umgebung für einen Menschen. Aber auch die Batui können hier nicht in Frieden leben. Wir hatten uns damit abgefunden, weil wir nichts anderes kannten. Aber jetzt wissen wir, dass es eine Welt außerhalb der Welt gibt. Eine Welt, die

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