088 - Die Alpträume des Mr. Clint
sagte Larry Brent. Er faßte nach dem rechten
Bein des Drogensüchtigen.
Kingsley
schrie wie am Spieß. Draußen auf dem Gang verbreitete sich Unruhe. Andere
Patienten waren durch den Lärm erwacht.
»Sorgen Sie
für Ruhe, Schwester«, sagte Larry, während sich Susy der Zimmertür näherte.
»Und Sie
reißen sich jetzt ein bißchen zusammen, Don! Wir kriegen das schon wieder hin!«
Während er das sagte, fuhr er an dem Bein entlang und merkte, daß da etwas
nicht stimmte.
Sein
Herzschlag stockte.
Das Bein
fühlte sich so anders an!
Blitzschnell
zog der Amerikaner die Decke zurück.
Was er sah,
ließ ihn erbleichen.
Das waren
keine Halluzinationen von Donald Kingsley!
Die Beine des
jungen Mannes waren blutunterlaufen, Adern und Muskelsehnen waren gesprengt,
die Matratze hatte sich mit Blut vollgesogen! Kingsleys Glieder sahen aus, als
wäre eine zentnerschwere Bleiplatte auf sie gefallen.
Larry Brent
leitete alles ein, was in seiner Macht stand. Er injizierte das
schmerzstillende Mittel. Es bewirkte gleichzeitig eine Beruhigung des hageren
Patienten.
Der
siebzehnjährige Bettnachbar hatte sich auf die Seite gedreht. Er sah ziemlich
käsig aus.
Larry blieb
so lange, bis die Wirkung der Spritze eingetreten war, und sich das schmerzhaft
angespannte Gesicht von Donald Kingsley entspannte.
Larry
revidierte seine erste Meinung bezüglich Kingsley. Die Schmerzen, die er hatte
aushalten müssen, waren beachtlich. Es war erstaunlich und bewundernswert, daß
er bei dieser rätselhaften Verletzung nicht ohnmächtig geworden war.
Kingsley
dämmerte jetzt etwas vor sich hin. In der Zwischenzeit war Susy Wyngard nicht
untätig gewesen. Auf Larry Brents Anweisung hin rief sie das Krankenhaus in
Beauly an. In der rund fünfunddreißig Kilometer entfernten Stadt gab es eine
ausgezeichnete chirurgische Abteilung. Kingsley benötigte dringend Hilfe von
Spezialisten. Hier in der Nervenheilanstalt konnte man in diesem Fall wenig für
ihn tun.
Larry war die
Erregung nicht anzumerken, als er selbst zum Telefon ging und den Chefarzt
anrief.
Dr. Frellys
Stimme klang nicht gerade begeistert, als er sich meldete. Als er erfuhr, daß
Larry Brent am Telefon war, wurde er noch ungehaltener. Jetzt befand er sich
seit einer guten Stunde im Bett und wurde schon wieder geweckt.
Larry hatte
zwar Vollmachten, aber er wollte seine Grenzen nicht unnötig überschreiten.
Schließlich war er kein vollausgebildeter Mediziner. Dr. Frelly mußte jetzt,
nachdem Dr. Merredith ausgefallen war, erst recht über alles informiert sein.
Der Chefarzt
fiel aus allen Wolken, als Larry in wenigen Worten die Situation schilderte.
»Aber das
gibt es doch nicht«, entfuhr es Dr. Frelly. Der Arzt war mehr als ärgerlich.
»Offenbar
sind Ihre Nerven doch nicht so strapazierfähig, wie Sie das in ihrem ersten
Gespräch mit mir anläßlich Ihrer Einstellung beschrieben haben. Sie haben noch
nicht viel Erfahrung im Umgang mit Patienten. Sie assistierten in der Abteilung
eines großen Krankenhauses. Gut. Das ist aber etwas ganz anderes, als in meiner
Anstalt Dienst zu haben.«
»Aber, Dr.
Frelly«, entgegnete Larry, »dies alles haben Sie mir schon unmittelbar nach
meinem Eintreffen gesagt.«
Dr. Frelly
war ein eigensinniger Kauz. »Ich weiß, aber man kann nicht oft genug darauf
hinweisen, Dr. Brent. Ich habe schon viele junge Ärzte kommen und auch wieder
gehen sehen. Es ist wie bei den Chirurgen. Erst nach der ersten großen
Operation zeigt sich, ob sie in der Lage sind, diesen Beruf auszuüben oder ob
sie lieber in die pharmazeutische Industrie gehen.«
»Es tut mir
leid, wenn ich Sie abermals bitten muß, zu kommen. Sie müssen sich Kingsley
ansehen, bevor er nach Beauly gebracht wird. Ein Krankenwagen ist bereits
unterwegs, Doktor!« drängte Larry.
Dr. Frelly
murmelte irgend etwas Unverständliches vor sich hin. X-RAY-3 konnte nicht
verstehen, was es war. Es klang wie ein Fluch.
»Gut, ich
komme!«
Dr. Frelly
erschien kurz darauf und sah sich den schlafenden Kingsley an.
»Wie kann so
etwas passieren?« fragte er zweifelnd, warf einen Blick über die goldene Fassung
seiner Brille und tastete die geschwollenen, blutunterlaufenen Glieder des auf
so unerklärliche Weise Verletzten ab.
»Man kann
sich Dinge einbilden«, fuhr er fort, dabei unentwegt den Kopf schüttelnd. »Es
gibt Menschen, die vor Aufregung Fieber oder Durchfall bekommen, die Angst vor
einer großen Prüfung haben, und, im Moment noch kerngesund, wenige Minuten
später mit allen
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