0883 - Mörderisch
ruhig, und seine Nasenlöcher weiteten sich an den Rändern, als er Luft holte.
Noch immer waren die Augen verdreht, so daß ich das Weiße leuchten sah, und aus seinem halb geöffneten Mund drang Speichel.
Sam Wilde hatte unter einem Schock gestanden. Ich rechnete damit, daß ihm der Einschlag der Kugel ebenfalls einen Schock versetzt hatte, und vielleicht war der erste aufgehoben worden, nur deshalb sprach ich ihn an. »Sam, hören Sie mich!«
Er bewegte seine Augen. Allerdings nicht normal, denn er rollte sie, und er traf auch Anstalten, etwas zu sagen, aber seine Stimme versagte. Die Worte, die er mühsam hervorbrachte, blieben ihm im Hals stecken. Er keuchte dafür jämmerlich.
»Sam, was ist geschehen?«
Ich hatte meinen Blick nicht von seinem Gesicht genommen und sah darin das Zucken. Dann schlug seine Zunge hervor. Er fing an zu kichern und nahm zugleich die Hände von seinem Oberschenkel weg.
Dort, wo ihn die Kugel erwischt hatte, war der Stoff dunkel und naß. Das Blut war aus der Wunde gequollen, glücklicherweise nicht als Fontäne, aber ich konnte den Mann hier nicht liegenlassen. Ich mußte ihn ins Haus schaffen, zudem brauchte er einen Arzt.
Viele Gedanken wirbelten hin und her, doch ich kam nicht dazu, den richtigen zu finden.
Etwas anderes geschah!
Schreie gellten über die Straße. Zwar durch Mauern oder Wände gedämpft aber hörbar.
Und ich wußte auch, wo die Schreie aufgeklungen waren. Im Gasthof schräg gegenüber…
***
Blut - Blut an seinen Händen!
Wieder mußte er sie abwischen, aber es machte ihm nichts aus, denn es war das Blut eines weiteren Opfers, und wieder würde sich die Hölle freuen. Er stand im Nebel, den Kopf zur Seite geneigt und dabei leicht nach hinten gedrückt, als suchte er einen über den Himmel wandernden Mond, der ihm Grüße schickte.
Sein Gesicht bewegte sich in der unteren Hälfte. Er kaute, ohne danach zu schlucken. Er streckte seine Zunge hervor, die aus der Höhle glitt wie der Körper eines Aals. Als er sie zurückzog und über seine Zähne bewegte, erklang wieder das metallische Schleifen.
Er kicherte.
Plötzlich sah er ein Bild vor sich. Er saß wieder in der Zelle. Allein in der Dunkelheit. Verlassen.
Nur von Feinden umgeben, aber durch einen Freund beschützt.
Er hatte ihm die Macht gegeben, den Menschen zu entkommen, und er würde weitermachen.
Der Nebel zog träge an ihm vorbei und über die freie Fläche hinter dem Gasthof. Wie feuchte Fesseln umklammerte er den Körper des Killers, der seinen Weg fortsetzte, denn dieser Ort steckte voller ahnungsloser Menschen, die fröhlich waren und sangen.
Ihre hohen Stimmen hörte er genau, aber er wußte auch, daß ihn der Gesang störte.
»Halloween…«
Ja, Halloween. Er war das Halloween-Monster. Er würde sie sich holen. Einen nach dem anderen, und er würde sich auch um den Mann mit dem Kreuz kümmern.
Das gab ihm einen neuen Kraftschub. Plötzlich konnte er sehr schnell laufen, verließ den Bereich hinter dem Gasthof und eilte über die Straße. Auf halber Strecke zuckte er zurück. Gellende Schreie waren zu hören. Sie drangen aus der Gaststube, und der Instinkt sagte dem Killer, daß er Deckung finden mußte.
Er fand sie hinter einem Baum.
Ein Schatten huschte von der anderen Seite her über die Fahrbahn. Es war ein Mensch, der es eilig hatte, die Gaststätte zu erreichen. Er war aus der Deckung des Kastenwagens gekommen, und der Killer erkannte ihn sogar.
Es war der Mann mit dem Kreuz!
Haß, blinder Haß durchwühlte den Mörder! Aber der andere war zu schnell, denn sehr bald fiel die Tür der Gaststätte hinter ihm zu. Später würde er an die Reihe kommen, später…
In Guthrys teuflischem Hirn arbeitete es. Sein Blick richtete sich auf den Wagen. Sofort stiegen die unangenehmen Erinnerungen in ihm hoch. Er sah sich gefesselt und von einer Kette auf der Ladefläche gehalten. Er dachte daran, daß es eine schlimme Zeit gewesen war, eine Zeit, die er haßte, wie er auch den Wagen haßte.
Der Ort war still, bis auf den unheimlich klingenden Gesang der umherstreunenden Kinder und Jugendlichen, die diese Stunden zu ihrem Fest gemacht hatten.
Natas freute sich schon auf sie.
Er würde bald zwischen ihnen erscheinen, auftauchen wie ein Geist mitmachen, vom Tod und von der Hölle singen, einer von ihnen sein, aber ein echter.
»Ich komme«, flüsterte er. »Ich komme noch zu euch. Wartet es nur ab, ihr Sänger…«
Dann lief er vor.
Er ließ sich keine Zeit mehr. Mit langen
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