0884 - Mondwölfe
es. Und dieses Ziel, obwohl es ihm noch unbekannt war, hatte sich wie eine Zeichnung in sein Gehirn eingebrannt. Er würde es mit tödlicher Sicherheit finden, das stand für ihn fest. Laut knallte er die Tür zu. Seine Pranken konnte Bill noch so bewegen wie ansonsten die Hände. Es gelang ihm auch, das Zündschloß beim ersten Versuch mit dem Schlüssel zu füllen.
Der Volvo war zwar alt, aber zuverlässig. Er sprang sofort an.
Das Geräusch bedeutete für die flüchtende Bestie eine neue Hoffnung. Er würde es schaffen, er würde aus der Garage herauskommen und verschwinden.
Rückwärts verließ er den Kasten. Auf dem Hof rollte er in den Dunst hinein, zog dabei den Volvo nach links, weil dort der meiste Platz war, um zu wenden.
Die Reifen, nicht mehr die besten, rutschten über die feuchte Fläche hinweg, aber Jackson behielt seinen Wagen unter Kontrolle. Mit schnellen, abgehackten Bewegungen drehte er das Lenkrad in die andere Richtung. Er mußte einen Rechtsbogen fahren, um die schmale Einfahrt zu erreichen.
Bisher war alles glatt gegangen.
Der Volvo machte einen Bocksprung nach vorn, als hätten ihn Hände gestoßen.
Er kam voran.
Leicht schleudernd zwar, aber immerhin.
Im Dunst zeichnete sich auch die Rückseite der Einfahrt ab, in die er fahren mußte. Dort erschienen plötzlich zwei Männer. Jackson kannte sie nicht, doch er wußte, daß diese beiden seine Todfeinde waren.
Er aber wollte raus.
Und so gab er Gas!
***
Das Heulen hatte uns alarmiert. Wir waren keine heurigen Hasen und wußten, wie das Spiel laufen würde. Dieser Schrei brauchte von keinem Menschen abgegeben worden zu sein, denn oft genug hatten wir ihn in unheimlichen, mondbesetzten Nebelnächten gehört.
So schrie ein Werwolf.
Die Durchfahrt war leer. Ein Schlauch voller Unrat, über den wir stolperten. Wir hatten Glück, nicht auf eine Flasche zu treten und auszurutschen. Ich kickte eine so hart zur Seite, daß sie beim Aufprall gegen die Wand zersprang.
Suko hatte das Ende der Einfahrt eher erreicht als ich. Nur - was bedeutete schon das Ende? Für uns war es nicht mehr als ein dunsterfülltes graues Fenster, hinter dem wir ein bestimmtes Geräusch hörten. Das harte Heulen eines gequälten Automotors, und wir entdeckten auch sehr bald den sich bewegenden Schatten.
Suko zog seine Beretta, ich holte meine Waffe ebenfalls hervor. Unsere Schritte wurden länger, die Wände neben uns verschwanden, als wir den Hof erreichte hatten und das Auto sahen, dessen Fahrer einen Bogen gefahren hatte, um die Einfahrt zu erreichen.
Zwischen ihr und ihm befanden wir uns.
Darauf nahm er keine Rücksicht, denn er gab Gas. Wir sahen beide, wie der graue Wagen nach vorn sprang, als wollte er abheben wie ein Flugzeug am Ende der Rollbahn.
Er tat es nicht.
Statt dessen raste er auf uns zu, und der hinter der Scheibe nicht zu erkennende Fahrer fuhr ohne Rücksicht auf Verluste. Plante er einen Mord? Hätte er in dem engen Hinterhof überhaupt noch ausweichen können?
Ich spritzte nach rechts weg, Suko nach links. Auf der feuchten Unterlage war es nicht einfach für uns, das Gleichgewicht zu halten. Und plötzlich sahen wir auch zwei gelblichweiße Augen im grauen Dunst, also hatte der Fahrer die Scheinwerfer eingeschaltet.
Wer so floh, hatte etwas zu verbergen, und das mußte in diesem Fall Bill Jackson sein.
Ich schoß.
Suko feuerte ebenfalls.
Wir hatten dabei auf die Reifen gezielt. Sie waren nicht einfach zu treffen, auch wenn der Wagen nicht schleuderte. In diesem Fall jedoch war uns das Glück hold.
Zweimal hieben die Geschosse in die Reifen hinein. Ich hatte auf den linken Hinterreifen gezielt.
Wo Suko den Wagen erwischt hatte, wußte ich in diesem Moment noch nicht. Erst später sahen wir, daß es der rechte Vorderreifen gewesen war.
Dennoch raste der Mann hinter dem Steuer weiter. Es sah so aus, als würde er es schaffen, den Volvo in der Spur zu halten und die Öffnung der Einfahrt zu treffen.
Das Auto radierte an mir vorbei. Die Reifen gaben schlimme Geräusche ab. Es gelang mir auch, einen Blick durch die Scheibe zu werfen, den Fahrer jedoch sah ich nur als geduckte und kompakte Masse hinter dem Lenkrad hocken.
Es sah nur so aus.
Genau im entscheidenden Moment bekam das Fahrzeug einen Kick. Die Räder liefen nicht mehr synchron, ein Drall nach links war die Folge. Dafür war die Einfahrt jedoch zu schmal.
Mit dem linken Kotflügel rammte der Volvo genau gegen die Ecke. Ein Schlag wie mit dem wuchtigsten Hammer der Welt.
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