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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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mit allerlei Meeresgetier verziert waren. Während sie sich dem Podest näherten, trottete Davos über gemalte Krebse und Muscheln und Seesterne, die halb von verdrehten Büscheln schwarzen Tangs und den Gebeinen ertrunkener Seeleute verdeckt wurden. An den Wänden zu beiden Seiten streiften helle Haie durch blaugrüne Tiefen, während Aale und Achtfüßer zwischen Felsen und versunkenen Schiffen hin und her glitten. Schwärme von Hering und Kabeljau schwammen zwischen den hohen gewölbten Fenstern. Weiter oben, fast schon dort, wo alte Fischernetze von den Balken herabhingen, lag die Oberfläche des Meeres. Rechts zog eine Kriegsgaleere gelassen in die aufgehende Sonne, links floh eine alte Kogge vor einem Sturm, der ihr die Segel zerfetzt hatte. Hinter dem Podest kämpften ein Krake und ein grauer Leviathan unter den gemalten Wogen gegeneinander.
    Davos hatte gehofft, mit Wyman Manderly allein sprechen zu können, doch stattdessen hatte sich der ganze Hof versammelt. Entlang der Wände waren die Frauen in der Überzahl, fünf kamen auf einen Mann; die wenigen Männer, die er sah, hatten entweder lange graue Bärte oder waren noch zu jung, um sich den Bart zu schneiden. Auch Septone waren zugegen und einige Heilige Schwestern in weißen und grauen Roben. Im vorderen Teil der Halle standen ein Dutzend Männer im Blau und Silbergrau des Hauses Frey. Ihre Gesichter waren einander so ähnlich, das es selbst ein Blinder bemerkt hätte. Einige trugen das Wappen der Twins, zwei Türme, die durch eine Brücke verbunden waren.
    Davos hatte gelernt, die Gesichter von Männern zu lesen, lange bevor Maester Pylos ihm das Lesen von Buchstaben beigebracht hatte. Diese Freys würden mich nur zu gerne tot sehen , so viel erkannte er nach nur einem einzigen Blick.
    Und auch in den hellblauen Augen von Wyman Manderly fand er kein herzliches Willkommen. Der gepolsterte Thron seiner Lordschaft war breit genug, um drei Männern gewöhnlichen Umfangs Platz zu bieten, und dennoch drohte Manderly ihn zu sprengen. Seine Lordschaft hing auf seinem Sitz, seine Schultern nach unten gesackt, seine Beine waren gegrätscht, seine Hände ruhten auf den Armlehnen, als könnten die Arme das Gewicht nicht tragen. Gute Götter, dachte Davos, als er Lord Wymans Gesicht sah, der Mann sieht ja aus wie eine Leiche. Seine Haut war aschfahl.
    Könige und Leichen ziehen immer Aasgeier an, wie ein altes Sprichwort sagte. Das galt auch für Manderly. Links von seinem Hohen Sitz stand ein Maester, der dem Lord, dem er diente, an Umfang in nichts nachstand. Der Mann hatte dicke Lippen, rosige Wangen und einen goldenen Lockenkopf. Ser Marlon beanspruchte den Ehrenplatz zur Rechten seiner Lordschaft. Auf einem gepolsterten Hocker zu seinen Füßen saß eine pummelige rosige Dame. Hinter Lord Wyman standen zwei jüngere Frauen, dem Aussehen nach Schwestern. Die ältere hatte das braune Haar zu einem langen Zopf geflochten. Die jüngere, kaum älter als fünfzehn, hatte sogar einen noch längeren Zopf, der grellgrün gefärbt war.
    Niemand erwies Davos die Ehre, sich ihm vorzustellen. Der Maester ergriff als Erster das Wort. »Ihr steht vor Wyman Manderly, Lord von White Harbor und Wächter des White Knife, Schild des Glaubens, Verteidiger der Vertriebenen, Lord Marschall des Manders, Ritter des Ordens der Grünen Hand«, sagte er. »Am Hof des Wassermanns ist es Sitte, dass Vasallen und Bittsteller knien.«
    Der Zwiebelritter hätte das Knie gebeugt, doch die Hand des Königs konnte sich dazu nicht herablassen; damit hätte er eingeräumt, dass der König, dem er diente, weniger wert war, als dieser fette Lord. »Ich komme nicht als Bittsteller«, erwiderte Davos. »Und auch ich habe eine Reihe Titel vorzuweisen. Lord vom Rainwood, Admiral der Meerenge, Hand des Königs.«
    Die mollige Frau auf dem Hocker verdrehte die Augen. »Ein Admiral ohne Schiffe, eine Hand ohne Finger, in Diensten eines Königs ohne Thron. Ist das ein Ritter, der vor uns tritt, oder die Antwort auf ein Kinderrätsel?«
    »Er ist ein Bote, Schwiegertochter«, sagte Lord Wyman. »Eine Zwiebel, die Unheil ankündigt. Stannis hat die Antwort, die ihm die Raben gebracht haben, nicht gefallen, also hat er diesen … diesen Schmuggler geschickt.« Er betrachtete Davos aus Augen, die zwischen Fettrollen halb verborgen lagen. »Ihr habt unsere Stadt schon früher besucht, glaube ich, und Münzen aus unseren Taschen und Essen von unserem Tisch genommen. Wie viel habt Ihr mir wohl gestohlen, frage ich

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