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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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zugefrorenen Bach zwischen zwei zerklüfteten, eisbedeckten Felsen, dann folgten sie einem verschlungenen Wildpfad nach Nordosten. Mit jeder Windböe wurde lockerer Schnee aufgewirbelt und stechend in ihre Augen geweht. Jon zog sich den Schal über Mund und Nase und die Kapuze über den Kopf. »Es ist nicht mehr weit«, sagte er zu den Männern. Keiner antwortete.
    Jon roch Tom Tuffleberry, ehe er ihn sah. Oder war es Ghost, der ihn roch? In letzter Zeit hatte Jon Snow manchmal das Gefühl, er sei eins mit dem Schattenwolf, selbst im wachen Zustand. Der große weiße Wolf tauchte zuerst auf und schüttelte Schnee ab. Einige Augenblicke später erschien auch Tom. »Wildlinge«, sagte er leise zu Jon. »Im Hain.«
    Jon ließ die Reiter anhalten. »Wie viele?«
    »Ich habe neun gezählt. Keine Wachen. Einige könnten tot sein, oder sie schlafen. Die meisten waren wohl Frauen. Ein Kind, aber es ist auch ein Riese dabei. Aber nur der eine, den ich gesehen habe. Sie haben Feuer gemacht, der Rauch zieht durch die Bäume. Narren.«
    Neun, und ich habe siebzehn. Vier davon waren allerdings grüne Jungen, und keiner war ein Riese. Trotzdem würde sich Jon nicht zur Mauer zurückziehen. Wenn die Wildlinge noch leben, können wir sie vielleicht mitnehmen. Wenn sie tot sind, nun … ein oder zwei Leichen könnten uns ebenfalls von Nutzen sein. » Wir gehen zu Fuß weiter«, sagte er und stieg aus dem Sattel auf den gefrorenen Boden. Der Schnee war knöcheltief. »Rory, Pate, ihr bleibt bei den Pferden.« Die Aufgabe hätte er auch den Rekruten zuteilen können, aber sie brauchten sowieso irgendwann ihre Bluttaufe. Warum dann nicht jetzt sofort? »Verteilt euch und bildet einen Halbkreis. Ich möchte mich dem Hain von drei Seiten nähern. Entfernt euch nur so weit voneinander, dass ihr den Mann rechts und links von euch noch sehen könnt, damit keine zu großen Lücken entstehen. Der Schnee sollte unsere Schritte dämpfen. Wahrscheinlich wird kein Blut vergossen, wenn wir sie überraschen können.«
    Die Nacht senkte sich schnell über das Land. Die Strahlen der Sonne waren erloschen, als die letzte kleine Scheibe hinter dem Wald im Westen verschwunden war. Die rosa Schneewehen wurden langsam wieder weiß, und die Welt verlor ihre Farben, als es dunkler wurde. Der Abendhimmel hatte ein blasses Grau angenommen, wie ein alter Mantel, der zu oft gewaschen worden war, und die ersten Sterne zeigten sich scheu.
    Vor sich entdeckte er einen hellen, weißen Stamm, bei dem es sich nur um einen Wehrholzbaum handeln konnte, der mit dunkelroten Blättern gekrönt war. Jon Snow griff nach hinten und zog Longclaw aus der Scheide. Er sah nach links und rechts, nickte Satin und Pferd zu und beobachtete, wie sie das Zeichen an die Männer neben sich weitergaben. Gemeinsam liefen sie auf den Hain zu und preschten durch die alten Schneewehen. Außer ihrem Atem war kein Geräusch zu hören. Ghost lief mit ihnen als weißer Schatten an Jons Seite.
    Die Wehrholzbäume standen im Kreis am Rande der Lichtung. Es waren neun, alle ungefähr gleich alt und gleich groß. In jeden war ein Gesicht geschnitzt, und kein Gesicht ähnelte dem anderen. Manche lächelten, manche brüllten, manche schrien ihn an. Im nachlassenden Licht wirkten ihre Augen schwarz, doch im Tageslicht waren sie blutrot, wie Jon wusste. Augen wie die von Ghost.
    Das Feuer in der Mitte war ein trauriges kleines Ding, Asche und Glut und ein paar abgebrochene Äste, die langsam und rauchig brannten. Dennoch war mehr Leben in ihm als in den Wildlingen, die darumhockten. Nur einer von ihnen reagierte, als Jon aus dem Unterholz trat. Es war das Kind, das zu weinen begann und sich an den zerlumpten Mantel seiner Mutter klammerte. Die Frau hob den Blick, und ihr stockte der Atem. Inzwischen waren sie von Grenzern umzingelt, die an den knochenweißen Bäumen vorbeischlichen, glänzenden Stahl in den schwarzen Handschuhen und bereit für ein Gemetzel.
    Der Riese bemerkte sie als Letzter. Er hatte zusammengerollt am Feuer geschlafen, doch irgendetwas weckte ihn: das Kindergeschrei, das Knirschen des Schnees unter schwarzen Stiefeln, ein plötzlicher scharfer Atemzug. Er regte sich, und es war, als würde ein Fels zum Leben erwachen. Er hievte sich in eine sitzende Haltung hoch, schnaubte und rieb sich mit Pranken, groß wie Schinken, den Schlaf aus den Augen … bis er den Eisernen Emmett mit blankem Schwert in der Hand entdeckte. Brüllend sprang er auf, und eine dieser riesigen Hände schloss

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