090 - Moerderische Knochenhaende
mich nie gekümmert, er ist ja für die Dienerschaft und bietet keinen Anreiz für Kinder.“
„Wir könnten die Marchesa fragen.“
„Jetzt doch nicht, sie hat Besuch.“
„Sagte die Gestalt wirklich, daß du sterben müßtest, weil du siebzehn bist?“
„Ja, das sagte sie.“
„Wer könnte noch Bescheid wissen?“ Carlotta Vespari zeigte auf die Grabsteine. „Irgend jemand muß doch wissen, was das bedeutet.“
Julia zuckte hilflos mit den Schultern.
„Lassen Sie uns zurückgehen“, sagte sie leise.
Schweigend gingen sie zum Schloß, und beide hingen ihren Gedanken nach.
Carlotta rief Silvana und begann mit einem leichten Unterricht, aber sie mußte schon bald feststellen, daß beide Mädchen nicht in der Lage waren, sich ausreichend zu konzentrieren. So brach sie ihre Bemühungen schließlich ab und sagte: „Wißt ihr was? Wir fahren nach Florenz, und ich zeige euch einige Kunstschätze, von denen ihr bestimmt noch nie etwas gehört habt.“
Julia und Silvana atmeten erleichtert auf. Sie stimmten zu, obwohl sie nicht sehr begeistert waren. Carlotta aber war sicher, daß sich die Stimmung bald ändern würde.
Tatsächlich reagierten die Mädchen so, wie sie es erwartet hatte. Es gelang ihr, sie ganz von ihren trüben Gedanken abzubringen und sie für die Schätze zu erwärmen, die Florenz zu bieten hatte.
Gegen Mittag betraten sie ein kleines Restaurant im Stadtzentrum, um etwas zu essen. Silvana bat, ein paar Kleinigkeiten kaufen zu dürfen. Carlotta stimmte zu und hatte auch nichts dagegen, daß Julia sich ihrer Schwester anschloß. Sie war ganz gern einige Minuten allein, doch daraus wurde nichts, denn plötzlich tauchte Piero di Abbaccio an ihrem Tisch auf.
Überrascht und erfreut begrüßte sie ihn. Sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet, ihn hier zu treffen.
Er küßte sie und setzte sich zu ihr. Sie plauderten angeregt miteinander und merkten gar nicht, wie die Zeit verging, bis ein alter, bärtiger Mann an ihren Tisch trat und Piero auf die Schulter klopfte.
„Piero – sieht man dich auch einmal wieder?“
„Angelo“, rief die Abbaccio lachend. „Angelo Berutti, setz dich. Darf ist vorstellen: Dies ist Carlotta Vespari – meine Verlobte.“
„Oh, das freut mich. Du hast eine gute Wahl getroffen, Piero.“
Carlotta lächelte überrascht, als Piero sie seine Verlobte nannte. Er hatte offenbar vor, kein Geheimnis mehr aus ihrer Beziehung zu machen.
„Carlotta ist zur Zeit noch als Erzieherin auf dem Schloß der Marchesa di Cosimo tätig“, fuhr Piero fort.
Angelo Berutti, der sich an den Tisch gesetzt hatte, zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Bei der alten Giftmischerin?“
„Pst, Angelo, wenn das jemand hört!“
Berutti lachte verächtlich. „Das kann jeder hören, Piero. Ich weiß, was ich sage, die alte Hexe hat ihren Mann vergiftet.“
„Das ist nie bewiesen worden.“
„Weil dieser dämliche Doktor über schnell einen Herzinfarkt bescheinigt hat, so daß die Leiche gar nicht erst untersucht worden ist.“ Er schnaufte durch die Nase. „Dabei bin ich überzeugt, daß sie ihn mit einer kräftigen Dosis Gift unter die Erde gebracht hat, sonst hätte er die Hexe wohl auch dorthin gejagt, wo sie hingehört – in die Hölle, zum Teufel nämlich.“
Piero di Abbaccio lachte. Er klopfte seinem Freund auf die Schulter und sagte zu Carlotta: „So ist er nun einmal, der alte Angelo. Wenn er den Mund aufmacht, verspritzt er Gift.“
„So ist es auch wieder nicht, Piero. Meinen Freunden sage ich nur liebe Worte.“ Dabei zwinkerte, er Carlotta so schelmisch zu, daß sie lachen mußte.
„Bitte, sagt jetzt nichts“, flüsterte sie unmittelbar darauf, „die beiden Mädchen kommen.“
Silvana und Julia waren überrascht, den Gutsnachbarn hier zu sehen. Ihn begrüßten sie freundlich, während sie Berutti nur kühl zunickten.
Der Alte erhob sich, winkte allen fröhlich zu und ging.
„Ich möchte euch alle zum Mittagessen einladen“, sagte Piero di Abbaccio. „Wer hat etwas dagegen?“
„Sofern Sie mir garantieren können, daß uns keine Katze auf dem Tisch krepiert, habe ich keine Einwände“, entgegnete Silvana.
„Silvana! Bitte!“
„Entschuldigen Sie bitte, Carlotta“, Silvana senkte schuldbewußt den Kopf, „ich glaube, ich werde nie eine Dame.“
„Mit siebzehn Jahren ist das auch noch nicht notwendig“, bemerkte Piero di Abbaccio lächelnd. „Außerdem garantiere ich, daß dies ein katzenfreies Restaurant ist.“
„Wer
Weitere Kostenlose Bücher