0904 - Ein teuflischer Verführer
halten.«
»Was sich hoffentlich auszahlen wird.«
»Mal sehen.«
»Rechnet ihr denn damit, daß sich die Schwestern im Haus befinden, zusammen mit Vera?«
»Wo sollten sie sonst sein?«
»Auf der Lichtung.«
»Da werden wir dann später nachschauen.«
»Ich kann es nur hoffen.«
Nördlich von London war die Wolkendecke aufgerissen. Der Mond präsentierte sich gelegentlich.
Für eine Beschwörung war es eine ideale Nacht. Mondhell und kalt. Die Steine auf der Lichtung würden silbrig schimmern.
Ich ärgerte mich darüber, daß wir den Steinen nicht genug Beachtung geschenkt hatten. Manchmal sieht man den Wald eben vor lauter Bäumen nicht, so waren Suko und ich alles andere als unfehlbar. Es durften nur keine neuen Fehler hinzukommen, und es mußte uns gelingen, die anderen auszumerzen.
Wir hatten beschlossen, bis dicht an das Haus heranzufahren. Es war genug Versteckt gespielt worden, die andere Seite sollte sehen und erleben, wie nahe wir ihr auf den Fersen waren. Es gab kein Zurück mehr für sie, auch nicht für die Schwestern, die sich wieder einmal in den Dienst einer anderen Sache gestellt hatten. Für uns waren sie nichts anderes als Erfüllungsgehilfinnen einer höllischen Macht.
Tanner hatte vom Rover aus noch einmal mit dem Kollegen in Tiptree gesprochen und ihm erklärt, daß wir ihn möglicherweise auf dem Rückweg besuchen würden.
Und so rollten wir über die Landstraße bis zu der schon für uns bekannten Abzweigung. Von ihr aus führte der schmale Weg direkt bis vor das Haus der Schwestern, das im Dunkeln lag, aber durch erleuchtete Fenster trotzdem zu erkennen war.
Vom Rücksitz her meldete sich Chief Inspector Tanner. »Endlich sind wir da, verdammt!«
Ich schaltete das Fernlicht ein. Es streute wie ein heller See über den Erdboden und erwischte auch die Außenseite des Hauses, die es weiß anmalte.
Wir warteten auf eine Reaktion, sahen uns allerdings getäuscht. Es wurde keine Tür geöffnet, niemand erschien, um uns zu begrüßen, und so rollten wir dicht an das Haus heran und stellten den Rover neben dem weißen Fiat ab.
Tanner knirschte vor Wut mit den Zähnen, als er ausstieg und sich den Wagen anschaute. Er dachte bestimmt an seine Nichte, die mit dem Fahrzeug gekommen war und sich jetzt in den Klauen eines wirklich satanischen Verführers befand.
Ich sah ihm seinen Zustand an und hielt ihn zurück. »Lieber nicht, Tanner. Nicht vorstürmen, warte ab. Wir werden es gemeinsam schaffen.«
Er ging auf meine Worte nicht ein. »Da scheint niemand im Haus zu sein. Eigentlich hätte doch jemand herauskommen müssen und…«
»Wir gehen hinein.«
»Nicht ganz offiziell, wie?«
»So ist es.«
Der Weg bis zur Tür war nicht weit. Nebeneinander gingen wir her, sehr wachsam, denn mit Überraschungen war immer zu rechnen, und wir erlebten sie auch. Allerdings anders, als wir es uns vorgestellt hatten, denn kaum waren wir an das Haus herangekommen, hörten wir von innen ein ungewöhnliches Geräusch.
Zuerst war es nicht zu identifizieren, aber es hörte sich verdammt bösartig an.
Tanner schaute mich an. »Ein Hund, John?«
»Möglich.«
»Hast du denn einen Hund hier im Haus erlebt?«
»Ich nicht, aber ich erinnere dich, daß Alex Preston von einem Hund angegriffen wurde.«
»Ja, verdammt, du hast recht. Alex wurde von diesem Köter attackiert. Und er gehörte zu Lou.«
»Der auch hier ist«, sagte Suko und deutete auf das aufgebockte Motorrad, das nicht sofort zu sehen gewesen war, weil es im Dunkeln stand. Wir hatten jetzt alle zusammen. Tatsächlich aber fehlten die Hauptpersonen, und keiner von uns konnte sich so richtig vorstellen, daß sie sich im Haus aufhielten.
Aber der Hund war da.
Uns stellte sich die Frage, ob wir das Haus überhaupt betreten sollten. Freiwillig machte keiner gern mit einem Bluthund Bekanntschaft, der sich in seiner Schutzburg bedroht fühlte. Jetzt kläffte er auch noch wütend, knurrte und sprang auch gegen die Haustür.
Suko fragte: »Gehen wir hinein?«
»Gibt es zu dem Haus noch einen zweiten Eingang?« wollte Tanner wissen.
Da waren wir überfragt. Wenn es einen zweiten Eingang gegeben hätte, dann hätten wir ihn wahrscheinlich auch aufbrechen müssen.
Im Flur brannte Licht, und wir mußte uns recken, um durch ein Fenster in die Diele schauen zu können.
Das hatte der dort lauernde Hund wohl geahnt, denn er verließ seinen Platz, kam in die Nähe des Fensters und sprang plötzlich hoch. Wir zuckten zurück, als wir den nicht
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