0918 - Höllen-Engel
ich kamen damit zurecht. Auf dem Stadtplan mußten wir nachschauen.
»Das liegt in Clerkenwell«, meinte der Inspektor. »Kommst du zurecht, Alter?«
»Immer doch.«
»Dann mal los! Ich bin gespannt, welchen Gruß die Göttin für uns bereithält.«
»Hoffentlich keinen höllischen«, murmelte Cheryl…
***
Dan Walcott war wie vor den Kopf geschlagen, denn mit diesem Anblick hatte er nicht gerechnet.
Die Göttin war gewaltig und ragte hoch bis zur Decke.
Plötzlich hüllte Licht die Gestalt ein. Der Kontakt mußte durch das Öffnen des Vorhangs hergestellt worden sein.
»Der Höllen-Engel!« flüsterte Walcott. »Verdammt noch mal, ich habe es gewußt, ich habe es geahnt. Das ist die Bestätigung.«
Er prägte sich Details ein. Eigentlich hatte er sich auf das Gesicht konzentrieren wollen, aber die Kopfbedeckung war viel interessanter und auch unheimlicher. Sie sah selbst aus wie ein Maul, dessen Zähne in das Gesicht hineinragten. Zwei Hörner wuchsen aus dem Maul hervor. Sie drehten sich erst voneinander weg und dann aufeinander zu.
Das Gesicht sah selbst als steinernes Etwas sehr fein aus und wirkte wie poliert. Ein Mund, eine Nase, zwei Augen, all dies eingefaßt in eine Faszination, der sich der Betrachter einfach nicht entziehen konnte. Die Göttin war wie ein Wunder, und er schaute sich auch ihren übrigen Körper an, der zwar auch aus Stein geformt war, aber nicht so aussah. Dan war mehr der Ansicht, als wäre der Körper eines Menschen mit Platten bedeckt worden.
Die Göttin bewegte sich nicht, und Walcott blickte dorthin, wo er die Beine sehen mußte.
Die gab es nicht!
Der Polizist erschrak. Er wußte selbst nicht, weshalb ihm diese Tatsache einen derartigen Schrecken einjagte. Wahrscheinlich ging er davon aus, daß Beine und Füße einfach dazugehörten, was bei der Göttin nicht der Fall war. Etwa dort, wo bei einem normalen Menschen die Hüfte begann, fing bei ihr die Mauer an. Es war tatsächlich ein Stück Wand oder Mauer, in das der Oberkörper hineinlief.
Er schüttelte den Kopf. Es war Wahnsinn und einfach nicht zu fassen. Er fragte sich, wo diese Gestalt überhaupt herkam, wer sie in diese Wohnung geschafft hatte und wie das überhaupt alles geschehen war. Da kam er nicht mit.
Aber es stand fest, daß es das Zentrum war. Hier hatte er die neue Heimat des Höllen-Engels gefunden, und wieder einmal mußte er in die Höhe schauen, um sich auf das Gesicht zu konzentrieren.
Ein wunderschönes Gesicht. So jung noch, so glatt und auch mit Augen, die wirklich nicht aus Stein waren. Sie erinnerten ihn an zwei sehr kleine und klare Seen, und als er sich auf die Pupillen konzentrierte, da entdeckte er auch ihre Farbe.
Blau.
Sehr blau!
Für einen Moment konnte er die Intensität nicht ertragen. Dieses Blau hatte ihn irritiert, eben weil es sich so menschlich zeigte. Es konnten durchaus die Augen eines Menschen sein, aber damit wollte er den Höllen-Engel auf keinen Fall vergleichen.
Dan trat wieder einen kleinen Schritt zurück. Er dachte über den Begriff Engel nach.
War sie ein Engel?
Vom Gesicht her schon. Die Züge hatten tatsächlich etwas Engelhaftes. Aber da war er vorsichtig.
Von Cheryl wußte er, wozu diese Göttin in der Lage war. Sie schaffte es, ihre Diener und Vasallen zu motivieren, und sie schaffte es auch, sie zu Taten anzustiften, die schweren Verbrechen glichen.
Er durfte sich von diesem engelhaften Gesicht nicht täuschen lassen. Dahinter steckte ein Teufel, ein wahrer Satan, der sich hier verkleidet hatte.
Ihm schoß durch den Kopf, daß er die Wohnung zwar gefunden hatte, aber noch immer allein stand.
Allein gegen die Göttin!
Daß sie seine Partnerin werden würde, daran glaubte er nicht. Beide standen auf verschiedenen Seiten. Sie würden nicht zusammenkommen. Er würde sich auf keinen Fall in ihren Dunstkreis vorwagen. Im Gegenteil, sie war für ihn eine Feindin. Um sie zu stellen, brauchte er die Hilfe seiner Freunde.
Sinclair und Suko.
Sie mußten alarmiert werden. Er würde sie herholen. Er selbst fühlte sich einer derartigen Gestalt gegenüber hilflos.
Und da schrillte das Telefon!
Es war genau der falsche Augenblick für ihn. Dieses harte Geräusch erwischte ihn auf dem falschen Bein. Er hatte den Eindruck, als hätte jemand in seinen Magen einen glühenden Pfeil getrieben, und er spürte auch, wie sein Herz anfing zu klopfen.
Wer rief an?
Langsam drehte er sich um und schaute den Apparat an. Nach dem dritten Klingeln ging er auf den schwarzen
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