0921 - Totengrinsen
denn mit ihr passiert sein?« wollte ich nach einer Weile wissen.
»Genaues kann ich dir nicht sagen. Meiner Ansicht nach ist sie in eine Falle gelaufen.«
Ich runzelte die Stirn. »In eine Falle?«
»Genau.«
»Wer hat sie ihr gestellt?«
»Sprach Jane nicht von diesem Gesicht, das Tim Bock gesehen hat? Da muß die Lösung liegen.«
»Mag sein, aber wie willst du an dieses Gesicht herankommen?«
»Ich weiß es nicht, aber wir haben eine Spur.«
»Nämlich?«
»Den eben erwähnten Tim Book. Er liegt nicht weit von hier. Wir sollten zu ihm gehen und ihn fragen.«
Ich hob die Schultern. »Das kannst du machen, aber ich bleibe hier bei Jane.«
»Das verstehe ich.«
»Außerdem weiß ich nicht, ob Tim uns überhaupt helfen kann. Er hat ebenfalls unter diesem Gesicht gelitten, wenn wir davon ausgehen, daß auch Jane es kennt. Nein, ich sehe das nicht so optimistisch wie du.« Es kostete mich schon ein wenig Überwindung, Janes Haut zu berühren, aber ich wollte damit einen bestimmten Zweck erfüllen.
Hatte sie sich abgekühlt oder nicht? In dieser verdammten Wärme war das schwer zu sagen, und ich erreichte leider auch keinen Erfolg.
»Ich habe auch nur von der einen Möglichkeit gesprochen, John. Es gäbe da noch eine zweite.«
Ich starrte ihn an. »Welche?«
»Versuch es mit dem Kreuz. Ich glaube, das ist unsere einzige Chance. Ich bin fest davon überzeugt, daß Jane nicht tot ist. Sie ist gefangen von einem Dämon oder wem auch immer. Deshalb wird dir das Kreuz möglicherweise helfen, sie wieder ins Leben zurückzuholen.«
Mein Gott, Suko hatte da etwas gesagt, das mich aus meiner Erstarrung gerissen hatte. Konnte es denn wahr sein, daß er mich erst auf einen derartigen Gedanken bringen mußte?
Ja, denn ich war wie blockiert gewesen. Zugleich wußte ich, daß es nur passieren konnte, wenn Suko mit seiner Vermutung recht behielt und Jane keinen normalen Tod erlitten hatte, wo sie sich in einem Zustand der tiefsten magischen Trance befand.
Wir durften ihren Zustand nicht mit dem des Tim Book vergleichen, der Opfer eines Verkehrsunfalls geworden war.
»Na?«
Auf meinem Gesicht wich nach langer Zeit wieder einmal die Starre. »Der Vorschlag könnte stimmen.«
»Er paßt, John.«
Noch war ich nicht überzeugt, auch wenn Suko meinem Kreuz mehr zutraute als ich, aber ich hatte bereits meine Hände in den Nacken gelegt und spürte die schmale Kette, deren Glieder durch den Schweiß ebenfalls feucht geworden waren.
Ich zog das Kreuz hervor.
Himmel, wie oft schon hatte ich durch diesen Talisman Bescheid gewußt. Häufig hatte sich dank seiner Kraft herausfinden lassen, wer zu den Geschöpfen der Finsternis gehörte und wer nicht. Aber bei Jane war es klar, sie gehörte nicht dazu. Ich wollte sie aber befreien.
Suko trat zur Seite, um mir Platz zu schaffen. Es war jetzt meine Sache, und der Inspektor schaute zu, wie ich in den Wagen eintauchte, in dem es stickig war, obwohl die Türen nicht geschlossen waren. Aber die Hitze ließ sich nicht vertreiben.
Jane lag noch immer regungslos. Nichts in ihrem Gesicht verriet etwas von dem, was sie unter Umständen erlebte. Die Augen waren nach wie vor geöffnet. Wir hatten sie bewußt nicht geschlossen, weil wir nach Möglichkeit jede ihrer Reaktionen sofort mitbekommen wollten. Die meisten zeichneten sich zunächst in den Augen ab.
Ich streckte meinen rechten Arm aus und hielt das Kreuz so, daß es aus der Faust hervorschaute.
Es schwebte über Janes Körper. Ich ließ es nicht aus dem Blick, weil ich auf eine Reaktion lauerte: ein Leuchten, eine leichte Erwärmung…
Doch es passierte nichts.
Mein Kreuz blieb passiv.
Das wiederum nahm mir den Mut. Allerdings nur zum Teil, denn das Wichtigste lag noch vor mir.
Berührung des Kreuzes mit dem Körper der »Toten«.
Ich überlegte, wo ich Jane berühren sollte. Zumindest an einer Stelle, die von keiner Kleidung bedeckt war, und ich stellte mich auch darauf ein, die Formel zu sprechen, um die gesamte weißmagische Energie des Kreuzes hervorzuholen.
Janes Hals lag frei.
Er war mein Ziel.
Für einen Moment ließ ich das Kreuz noch darüber schweben, dann ließ ich es los. Es fiel die wenigen Zentimeter und es blieb auf der Haut liegen.
Eine Sekunde verging, die nächste auch. Ich fühlte mich wie erstarrt, war aber voll und ganz auf Jane Collins konzentriert.
Plötzlich zuckten ihre Augen.
Und dann war sie wach!
***
Es war alles so schnell gegangen, daß ich vor Überraschung einen leisen Ruf
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