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0928 - Das Hexendiadem

0928 - Das Hexendiadem

Titel: 0928 - Das Hexendiadem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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jeden Mann haben können, den sie wollte. Aber sie war Hausmädchen auf Maison Caraman und begehrte nur ihn. Wie verrückt konnte die Welt sein?
    »Schau, da unten, meine Grandmaman Lin«, sagte er mit kratziger Stimme, um etwas abzulenken und es klang mehr als einfältig. »Sie war ihr ganzes Leben lang hier auf Maison Caraman. Wir Dufys arbeiten schon seit Generationen für die Grafen von Caraman, hauptsächlich als Pferdepfleger.«
    Jerome schüttelte sich und starrte auf die Gänsehaut, die plötzlich seinen Körper überzog. Daran war aber nicht etwa der auffrischende Wind schuld, der die Dämmerung ankündigte, sondern Ciras Fingernägel, die sanft und verlangend über seinen Oberschenkel strichen.
    »Lass deine Grandmaman mal schön machen«, gurrte sie ihm ins Ohr. »Ich brauche dich momentan viel dringender.« Sie legte sich auf den Boden und zog ihn über sich. Er wollte nicht und konnte doch nicht anders. Vilma, sei bitte nicht böse , dachte er zwischen den nun Meter hoch brandenden Erregungswellen, die seine kurz aufgekommene Schwermut mühelos wegspülten wie ein Sandkorn im Orkan.
    20 Minuten später war es dunkel und die beiden jungen Menschen noch immer schweißüberströmt ineinander verschlungen.
    Plötzlich riss die rücklings daliegende Ciranoush ihre Augen weit auf. Sie starrte über Jeromes Schulter, der mit vollem Gewicht auf ihr lag, seine Wange an ihre gedrückt hatte und noch immer schwer atmete. »Nein, nein«, krächzte sie. »Was… ist das?«
    »Was ist was?«
    Plötzlich bäumte sie sich auf wie ein junges Pferd. Dabei bekam er eine unsanfte Kopfnuss ab, als ihre Schläfe gegen die seine schlug.
    »He…«
    Ciranoush kreischte und verzerrte ihr Gesicht in heller Panik. Sie stemmte ihre Hände gegen Jeromes Schultern, versuchte ihn von sich herunter zu stoßen. Gleichzeitig wand sie ihren Unterkörper wie eine Schlange. Napoleon, bisher noch friedlich grasend, wieherte furchtsam, stieg hoch, riss sich los und galoppierte davon, als sei der Teufel hinter ihr her.
    Jerome ahnte längst, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Ciras Verhalten ließ ihm ein unangenehmes Kribbeln über den nackten Rücken laufen. Blitzschnell rollte er sich seitlich von ihr.
    Nun lag er ebenfalls auf dem Rücken und starrte auf das Unfassbare, das sich vor ihnen aufgebaut hatte.
    »Ich krieg die Krise. Das gibt's nicht«, entfuhr es ihm. Das unangenehme Kribbeln verwandelte sich in eisige Kälte, die jede einzelne Zelle seines Körpers zu befallen schien. Auch ihm öffneten Furcht und Unverständnis die Augen ganz weit. »Das muss ein Traum sein…« Er schlug zweimal das Kreuzzeichen.
    Das schien die Gestalt, die aufrecht zwei Meter hoch in der Luft schwebte, nicht im Geringsten zu beeindrucken. Jerome, der durch die Erzählungen seiner Großmutter mit allerlei übersinnlichem »Viehzeug« groß geworden war, aber nie wirklich daran geglaubt hatte, zitterte jetzt wie Espenlaub. Sein Blick fraß sich förmlich an der nackten, dämonisch schönen Frau fest. Lange, blonde strähnige Haare, die bis in den Schambereich reichten, umrahmten ein slawisch wirkendes Gesicht mit hohen, ausgeprägten Wangenknochen und einem grausam wirkenden, volllippigen Mund. Aus ihren leicht schräg stehenden Augen funkelten übergroße Pupillen in tiefstem Schwarz. Ihr alabasterweißer Körper war von zahlreichen hässlichen roten Flecken bedeckt, die ihn dennoch nicht entstellten. Und das war ziemlich seltsam. Genauso seltsam wie die Tatsache, dass das Etwas dort in der Luft aus sich selbst heraus einen Umkreis von gut fünf Metern fast taghell erleuchtete; mit einem gespenstisch kalten Licht, das Jerome jetzt förmlich das Grauen aus der Seele kitzelte. Hätte man ihm erzählt, dass es direkt aus der Hölle käme, er hätte keinen Cent dagegen gewettet.
    Denn im selben Moment war dem jungen Mann klar, dass es sich bei dem schwebenden Monstrum da vor ihm um eine Hexe handelte - ohne die geringste Ahnung, woher dieses Wissen kam.
    Einen Augenblick lang schaute die Hexe völlig ruhig und mit spöttisch verzogenem Mund auf die beiden Menschen herab. Dann begann sie sich langsam in den Hüften zu wiegen. Eine Kunst, die sie noch weitaus besser als Ciranoush beherrschte.
    Jerome blieb der Mund offen stehen, mit dem er gerade noch nach Luft geschnappt hatte.
    Die Bewegungen der Hexe wurden schneller und obszöner. Dann verzerrte sich ihr ohnehin schon hart wirkendes Gesicht urplötzlich zu einer hasserfüllten Larve. Gleichzeitig

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