0928 - Das Hexendiadem
neuen Gemeinheiten auf geilten. Vor ihnen verspürte Nicole dennoch keinerlei Angst.
Dafür aber vor CHAVACH! Denn ein gigantischer Schatten fiel plötzlich über sie. Ein Schatten, in dessen machtvoller Präsenz sie sich so klein und unbedeutend vorkam, dass sie anfing, sich wie ein Wurm zu winden, zu zittern und abgehackte, winselnde Laute auszustoßen. CHAVACH, der Schreckliche, der Jäger, er war gekommen, um sie zu töten. Nicole spürte, dass sie dem Tod so nahe war wie noch niemals zuvor, dass es kein Entrinnen gab, dass ihre Mittel gegen dieses Monster viel zu begrenzt waren. Gleichzeitig waren da Bilder eines riesigen Lavasees, eingebettet zwischen schroffen finsteren Bergen. Unaufhörlich zuckten mächtige Blitze aus den glutroten Himmeln und schlugen in den See. Sie vereinigten sich an einem bestimmten Punkt knapp oberhalb des Grunds. Nicole sah in verschwommenen Bildern einen unglaublich hässlichen, verwachsenen Zwerg inmitten der Lava, in der auch sonst allerlei dämonische Monster schwammen. Der Zwerg klebte mit dem Rücken als eine Art X an einer steil abfallenden schroffen Felswand und zog die Blitze an. Sie alle verschwanden in seiner Brust, die wegen des mächtigen Buckels und des weit nach vorne geneigten Kopfes kaum zu erkennen war. Es sah aus, als spieße der dicke, grellweiß leuchtende Balken, dem unaufhörlich Höllenenergie zugeführt wurde, den Verwachsenen förmlich auf.
Plötzlich durchdrang CHAVACH, das schreckliche Etwas, jedes Atom von Nicoles Körper, ihre Gedanken, ihre Seele. Nichts war vor CHAVACH sicher, er konnte tun und lassen, was er wollte. Sie fühlte sich ihm ausgeliefert, erniedrigt, denn CHAVACH kannte nun jeden ihrer Gedanken, jedes noch so kleine Gefühl.
Jetzt, jetzt würde er sie töten! Denn er empfand sie als unwürdig. Ein Brüllen ertönte, das selbst die Seelenhalden zum Beben brachte und dabei einen Sturm entfachte, der Kilometer lange Schneisen in die Flammenhölle schlug. Peinteufel und Seelen gleichermaßen wurden in die Unendlichkeit gewirbelt. Nicole sah das Etwas, dessen Form und Aussehen sie nicht fassen konnte, auf sich herunterzucken. Sie schrie und schrie und schrie. Panisch schlug sie mit den Armen um sich. Erst als sie den Bettpfosten erwischte und heißer Schmerz ihren Arm hinauf raste, kam sie wieder zu sich.
Keuchend saß Nicole im Bett. Das dünne Nighty klebte an ihrem Schweiß überströmten Körper, während ihr Herz wie wahnsinnig pochte. In der Brust, im Hals, im Kopf, überall. Sie schaffte es kaum, ihre stark zitternden Gliedmaßen zu beruhigen. Zu stark wirkte der Albtraum noch nach. Einen Moment glaubte sie, noch immer nicht aufgewacht zu sein.
Sie glaubte gerade noch ein paar Fetzen des verwehenden Gefühls zu erhaschen, CHAVACH habe sie nur deswegen nicht getötet, weil er sie für schwach und harmlos hielt. Trotzdem fühlte sie sich deswegen keinen Deut sicherer.
Nach gut zwei Minuten hatte sich Nicole wieder einigermaßen im Griff. Sie atmete ein paarmal tief durch und machte dann Licht. Für einen Moment ging es ihr besser, denn sie hatte sich gerade eben noch im Dunkeln gefürchtet. Etwas, das sie vielleicht als Teenager zum letzten Mal erlebt hatte. Doch dann stellte sie fest, dass dieses Gefühl blanker Furcht auch im Licht nicht wich. Unstet wanderten ihre Augen hin und her. Schließlich quälte sie sich aus dem Bett, nahm den E-Blaster vom Nachttisch, stellte ihn auf tödlichen Lasermodus und ging zur Badezimmertür. Dort verharrte sie gut eine Minute, bis sie, trotz der Waffe, endlich den Mut fand, hindurch zu treten. Zu groß war die Angst, CHAVACH könnte dahinter auf sie lauern. Erst im eiskalten Wasser, das kurz darauf auf sie niederprasselte, fand Nicole langsam wieder zu sich selbst zurück.
»O Mann«, sagte sie laut und immer wieder prustend, denn es galt, eine Restangst zu bekämpfen. »Was war das bloß für ein schrecklicher Traum? CHAVACH. Wer oder was soll das sein? Dieser hässliche Zwerg auf dem Grund des Lavasees? Den Namen hab ich auf jeden Fall noch nie gehört. Ob das ein Dämon ist? Dann muss er aber ein unglaublich mächtiger sein. Vielleicht sogar ein Erzdämon. Oder hat mir da lediglich mein Unterbewusstsein einen Streich gespielt? Meint es mit diesen Bildern vielleicht was ganz anderes?«
Ganz kurz kam ihr der irrwitzige Gedanke, ihr Unterbewusstsein habe längst erkannt, dass sie wieder zu Zamorra und nach Château Montagne zurück wollte und nun versuchte, ihr derartige Angst einzujagen, dass
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