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093 - Das Hotel der lebenden Leichen

093 - Das Hotel der lebenden Leichen

Titel: 093 - Das Hotel der lebenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Coffin
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Glatze.
    Langsam und mit steifen Bewegungen schob er sich auf sie zu. Zum zweiten Mal an diesem Abend kroch dem Reporter ein eigenartiges Gefühl über den Rücken.
    Das schlaffe Gesicht des Mannes war fahl grau, und der Blick seiner Augen eigentümlich starr. Wie der eines Toten.
    Ja, genau so hatten die Augen des Kellners im Speisesaal gewirkt. Jetzt, im nachhinein fiel es ihm auf.
    »Ah, jetzt können Sie auch meinen Bruder kennenlernen«, sagte Walther Webbs, und faßte Frank plump vertraulich am Rockaufschlag.
    »Haben Sie die Güte, mein Jackett loszulassen«, knirschte Frank ihn wütend an.
    Der schon stark angeheiterte Webbs ließ sich nicht irritieren.
    »Harry, komm und begrüß meinen neuen Freund, Mister Connors«, grölte er.
    Der andere schien die Worte nicht verstanden zu haben. Jedenfalls beachtete er weder Frank noch sonst einen Menschen in der Bar.
    Er baute sich vor Webbs auf.
    »Komm mal nach oben Walther«, murmelte er mit eigentümlich hohler Stimme.
    »Gerade jetzt, wo es hier so schön gemütlich ist?« maulte Webbs.
    »Ich will dir mal etwas sagen, Bruder, du lebst hier von meinem Geld, du säufst auf meine Rechnung, und wenn ich dir jetzt sage, daß du mitkommen sollst, dann hast du zu gehorchen.«
    Einen Augenblick schien es, als wolle Walther Webbs seinem Bruder an den Hals. Seine vom Whisky auf Hochglanz polierten Augen funkelten drohend durch die Brille. Dann senkte er den Kopf.
    »Entschuldigen Sie.«
    Er fühlte sich an die Hand gepackt und fortgerissen.
    Nachdenklich und ein wenig verstört hatten die übrigen Gäste den Auftritt verfolgt, vor allem Frank Connors.
    Ein gewaltiger Donnerschlag erschütterte das ganze Haus. Die Fensterscheiben und die Gläser auf den Tischen klirrten.
    Marion Crane, die Frau an Henry Danforths Seite, sprang von ihrem Hocker. Bleich, mit zuckenden Lippen und angstvoll geweiteten Augen stand sie da.
    »Bitte, laß uns nach oben gehen« wandte sie sich an ihren Mann.
    »Darling, oben donnert es genau so laut wie hier unten«, grinste Ronald Crane.
    »Du willst also nicht mitgehen?«
    Marions Faust trommelte auf der Tischplatte. Ein Widerstreit der verschiedensten Gefühle spiegelte sich in ihrem Gesicht.
    Ronald Crane nahm sich gern einen zur Brust. Außerdem schmeichelte es ihm, dieses mit dem berühmten Schauspieler zu tun.
    »Der Abend ist noch jung. Wir können doch noch ein wenig gemütlich zusammensitzen«, protestierte er.
    »Schön.« Marion Cranes Stimme klang hart. »Dann gehe ich allein.« Wütend wandte sie sich um und trippelte davon.
    »Es klingt wie ein Witz, aber sie hat eine ganz dumme Angst vor Gewittern. Sie meint immer, sie könnte ein Gewitter nur ertragen, wenn ich mit ihr im Bett liege. Liebe heiligt die Mittel, was?« Ronald Crane grinste über den Rand seines Glases.
    »Ich hätte sie an Ihrer Stelle nicht allein gehenlassen«, entgegnete Henry Danforth mit Überzeugung.
    »Machen Sie keine Geschichten, Mister Danforth. So jung kommen wir nicht mehr zusammen.« Ronald Crane war gerade dabei, groß in Form zu kommen. Er bestellte eine neue Runde, und fing an, das Blaue vom Himmel herunter zu schwatzen. Er erzählte Henry, daß seine Frau Marion alles liebte, was mit Theater zusammenhing. Er verriet ihm auch, daß einige frühere Versuche Marions, mit den Theaterleuten in nähere Beziehungen zu treten, zu peinlichen Zwischenfällen geführt hätten, wodurch aber ihre kindliche Zuneigung zur Welt des Scheins nicht getrübt worden war.
    Frank Connors hörte von alledem nichts. Er saß vornübergebeugt auf der äußersten Kante seines Hockers, die Ellbogen auf dem Tisch und das Kinn in die Handflächen gestützt.
    Irgendeine Station in seinem Hirn funkte unentwegt, etwas Schreckliches geht vor, etwas Schreckliches...
    Frank war fast sicher, daß in diesem Haus etwas nicht stimmte. In diesem gemütlichen, harmlosen Hotel. Das war das Unheimliche an der Sache.
    Die Geschichte mit diesem Commander Egerton, der Kellner und der unangenehme Dicke eben.
    Wohin sich seine Gedanken auch vordrängten, welche Richtung sie auch einschlugen, immer schnappten sie wie ein entspanntes Gummiband zum Ausgangspunkt zurück, zum gestrigen Abend, zu der Erscheinung bei der Seance.
    Die Knochenhände. — Sie hatten eine Gefahr für Henry und Lorna angezeigt.
    Die Stimme Henrys riß Frank aus seinen Gedanken.
    »Ihre Frau hat Sex-Appeal, Mister Crane«, erklärte er Ronald Crane mit schon unverkennbar schwerer werdendem Zungenschlag. »Es könnte sein, daß

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