0934 - Der Arm des Monsters
eigenen Schatten gesprungen und hatte das Gefühl, in diesem Augenblick zu Eis zu werden.
Hand in Hand mit einem Zombie! Ein Wahnsinn! Wenn das John Sinclair erfuhr, würde er sie für verrückt halten. Sie selbst hielt sich nicht für verrückt, denn sie hatte genau richtig getippt. Dieser blinde Untote tat ihr nichts, er ließ sich sogar von ihr führen, weil Jane die Richtung nicht gewechselt hatte. Sie wollte ihn nun ins Haus bringen.
Der erste Schock war vorbei, und sie kam damit zurecht, daß sie die Haut einer lebenden Leiche berührte. Sie war weder kalt noch warm. Es gab kein Blut, das durch die Adern rann. Jane hielt das Handgelenk fest und strich mit dem Daumen über die Haut, um sie zu prüfen.
Sie war nicht rauh und auch nicht glatt. Sie war einfach nur neutral, und sie roch auch nicht nach Verwesung. Überhaupt stank diese Gestalt nicht so wie jemand, der sein Grab irgendwann verlassen hatte.
Jane fühlte sich jetzt sicherer. Sie warf einen Blick durch die breite Scheibe in das Zimmer. Von außen wirkte es anders, wie eine Höhle, in die nur an bestimmte Stellen Licht gedrungen war. Aber Angela Maitland saß im Licht. Sie hatte sich nicht von ihrem Platz entfernt, sogar der Arm lag noch auf der Sessellehne. Sie schien aufspringen zu wollen, sich aber nicht zu trauen.
Licht streifte ihr Gesicht, und Jane konnte den Ausdruck sehr gut erkennen.
Da paarten sich Unglauben und Entsetzen. Sie konnte es nicht fassen, daß Jane dieses Monstrum wie ein Kind an die Hand genommen hatte und nun direkt auf die offene Tür zuging.
Jane Collins hätte ihr gern eine Erklärung gegeben. Dafür reichte die Zeit aber nicht. Sie mußte die beiden miteinander konfrontieren, und sie wußte auch, daß dieser Fall anders war als die vielen anderen, die sie erlebt hatte, und in denen Zombies eine Rolle spielten.
Sie berührte das Wesen noch immer, das jetzt neben ihr herging wie ein kleines Kind. Jane spürte auch keinen Ekel. Sie wollte einfach nur nicht daran denken, mit wem sie unterwegs war, und das gab ihr eine gewisse Neutralität.
Die auf der Terrasse abgestellten Gartenmöbel hatten sie bereits hinter sich gelassen. Einladend stand die Scheibe an einer bestimmten Stelle für sie offen, und Angela hatte sich nicht vom Fleck bewegt. Der Sessel und sie waren miteinander verwachsen, sie gehörten zusammen wie das Ei und das Huhn.
Angela Maitland starrte nur auf eine bestimmte Stelle. Wo Licht ist, gibt es auch Schatten, und die Schatten der beiden Ankömmlinge malten sich nahezu monströs auf dem Boden ab.
Jane schob ihren Begleiter durch die Fensterscheibe. Sie hatte seine Hand losgelassen und ihre auf die Schultern des Mannes gelegt. So drückte sie ihn in den Raum hinein.
Angela Maitland wußte, daß sie den beiden nicht entkommen konnte.
Ein Versuch hätte nichts gebracht. Sie spürte sich wie unter einem gewaltigen Druck stehend. In den zurückliegenden Sekunden hatte sie sich nur auf die beiden konzentriert, nun aber wurde sie durch ein anderes Ereignis wieder an sich selbst erinnert.
Die Wärme in dem Arm hatte sie eigentlich permanent gespürt. Nun hatte sie sich gesteigert und wurde zu einem Strom, der durch den Arm raste und auch die Schulter nicht ausließ, als wäre flüssige Lava hineingespritzt worden.
Sie sah die Augen.
Und die Augen sahen sie.
Seine Augen in ihrem Arm. Das Zucken der Lider, der kalte Blick, die heftigen Bewegungen der Pupillen, dazu dieser kalte Glanz eines Edelsteins.
Angela wußte nicht, ob sie sitzenbleiben, hochspringen oder weglaufen sollte. Zum Weglaufen war es bereits zu spät.
Verzweiflung überkam sie. Sie wollte nicht schreien, aber der Mund öffnete sich automatisch. Da gab der Ankömmling nur für sie diesen lautlosen Befehl, dem sie folgte.
Kein Schrei. Das Jammern umgab sie. Laute der Angst, einer tiefen Pein und eines seelischen Schmerzes.
»Du mußt dich beruhigen, Angela, du mußt dich beruhigen. Du darfst jetzt nicht durchdrehen. Versuche doch, dich in dieses Spiel einzuklinken, auch wenn es dir schwerfällt. Bleibe um Himmels willen ruhig. Tu mir den Gefallen.«
Sie nickte, obwohl sie am liebsten den Kopf geschüttelt hätte. Es war ein Alptraum, der schon vor Tagen begonnen hatte und nie enden würde.
Sie konnte sich einfach kein gutes Ende für sie vorstellen. Man hatte ihr den eigenen Arm genommen und einen anderen angenäht und ihr diesen als den eigenen verkauft.
Jetzt mußte sie sehen, wer für sie den Arm und die Augen hergegeben hatte.
Sie
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