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0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Brognosian.«
    Zamorra hob eine Braue. Der Name kam ihm entfernt vertraut vor.
    »Moooment mal«, bat Zandt plötzlich und hob die Hand. »Sie meinen aber jetzt nicht den Schauspieler, oder?«
    Diane sah ihren Lieutenant an, als käme er vom anderen Stern. »Sie? Sie kennen einen abgehalfterten Schauspieler, Sir?«
    Der Lieutenant protestierte nachhaltig. »Abgehalftert? Ich bitte Sie, Diane. Brognosian war der ungekrönte König des amerikanischen Giallos der frühen 1980er Jahre. Hat in allen wirklich erinnerungswürdigen Streifen der Zeit mitgewirkt: Pretty in Blood, Devil's Fortress, Dormitory of Gore… Diese Filme sind Klassiker, sage ich Ihnen. Klassiker!«
    Giallo? Zamorra stutzte. Hießen so nicht meist italienische Horrorfilme aus den Siebzigern? »Sie meinen, unser Mister X ist ein Horrorstar?«
    » War ein Horrorstar«, antwortete Sanders. Auch er schien sich über das Wissen seines in popkulturellen Dingen sonst so unbefleckten Vorgesetzten zu wundern. »Der amerikanische Giallo, inspiriert von der gleichnamigen Strömung aus Italien, existierte eigentlich nur wenige Jahre, bevor er in den hierzulande geläufigeren Slasherfilm überwechselte. Doch in diesen Jahren etablierte sich unser toter Täter zu seinem Aushängeschild. Brognosian, zuvor ein enfant terrible des New Yorker Off-Off-Broadways, ging mit den Metzelstreifen um wie kein anderer. Keine Geschmacklosigkeit, die ihm zu abstrus, keine Nacktszene, die ihm zu peinlich war. Und seine Fangemeinde dankt es ihm bis heute.« Dabei sah er in Zandts Richtung, der heftig nickend danebenstand. »Nur verbaute er sich durch diese außerhalb des kleinen Zirkels an Fans als Schundfilme angesehenen Produktionen seine weitere Karriere. Als die Blüte des amerikanischen Giallos zu welken begann, nahm sie Brognosians Zukunft vor der Kamera und auf nennenswerten Bühnen mit sich. Abgestempelt und vorverurteilt, fristete er fortan sein Dasein mit Gelegenheitsjobs, machte ein paar Softpornos und Werbesendungen, aber sonst hörte man nie wieder von ihm.«
    »Bis heute«, murmelte Zandt. »Unfassbar. Eric Brognosian. Wäre er nicht tot und hätte er vorher nicht versucht, einen meiner Sergeants aus dem Leben zu reißen, würde ich mir jetzt glatt ein Autogramm von ihm holen.«
    Zamorra strich sich nachdenklich über das Kinn. Mister X war also ein arbeitsloser Schauspieler gewesen. Einer, der Erfahrung mit Horror hatte - und lange genug am Hungertuch genagt haben musste, um jeden Job anzunehmen. Wirklich jeden. »Wir können wohl davon ausgehen, dass Brognosian selbst keinen Nutzen daraus gezogen hätte, die Watumbi anzukreiden«, murmelte er.
    Zandt nickte. »Unwahrscheinlich.«
    »Das heißt«, fasste Diane zusammen, was alle dachten, »dass es irgendwo noch Hintermänner geben muss. Die Kring stahlen und Brognosian - vielleicht sogar auch zum Leichenraub - anheuerten.«
    Sanders sah von einem zum anderen. Dann atmete er tief durch. »Ich lasse die Zentrale nach den Watumbi fahnden.«
    »Tun Sie das, Sergeant«, sagte der Lieutenant und blickte ins Leere. »Tun Sie das. Richten Sie ihnen aus, ich hätte da ein paar Fragen!« Seine Augen funkelten voller Zorn.
    ***
    Als die Kugel so dicht über seinen Kopf zischte, dass sein Haar im Wind ihres Schwungs wehte, schloss Zamorra für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch.
    »Himmel, Arsch und…« Steven Zandt kauerte hinter dem metallenen Müllcontainer und zog die Glock aus dem Schulterhalfter unter seinem Trenchcoat. »Muss das denn sein?«
    Zamorra war auch nicht begeistert. Mörtel und Putz rieselten auf sie nieder, wann immer eine Kugel die Wand hinter ihnen traf. Und es trafen viele.
    »Haben Sie noch so ein Ding dabei?«, fragte der Meister des Übersinnlichen und deutete auf die Schusswaffe.
    »Bedaure.« Zandt beugte sich vor, lugte um den etwa sechshundert Liter fassenden Abfallcontainer, der ihnen als Deckung diente, und erwiderte das Feuer. Dann zog er ein schwarzes, etwas mehr als handtellergroßes Polizeifunkgerät aus der Tasche. »Aber wenn Sie sich nützlich machen wollen, rufen Sie nach Verstärkung. Sagen Sie, wir brauchten mindestens acht Wagen, um das Haus zu umstellen. Und ordnen Sie an, dass die Matthews Avenue unbedingt gesperrt werden soll, bis diese Scheiße geklärt ist.«
    »Wird gemacht.« Zamorra gab die Informationen per Funk an die Zentrale weiter.
    Die Matthews Avenue lag in einem eigentlich völlig beschaulich aussehenden Wohngebiet in der Bronx, keine zwei Blocks vom

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