Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
Erwähnung des zweiten und letzten Restaurants im Central Park merkte Andy, dass er immer noch Hunger hatte. Der so profane Gedanke kam ihm in seiner Lage nahezu surreal vor.
    »Sanders und Zamorra haben die Verfolgung ebenfalls aufgenommen. Sie nähern sich Ihrer Position von Nordwest und sind jetzt auf Höhe der 72. Straße Transverse.«
    Andy nickte. Gut so - und gut zu wissen, dass auch Zandt und der Dämonenjäger mittlerweile eingetroffen waren. Gemeinsam gelang es ihnen vielleicht, das Monster einzukreisen. »Sagen Sie ihnen, Sie sollen vorsichtig sein, Sir. Das Zielobjekt scheint über unmenschliche Kräfte zu verfügen.« Immerhin hatte es eine nicht gerade schlanke Businessfrau in die Luft gestemmt und in hohem Bogen durch ein Panoramafenster geworfen.
    Es rauschte im Lautsprecher. Dann meldete sich Zandt zurück. »Müssen Sie mir nicht zweimal sagen, Sergeant. Hier ist so ein Typ, ein Larry Irgendwas; der hat mir vorhin den Schaden gezeigt. Champlain hat das Innere der Tavern völlig demoliert. Tische, Stühle… Ist alles zu klump geschlagen. Wenn ich's nicht anders bestätigt bekommen hätte, würde ich darauf wetten, dass mindestens zehn Männer gleichzeitig darin gewütet haben.« Ein Kichern. »Oder drei, falls sie die Ausmaße von Larrys Kollegen haben, diesem Kunari… Kurin… Ach, ich und mein Namensgedächtnis.«
    Andy schluckte. So stark? Na bravo. Er pirschte also durch die Nacht, um die Realversion des unglaublichen Hulk dingfest zu machen - und der hatte noch dazu einen echt schlechten Tag. »Verstanden, Sir«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich halte die Augen offen. Sipowicz Ende.«
    »Kommen Sie vor allem gesund wieder, Sergeant« , sagte Zandt. »Ich will Ihren unvernünftigen Arsch nämlich unbedingt eigenhändig zurück ins Krankenhaus schleifen, Sie Wahnsinniger! Zandt Ende.«
    Andy schmunzelte.
    Doch das Schmunzeln gefror ihm im Gesicht. Da hatte sich etwas bewegt - direkt vor ihm!
    Mittlerweile war es nahezu stockfinster, zumindest hier in den Büschen, durch die er schlich. Reglos stand Sipowicz in der Schwärze, starrte voraus und lauschte. War das der Wind gewesen? Ein Tier vielleicht? Oder etwa doch…
    Als die Hand seine Schulter berührte, schrie er vor Schreck auf. Dann legte sich eine zweite auf seinen Mund.
    »Pssst!«, mahnte eine Stimme dicht an seinem Ohr.
    Andy nickte, fing sich wieder. Wer zum Geier schlich sich denn hier in der Dunkelheit an harmlose Policemen an? Die Hand hatte ihn gerade erst entlassen, da wirbelte er herum…
    ... und blickte in das Antlitz des Hünen, von dem Zandt eben noch gesprochen hatte. Kunari-Irgendwas. Der Bär mit den Selbstgedrehten. Auch nun zog der Mann an einem Glimmstängel, und dessen glühendes Ende riss sein grinsendes Gesicht aus den Schatten. »Ganz ruhig, Towarischtsch«, raunte der Hüne. »Auf der Jagd sollte man die Beute nie wissen lassen, wo der Jäger ist.«
    »Sofern er nicht selbst zur Beute wird«, erwiderte Andy ebenso leise und fragte sich für einen kurzen, erschreckend klaren Moment, ob er und Champlain in dieser Finsternis nicht schon längst die Rollen getauscht hatten. Der Gedanke beunruhigte ihn sehr. »Was machen Sie eigentlich hier? Gehen Sie lieber wieder zurück hinter die Polizeiabsperrungen. Für Passanten ist es jetzt zu gefährlich.«
    Der Hüne - und mit einem Mal glaubte er, einen russischen Einschlag in seinen Zügen auszumachen - grinste noch breiter und gluckste leise. »Passanten! Der ist gut.« Dann hob er die Hand. Im Licht seines Teerstängels sah Andy, dass er einen Ring am Finger trug. Das Schmuckstück erinnerte in seiner Form an eine Miniaturversion der Erdkugel. »Sind Sie auch an der Erdbebensache dran? Wusste gar nicht, dass das NYPD die schon auf dem Schirm hat.«
    Erdbebensache? , fragte Andy sich. Etwa das kleine Beben in Inwood vor zwei Tagen? Was soll daran so besonders sein?
    Er wollte gerade dazu ansetzen, die Frage laut zu stellen, da hallte ein Ruf durch die nächtliche Stille des Parks. »Iwan! Hier rüber!« Der Stimme nach, musste es sich um diesen Blonden halten. Verflucht, was machten die zwei Witzbolde nur hier?
    Der Hüne warf Andy einen wissenden Blick zu, der an der Verständnislosigkeit des Sergeants abprallte wie ein Schneeball an einer Hauswand, nickte knapp und verschwand wieder in den Schatten.
    »Hey, warten Si…«, begann Andy, brach aber schnell ab. Dies war nicht die Zeit für Rätsel. Er hatte einen Job zu erledigen. Dieser Iwan würde auf sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher