0959 - Der Fallbeil-Mann
Haumessers hinweg, wo sie blitzende Reflexe hinterließ, was den Mann und die Oberin irritierte.
»Was ist das?« fragte Carlos.
Die Oberin hatte die Kerze abgestellt. Sie bekreuzigte sich, als sie das Mordinstrument aufgebaut sah. Der Schreck hatte ihr die Sprache genommen, aber Carlos bewegte sich auf das Fallbeil zu, eine Hand auf dem Griff seines Degens.
»Damit will er töten!« flüsterte der Mann. »Ja, damit hat er die Menschen in seinem Land geköpft. Er ist wirklich ein Henker. Ihr hattet recht, ehrwürdige Mutter.«
»Das ist vorbei«, wisperte die Oberin. »Das Gift hat seinen Körper geschwächt. Er schafft es nicht.«
Carlos warf der Nonne einen Blick zu. »Seid Ihr sicher?«
»Ja, das bin ich.«
Carlos lächelte plötzlich, als wäre ihm eine gute Idee gekommen. »Er hat sein Mordinstrument aufgebaut«, flüsterte er. »Das ist etwas Besonderes, und ich habe schon eine Idee.«
»Was meinst du damit?«
»Wir müssen ihn töten.«
»Falls er nicht schon tot ist.«
»Wir wollen sicher sein.«
»Ich höre ihn noch atmen«, sagte die Oberin.
»Dann werden wir es so machen, wie er es bei seinen Delinquenten getan hat. Wir werden ihn bei lebendigem Leib und bei vollem Bewußtsein unter das Fallbeil legen.«
Die Oberin erschrak. Sie war eine Frau, die Gott dient und Gewalt bisher abgelehnt hatte. Aber sie war einen verhängnisvollen Schritt gegangen und konnte nicht mehr zurück. Sie mußte auch den zweiten gehen, und so nickte sie, bevor sie sagte: »Ich hoffe, der Allmächtige wird uns verzeihen.«
»Das wird er, ehrwürdige Mutter, denn er ist immer auf der Seite der gerechten.« Carlos war von seinen Worten überzeugt. Gleichzeitig durchströmte ihn ein unbändiger Haß, als er auf den Henker schaute und daran dachte, was dieser Mensch Edwina Mosley angetan hatte. Dafür würde er büßen, und zwar mit seinem Leben.
Als die Oberin vorgehen wollte, hielt Carlos sie zurück. »Nein, nicht«, sagte er. »Ich werde es tun.«
»Was?«
Carlos deutete auf das Fallbeil. »Dort wird er liegen.«
Die Oberin erbleichte. »Töten? Sie - sie wollen ihn töten - köpfen?«
Der Mann gab ihr keine genaue Antwort. »Geht aus dem Raum, ehrwürdige Mutter. Es ist besser für Euch. Wartet vor der Tür. Ihr könnt dann später kommen, wenn ihr wollt.«
Sie überlegte noch. Ihr Blick glitt hinüber zum Lager, wo der Henker lag, die Beine angezogen hatte und sich krümmte. Er stöhnte auch leise vor sich hin, und das Gespräch zwischen der Oberin und Carlos schien er nicht mitbekommen zu haben.
»Gott sei seiner Seele gnädig!« flüsterte die Oberin, bevor sie sich umdrehte und die Kammer verließ.
Carlos hatte ihr nachgeschaut. Er wartete so lange, bis die Oberin die Tür hinter sich zugezogen hatte. Dann lag plötzlich ein wölfisches Grinsen auf seinem Gesicht.
Endlich war er allein mit diesem Hundsfott. Er würde ihn vernichten. Er würde ihn köpfen, und er würde zuschauen, wenn der Kopf vor seine Füße rollte. Die Nonne hatte gute Vorarbeit geleistet. Die hatte von Kräutern gesprochen, aber Carlos glaubte, daß es Gift gewesen war, das der Henker zu sich genommen hatte.
Das reichte soeben aus, um etwas erkennen zu können. Wie dieses Fallbeil funktionierte, wußte Carlos. Er hatte als Soldat schon des öfteren den Hinrichtungen zugeschaut, aber das Fallbeil nie selbst in Bewegung gesetzt. Das würde sich ändern. Dieser Frauenschänder sollte seinen Kopf verlieren, und Carlos überlegte schon, ob er ihn nicht Lady Edwina auf dem Tablett servieren sollte.
Er trat an das Lager heran. Der Henker wimmerte. Seine Schmerzen schienen sich verstärkt zu haben. In den Augen lagen die Tränen. Der Mund zuckte. Die Hände waren hart auf den Leib gepreßt.
»Nie mehr wirst du Menschen köpfen, Henker aus Frankreich. Und nie mehr wirst du Frauen schänden, das verspreche ich dir. Du wirst spüren, wie es ist, wenn dein Kopf selbst in der Mulde liegt, und du wirst das Geräusch hören, wenn die Klinge nach unten saust. Aber diesmal wird es dich selbst treffen und keinen anderen.« Carlos kicherte. »Ich werde dein Henker sein!«
Er hatte diese Worte einfach sagen müssen. Er wollte diesen Mörder zuvor durch Worte foltern und ihm noch einmal vor Augen halten, wie schnell der Tod sein konnte.
Carlos bückte sich. Er mußte den Henker noch von seinem Lager zum Fallbeil schleifen, aber das war kein Problem, denn er gehörte zu den kräftigen Menschen.
Mit beiden Händen griff er zu. Der Körper hing schwer
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