096 - Kreuzfahrt des Grauens
wolle Sie instruieren.“
„Das hat er nicht getan, und das war klug von ihm. Lagozpo ist ein leitender Angestellter der Reederei, aber mit der Festlegung und Bestimmung der Reiseroute hat er nichts zu tun.“ Im Gegensatz zu Diaz sprach der Kapitän laut. „Mir scheint, Sie haben sich hereinlegen lassen, Mr. Diaz. Ich werde keine Sekunde vom vorgeschriebenen Kurs abweichen.“
An der ruhigen Sicherheit des Kapitäns erkannte Diaz, daß er sich nicht würde umstimmen lassen. Mit einem Fluch verließ er die Kommandobrücke.
Der Kapitän streifte Martin, der alles mit angehört hatte, mit einem Blick.
„Zwischen Panay und Masbate gibt es Riffe und gefährliche Untiefen“, sagte er erklärend. „Ich denke nicht daran, die Marcos dieser Gefahr auszusetzen. Was führt Sie auf die Brücke?“
„Ich will mich ein wenig umsehen, Kapitän. Ich hatte noch nie die Gelegenheit, auf der Kommandobrücke eines Passagierschiffes zu stehen. Das alles hier interessiert mich sehr.“
Mit dem Stolz des Fachmanns begann der Kapitän, Martin alles auf der Brücke zu zeigen und zu erklären, und führte ihm eine genaue Positionsbestimmung vor. Durch die Fachausdrücke, die der Kapitän immer wieder einfließen ließ, hörte es sich an wie eine Geheimwissenschaft.
Martin sah sich die vielen Geräte und Instrumente an und stellte Fragen. Er machte sich Gedanken darüber, wie die paar Männer auf der Kommandobrücke mit all dem zurechtkommen wollten. Jeder hatte seinen Aufgabenbereich, und sie waren gut aufeinander eingespielt.
Martin begriff, daß die christliche Seefahrt im 20. Jahrhundert ein enormes nautisches und technisches Fachwissen erforderte, das niemand in den Schoß fiel. Beeindruckt von dem, was er gesehen hatte, dankte er dem Kapitän, und verließ die Kommandobrücke wieder.
Er suchte das 1.-Klasse-Restaurant auf, wo er mit Sue zusammen aß. Eigentlich hätte sie ihre Mahlzeit in der Touristenklasse einnehmen sollen, aber der für Martins Tisch zuständige Steward zeigte sich für ein Trinkgeld gefällig.
„War es interessant auf der Kommandobrücke?“ fragte Sue.
„O ja“, antwortete Martin. „Das Cockpit von Flugzeugen habe ich schon gesehen, aber eine Kommandobrücke noch nicht.“
Yanakawa kam. Harriet speiste mit ihrer Freundin in der Touristenklasse. Der Japaner machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Für Martin war es offensichtlich, daß Yanakawa in der Nacht mehr erreicht hatte als er.
Der zierliche Japaner aß mit gutem Appetit und verschlang Portionen, die einen Schwerarbeiter gesättigt hätten.
Nach dem Essen nahmen sie einen Drink an der Bar und trennten sich dann, um sich in einer halben Stunde am vorderen Swimmingpool zu treffen. Martin war noch ziemlich müde, denn die wenigen Stunden Schlaf auf dem Boden der Kabine waren nicht sehr erholsam gewesen.
Alle paar Minuten war Martin erwacht, und als er sich gegen neun Uhr morgens erhob, war sein Körper steif und wie zerschlagen.
Einige Küsse und Liebkosungen, mehr hatte er bei der rassigen Sue nicht erreicht. Martin war fest entschlossen, das schöne Mädchen zu erobern. Der Widerstand, den sie ihm entgegensetzte, spornte ihn nur noch mehr an.
Am Nachmittag lagen Martin, Sue, Harriet und Yanakawa am Swimmingpool in der Sonne und schwammen ein paar Runden. Durchs Fernglas betrachteten sie die Inseln, die die Marcos III passierte. Das Schiff fuhr an der Küste von Tablas entlang. Man konnte die Mangrovenwälder der Insel erkennen.
Der Himmel war blau, Möwen und Seeschwalben umkreisten das weiße Schiff. Martin ging auf das tiefer gelegene Deck hinab und schaute über die Reling. Da sah er vier dreieckige Flossen im Wasser. Es waren Haie. Martin machte einen Matrosen darauf aufmerksam.
Der spuckte ins Wasser.
„Verdammte Biester!“ sagte er. „Das sind Hammerhaie. Sie werden vier Meter lang und haben Zähne wie Messer. Sie greifen einen Menschen im Wasser sofort an.“
Martin betrachtete die dreieckigen Flossen, die das Schiff umspielten. Er überdachte alles, was er je über Haie gehört und gelesen hatte. Nach einer Weile wurde es Martin zu langweilig und er kehrte zum Swimmingpool zurück.
Er erzählte Sue nun, daß Eduardo Diaz vom Kapitän eine Kursänderung verlangt hatte.
„Dazu war sicher ein Grund vorhanden“, sagte Sue. „Onkel Eduardo tut nie etwas ohne Grund.“
„Hast du ihn noch einmal wegen der Erscheinung mit dem Mumiengesicht heute nacht gefragt?“
„Ja, nach dem Frühstück. Aber er sagte mir nicht
Weitere Kostenlose Bücher