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0960 - In den Nebeln

0960 - In den Nebeln

Titel: 0960 - In den Nebeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Klüver
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Mitgeschöpfe, die sich in deinem Glanz sonnen dürfen, Herrin. Der eine war der Fürst der Finsternis selbst, der andere der Erzdämon Asmodis, von dem du zweifellos gehört hast.«
    »Das habe ich in der Tat«, bestätigte sie kühl.
    »Doch wie ich schon sagte, war es Urkonis, der mit ihnen sprach«, erinnerte der Dämon noch einmal schnell in der Hoffnung, ihre Wut auf das große gehörnte Wesen umzulenken, das sie sich dann möglicherweise lieber vornehmen würde als so einen unbedeutenden kleinen Zwerg wie ihn. »Er wird dir sicher viel mehr berichten können als ich, Herrin. Vielleicht solltest du lieber mit ihm sprechen.«
    »Oh, das habe ich bereits getan«, sagte sie lächelnd und wirkte plötzlich wieder überaus gut gelaunt. »Doch er wollte mir nichts verraten. Urkonis war schon immer ein recht widerspenstiger Charakter. Zu schade.«
    Die Augen des Dämons weiteten sich, und er schluckte ein paar Mal, bevor er seine Stimme wiederfand. »W… was ist mit Urkonis geschehen, Herrin?«
    »Ich habe ihn natürlich vernichtet. Oder denkst du vielleicht, ich würde solch einen Ungehorsam dulden?« Ein leicht drohender Unterton hatte sich in ihre immer noch liebliche Stimme geschlichen und veranlasste den Dämon zu einer hektischen Erwiderung. »Nein, Herrin, nein! Das würde ich niemals denken!« Urkonis war sehr viel mächtiger als er gewesen und war dennoch vernichtet worden. Was mochte das nun für ihn bedeuten? Er hatte alle Fragen der Tyrannin gehorsam beantwortet, doch das war keine Garantie dafür, ihren wechselhaften Launen zu entkommen. Sie schwieg eine ganze Weile, die dem Dämon wie eine Ewigkeit vorkam, und schien mit schief gelegtem Kopf über den Wahrheitsgehalt seiner Beteuerung nachzudenken. Der Dämon spürte, wie sich seine Eingeweide vor Anspannung zusammenzogen.
    »Gut«, meinte sie schließlich, und den armen Auserwählten durchfuhr Erleichterung.
    »Kann… kann ich mich dann jetzt wieder zurückziehen, Herrin?«, fragte er in der Hoffnung, den Willen der Tyrannin erfüllt zu haben.
    Sie lachte. Es klang wie Glas, das auf einem zugefrorenen See zerbrach. »Natürlich nicht, du dummes Ding. Wo bliebe denn da der ganze Spaß?«
    Eine Sekunde später durchfuhr den Dämon ein stechender Schmerz, der schlimmer war als alles, was er je zuvor verspürt hatte. Es war, als würden seine Eingeweide zerrissen und gleichzeitig verbrannt werden. Er wollte schreien, doch bevor der Ton seinen Mund erreichte, explodierte seine Lunge, und der Schrei erstarb in einem blutigen, schleimigen Gurgeln. Dann umfing ihn Dunkelheit, und zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er, was Gnade bedeutete, denn als das klirrende Lachen erneut erklang, konnte er es schon nicht mehr hören.
    ***
    Es war ein wundervolles Gefühl, das sie früher so nie erlebt hatte: die absolute Macht über ein anderes Wesen, das sich in Furcht vor ihr wand. Sie saugte die Energie des sterbenden Dämons auf - nur ein kleiner Happen, aber dennoch köstlich - und spürte, wie sie durch ihren Körper pulsierte. In der Hölle hatte es viele Dämonen gegeben, die in der Hierarchie über ihr gestanden hatten, doch hier war sie die unumstrittene Herrscherin. Niemand konnte sich gegen sie behaupten, niemand wagte , sich gegen sie zu behaupten. Denn sie gab ihnen, was sie alle insgeheim wollten. Diese dummen kleinen Dämonen wussten es nicht, aber sie war diejenige, die sie sich als Herrscherin wünschten, auch wenn sie sie dafür fürchten mussten. Anders konnte es nicht sein, denn sie gab allen, wonach sie sich insgeheim sehnten, so war es schon immer gewesen. Doch dadurch auch selbst Macht zu erlangen, mehr Macht, als sie sich jemals erträumt hatte, und sie nicht wieder hergeben zu müssen, das war ein Gefühl, dass sie niemals wieder missen wollte. Und je mehr Dämonen sich um sie und den Nebel, der ihr wie ein wundervolles Geschenk erschien, versammelten, desto größer würde ihre Macht werden, bis sie schließlich über alle Dämonen herrschen würde.
    Als die Hölle zerstört worden war, war sie gerade im Auftrag ihrer Herrin unterwegs gewesen. Dieser Auftrag hatte sie in das Bett eines ausgesprochen widerwärtigen Senators geführt. Darin hatte einst ihre Aufgabe bestanden: Sie hatte Menschen verführt und ihnen dadurch ihre Lebensenergie geraubt. Der hässliche Gnom war in einer köstlichen Ironie des Schicksals genau in dem Moment das Opfer eines Herzinfarkts geworden, als die Hölle ihrem Untergang entgegengesehen hatte.
    Plötzlich frei

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