0960 - In den Nebeln
geliebt hatten, schmeckte ihre Lebensenergie aller Wesen um so vieles süßer als die derjenigen, die sich nur ihrer Lust hingaben, wie es bei den meisten ihrer Opfer der Fall gewesen war. Abgesehen davon garantierten die Liebenden den Erfolg geradezu, denn sie ließen sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig und seelisch auf eine Verführung ein. Das würde nicht nur leicht werden, sondern ihr auch noch ungemeines Vergnügen bereiten. Zwei so mächtige Wesen waren in ihr Reich eingedrungen, und wenn es ihr gelang, sie darin gefangen zu halten, würde sie sehr lange von ihrer Macht zehren können. Wie eine Spinne, die zwei fette Fliegen in ihr Netz gelockt hat und sie in ihrer Vorratskammer verstaut. Sie würde ihre Kontrolle über die Dämonenkolonie ausweiten und sich noch mehr von ihnen Untertan machen können, bis sie nichts und niemand mehr aufhalten konnte!
Sie beobachtete die beiden noch eine Weile, während sie diskutierten. Sie schienen sich über etwas nicht einig zu sein, eine Situation, die Möglichkeiten barg. Schließlich trennten sie sich und gingen in unterschiedliche Richtungen davon. Vorfreude wallte erneut in Lea auf, als sie sich in die Luft erhob und auf schwarzen ledrigen Schwingen durch den Nebel glitt, um ihre Pläne in die Tat umzusetzen.
***
Es war wirklich nicht zu fassen! Jetzt waren sie schon so lange in diesem Nebel und bisher hatte Asmodis keinen einzigen Hinweis auf seinen KAISER gefunden. Dabei war er sich so sicher gewesen! Die Macht, die von diesem Ort ausging und ihn umgab, war stark. Aber wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass sie sich doch von LUZIFERS Macht unterschied. Aber vielleicht hatte sie sich verändert? Vielleicht war dies die Macht des neuen HÖLLENKAISERS, der aus der Lebensenergie seiner alten Existenz wieder hervorging. Solange er keine definitive Antwort hatte, würde er die Suche nicht aufgeben, selbst wenn er dafür diesen ganzen Dschungel entwurzeln und auf den Kopf stellen musste.
Diese Ranken waren wirklich seltsam. Sie schienen lebendiger zu sein als gewöhnliche Pflanzen, und langsam aber sicher drängte sich ihm immer stärker der Eindruck auf, dass sie ihn beobachteten und verfolgten. Er hatte schon seltsamere Dinge als neugierige Pflanzenspione gesehen, aber wenn sie ihn tatsächlich beobachteten, in wessen Auftrag taten sie es dann? Agierten sie aus eigenem Antrieb oder kontrollierte sie jemand? Handelte es sich dabei möglicherweise um LUZIFER, der ihn testen wollte und jeden seiner Schritte verfolgte, um festzustellen, ob er ihm nach wie vor treu ergeben war, nachdem er bereits einmal auf ganzer Linie versagt hatte? Oder steckte doch eine völlig andere Macht dahinter, die ihn mithilfe der Pflanzen bespitzeln ließ? Aber wenn sonst niemand in den Nebel ging, wie die Dämonen am Rand des Phänomens es behauptet hatten, worin läge dann der Sinn solcher Wesen? Wen sollten sie beobachten, wenn sich niemand hineinwagte? Vielleicht waren sie einfach nur neugierig, weil sie noch nie einen Dämon wie ihn gesehen hatten.
»Ja, seht nur her!«, rief er aus einem plötzlichen Impuls heraus. »So sieht ein richtiger Erzdämon aus. Ihr braucht gar nicht zu denken, ich hätte nicht bemerkt, dass ihr mich beobachtet!«
Es folgte nur Stille, die durch das regelmäßige leise Rascheln der kriechenden Ranken unterbrochen wurde.
Asmodis schüttelte ungläubig den Kopf. »Bei LUZIFER, jetzt rede ich schon mit Pflanzen«, murmelte er und war froh, dass Fu Long nicht in der Nähe war. »Wenn sich nicht bald was tut, verliere ich in diesem verdammten Gewächshaus noch den Verstand. Vielleicht sollte ich…« Eine plötzliche Bewegung schräg vor ihm ließ ihn innehalten. Waren es nur wieder die Ranken gewesen, oder war es gar Einbildung? Vielleicht hatte er auch schon Halluzinationen. Nein, da war etwas, ganz sicher! Es war um die Ecke eines völlig überwucherten Hauses gehuscht, in dessen kaum noch vorhandenes Mauerwerk sich die Pflanzen bereits hineingefressen hatten und es nun Stück für Stück zermürbten, bis nichts mehr von ihm übrig bleiben würde als ein Haufen Staub unter einem Haufen stetig wachsender Ranken.
Asmodis lief los und bog um die Ecke, doch da war nichts. Hinter ihm raschelte etwas, und er wirbelte herum, nur um erneut etwas um eine Ecke und damit aus seinem Blickfeld huschen zu sehen, bevor er es genauer erkennen konnte. Das Spielchen ärgerte ihn über alle Maßen, aber es war auch der erste Hinweis darauf, dass es in diesem
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