0960 - In den Nebeln
ausreichen, um sich gegen den Zorn eines Dämonen zu behaupten, der die Hölle neu erschaffen will. Oder gar einer neuen Hölle Konkurrenz zu machen, die ihren Untertanen als Zufluchtsort dienen konnte, wenn sie ihrer Herrschaft entflohen. Sie würde nicht nur ihre Macht und ihre Stellung verlieren, sondern vermutlich auch vernichtet werden, sobald der Herrscher der neuen Hölle - wer immer das dann auch sein mochte - erfuhr, dass sie alles an sich gerissen und sich zur Herrscherin über die Dämonen aufgeschwungen hatte.
Auch wenn es bis dahin sicher noch eine Weile dauern würde, war sie überzeugt, dass sie der Macht einer neuen Hölle nicht gewachsen war.
Eine längst vergessen geglaubte Furcht kroch in ihr hoch. Die Furcht, die sie immer dann verspürt hatte, wenn sie zu ihrer Herrin zurückkehren musste, um die in der Welt der Menschen gesammelte Lebensenergie zu ihr zu bringen. Der Weg in die Hölle, in die Gefilde ihrer Herrin, war ihr mit jedem Mal schwerer gefallen, denn diese scheußliche aufgeblähte Kröte war nie zufrieden gewesen. Jedes Mal hatte sie mehr Energie verlangt und Lea und ihre Schwestern mit schrecklichen Schmerzen bestraft, wenn sie ihr nicht genug brachten. Das hatte dazu geführt, dass Lea die Hölle, so lange es eben ging, gemieden hatte. Sie war oft über Monate in der Welt der Menschen geblieben, hatte verschiedenste Identitäten angenommen und sich überall herumgetrieben, bis sie dem fordernden Ruf ihrer Herrin nicht mehr hatte standhalten können. Doch nun war sie selbst die Herrin, nun konnte sie tun, was sie wollte und sie würde ihre Freiheit nicht aufgeben! Niemals!
Wenn sie überleben wollte, blieb ihr keine Wahl: Sie musste um jeden Preis verhindern, dass die Hölle neu entstand! Sie war sich nicht sicher, ob das wirklich geschehen konnte, doch wenn ein Erzdämon, der Äonen in LUZIFERS Diensten gestanden hatte, und der Fürst der Finsternis gemeinsam daran arbeiteten, mochte die Möglichkeit durchaus bestehen. Vielleicht nicht hier und vielleicht auch nicht jetzt, aber womöglich in naher Zukunft.
Sie musste ihren Plan ändern. Ursprünglich hatte sie die beiden hier festsetzen und von ihrer Macht zehren wollen. Dank der Pflanzen war sie dazu in der Lage, selbst diese beiden mächtigen Wesen gefangen zu nehmen. Die schwarzmagischen Kräfte, die die Ranken geschaffen hatten, waren stärker als alles, was sie kannte, doch sie gehorchten ihr wie durch ein Wunder.
Schon bei ihrer Ankunft im Nebel war sie deswegen sicher gewesen, dass sie zur Herrscherin über dieses Reich bestimmt war. Doch nun musste sie zu drastischeren Mitteln greifen. Sie konnte nicht zulassen, dass die beiden möglicherweise entkamen, den Nebel verließen und irgendwie die Hölle wiederherstellten. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das geschah sehr gering war, war das Risiko einfach zu groß. Nein, Asmodis und Fu Long mussten vernichtet werden!
Doch das konnte sie nicht allein bewerkstelligen. Um zwei so mächtige Wesen zu töten, brauchte sie sehr viel mehr Energie. Sie musste die Quelle der Macht anzapfen, die all das hier verursacht hatte. Sie musste die Magie nutzen, die alle festen Körper, die ihr zu nah kamen, überwucherte und von innen heraus zerstörte. Doch sie durfte sich nichts anmerken lassen und vor allem keine Zeit verlieren. Nun galt es, listiger zu sein als je zuvor. Sie vollführte eine schnelle Geste mit ihrer Klauenhand, woraufhin die Ranken, die Asmodis und Fu Long gefesselt hatten, ihre Gefangenen freigaben und sich zurückzogen. Dämon und Vampir fielen zu Boden, der eine stieß einen wütenden Fluch aus, als er unsanft auf dem Hintern landete, der andere rollte sich elegant ab und kam sofort wieder auf die Füße.
»Bei allen Ausgeburten des Schreckens, die die Hölle je hervorgebracht hat, was geht hier vor? Wer bist du und was spielst du für ein Spielchen?«, verlangte Asmodis zu wissen.
Lea lächelte, während sie mental in ihre neue Rolle schlüpfte. »Ich habe viele Namen und noch mehr Gesichter. Aber ihr könnt mich Lea nennen. Bitte entschuldigt die Unannehmlichkeiten.«
»Unannehmlichkeiten?« Asmodis war außer sich. »Zuerst verarschst du uns mit deinen Trugbildern und gaukelst uns was vor und dann lässt du uns von deinen Pflanzen einwickeln!«
Lea bemühte sich, ein ernstes Gesicht zu bewahren. »Bitte glaubt mir, das tut mir wirklich sehr leid.«
»Und du meinst, damit ist alles wieder in Ordnung? Die Ranken lassen uns los, du entschuldigst dich,
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