098 - Die Geistergirls von W
und
heute zu spannen. Auf den ersten Blick schien das eine mit dem andern nichts zu
tun zu haben. Aber vielleicht hingen sie doch enger zusammen, als man meinen
mochte. »Das alles liegt jetzt über fünfzig Jahre zurück«, beendete la Mama ihre
Ausführungen. »Ich bin eine der ältesten Einwohnerinnen von Ondomas .
Ich habe den namenlosen Fremden nie gesehen, aber ich bewohne seit damals das
Haus. Wir haben es uns nach unseren Vorstellungen eingerichtet und umgebaut .«
»Als das Haus gebaut wurde, muss man den
Mann aber doch gesehen haben«, hakte Larry Brent noch mal nach.
»Ja, aber das war vor meiner Zeit. Die Menschen, die ihn kannten,
sind längst alle tot .«
Was aus dem Fremden geworden war, wusste niemand. Auch la Mama hatte nie wieder etwas von ihm gehört. Larry nahm
sich in diesen Sekunden vor, durch die PSA-Zentrale in New York in Erfahrung
bringen zu lassen, welche UFO- Sichtungen seit jener
Zeit vor über fünfzig Jahren hier gemacht worden waren. Vielleicht suchten die
Fremden, die die Erde besuchten, doch etwas, das irgendwann - durch Absicht
oder Zufall - auf der Erde zurückgeblieben war.
Jemand, der unter Menschen lebte, sich aber völlig isolierte,
hatte etwas zu verbergen. Weil er anders war? Weil er befürchtete, dass man etwas an ihm entdeckte, das niemand wissen sollte?
Larry und Luis Garcia hatten die gleichen Gedanken. Sie hatten aber auch das
gleiche Problem. Die Schilderung, die la Mama von der Hilfsbereitschaft
des Unbekannten gegeben hatte, ließ auf eine ausgesprochen positive
Lebenseinstellung und einen hervorragenden Charakter schließen. Das aber passte nicht in das Bild, das sie nun von den neuerlichen
Ereignissen erhalten hatten.
La Mama wurde an einen zweitausend Kilometer
entfernten Ort versetzt, sie musste Ängste und
Schmerzen durchmachen. Dorfbewohner wurden von schattenhaften, nicht näher
bezeichneten Geschöpfen belästigt und gequält, die angeblich auf dem Friedhof
hausen sollten. X-RAY-3 und X-RAY-14 wussten , dass sie sich unter vier Augen besprechen mussten . Da waren einige Dinge zur Sprache gekommen, die
dringend einer Aufklärung bedurften. Ungewöhnliche Geschehnisse und Abenteuer
gehörten zu ihrem Alltag.
Und sie waren es gewohnt, unkonventionell zu denken und zu
handeln. So war es nicht verwunderlich, dass Larry
Brent eine Überlegung durch den Kopf ging, von der er so schnell nicht wieder
loskam. Alles hatte eine Entwicklung. Wenn er davon ausging, dass der Fremde, der sich nicht zeigte und der nie einen
Namen besaß, nicht menschlichen Ursprungs war, dass er unter den Menschen lebte, um sie zu studieren, um eine für ihn
möglicherweise völlig neuartige Lebensform kennenzulernen, dann musste man auch ihm eine Entwicklung in seinem
Kenntnisstand zugestehen.
Licht und Schatten gehörten zusammen wie das Gute und das Böse.
Das eine konnte ohne das andere nicht sein. Verfügte jener Fremde, der nie
einen Namen getragen hatte, über außergewöhnliche geistige Fähigkeiten, die er
einsetzte, um seinen Mitmenschen zu helfen? War jene Nacht, als er dem kleinen
Pepe das Leben rettete, eine Grenze in seiner Entwicklung gewesen? Konnte es
sein, dass die geistigen Kräfte eines fremdartigen
Wesens, über das sie nichts wussten , eine
Weiterentwicklung durchgemacht hatten? Allerdings - ins Negative? Alle diese
Dinge wollte Larry mit seinem Kollegen Luis Garcia in Ruhe erörtern. Ihr Besuch
war praktisch hier zu Ende. Weitere Neuigkeiten konnten sie nicht mehr
erfahren. Sie erhoben sich und wollten aufbrechen.
Da schlug der Hund an. Sein heftiges, lautes Bellen erfüllte das
Innere des kleinen Hauses.
»Aha, neuer Besuch für Sie, Senora «,
verkündete Luis Garcia de Valo . »Vielleicht möchte
Ihre Nachbarin mal nach dem Rechten sehen. Zwei Fremde sind im Dorf, die
niemand kennt .« Die alte Frau antwortete nicht gleich.
Dann rief sie dem bellenden Hund einen kurzen, scharfen Befehl zu. Das Tier
verstummte augenblicklich, und in die eingetretene Stille mischte sich die
Stimme von la Mama .
»Nein, nein, Senores ... das ist keine
Nachbarin und kein Nachbar. Das Tier schlägt bei niemandem an, den es aus dem
Dorf kennt. Also kann es nur ein Fremder sein, der vor der Tür steht ... Aber
das ist eigentlich ungewöhnlich. Ich erwarte keinen Besuch .«
●
Erwin und Sonja Rösch fuhren im Dienstwagen zum Polizeirevier. Das
langgestreckte, rot verklinkerte Gebäude lag an einer
Straßenecke zur Friedrich-Ebert-Straße. Auf dem polizeieigenen
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