10 - Das Kloster Der Toten Seelen
Szene beobachtet hatte. Als Buddog an ihr vorbeischritt, warfen sich die beiden einen bedeutungsvollen Blick zu. Darauf drehte sich Elen um und schloß die Tür. Fidelma hätte allzugern gewußt, was hinter ihrem Verhalten steckte. Im Hause des Fürsten von Pen Caer herrschte offenbar eine gespannte Atmosphäre. Interessant, dachte Fidelma.
Gwnda bedeutete Fidelma und Eadulf, sich zu Bruder Meurig an das lodernde Feuer zu gesellen. Eine andere Magd brachte einen Krug Met und schenkte ihn aus.
»Wir sind wohl gerade zum richtigen Zeitpunkt eingetroffen«, sagte Fidelma, als sie an dem honigsüßen Met nippte. »Offensichtlich warst du der Gefangene deiner eigenen Leute.«
Gwnda warf ihr einen abschätzenden Blick zu. Dann nickte er langsam. »Aufruhr, so muß man das nennen«, bestätigte er gereizt. »Ich kann verstehen, warum einige der Leute sich von ihrem Zorn haben leiten lassen. Bei so einer Sache gehen die Gefühle mit einem durch.«
Bruder Meurig betrachtete ihn ernst. »Dein Verständnis ist höchst löblich, Gwnda. Doch so einen Aufruhr darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Was ist passiert?«
Gwnda machte eine wegwerfende Geste. »Mein eigenes Volk, dumm und fehlgeleitet, hat mich und mein Gefolge hier eingesperrt. Dann haben sie den Gefangenen geholt und wollten ihn hinrichten.«
Bruder Meurigs Blick war düster geworden. »Sie haben dich und deine Familie eingesperrt und den Jungen gewaltsam aus deinem Gewahrsam entführt? Das ist bisher beispiellos.«
»Wenn es derart beispiellos ist, wird das Ereignis in die Annalen der Geschichte eingehen. Iorwerth, der diesen üblen Aufstand anführte, ist der Vater des Mädchens, das Idwal vergewaltigt und ermordet hat. Es ist verständlich, daß er sich von seinem Streben nach Vergeltung leiten ließ. Ich kann ihn nicht mit gutem Gewissen verurteilen.«
»Du bist sehr nachsichtig«, bemerkte Bruder Meurig.
»Das klingt ja, als hättest du den Jungen schon für schuldig befunden, Gwnda. Weshalb ist dann noch ein Richter nötig?« mischte sich Fidelma ein.
Gwnda lächelte herablassend. »Wie ich feststellen muß, bist du nicht von hier, Schwester. Ich werde dir später die Gesetze dieses Landes erläutern. Das Recht ist eine komplizierte Sache.«
Bruder Meurig hüstelte. »Fürst Gwnda, Fidelma ist nicht nur die Schwester des Königs von Cashel, sie ist auch eine befähigte dálaigh , eine Anwältin ihres Landes in einer Position, die der meinen vergleichbar ist. Sie wurde von Gwlyddien, unserem König, mit persönlichen Vollmachten ausgestattet, um das rätselhafte Ereignis von Llanpadern aufzuklären.«
Gwnda errötete.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet.« Fidelma gab nicht nach. »Deinen Worten entnehme ich, daß du den Jungen vorverurteilst.«
Dem Fürsten von Pen Caer war offenbar nicht ganz wohl in seiner Haut. »Ich habe nach einem Richter geschickt, weil ich denke, daß man die Gesetze einhalten muß. Unabhängig davon halte ich den Jungen für schuldig.«
Eine der Frauen brachte ein Tablett mit Speisen und weiteren Getränken herein und stellte es auf dem Tisch ab. Die Unterhaltung verstummte. Gwnda bat seine Gäste, am Tisch Platz zu nehmen. Es gab aufgeschnittenen Braten, Käse, pikante Pasteten und Haferbrot. Becher mit Met und frischem Wasser standen bereit.
Fidelma nutzte die Gelegenheit, Eadulf zu fragen, ob er der Unterhaltung einigermaßen hatte folgen können. Eadulf sagte, er verstehe, worüber man rede, sei der Sprache jedoch nicht so mächtig, um etwas beitragen zu können.
»Man hat dich also geschickt, um das Geheimnis der verschwundenen Klostergemeinde aufzudecken?« wandte sich Gwnda nun an Fidelma.
»Was weißt du darüber?« fragte Bruder Meurig.
»Llanpadern befindet sich nur drei Meilen von hier entfernt. Wir haben weder etwas bemerkt noch etwas gehört, bis einer unserer Schäfer uns davon berichtete.« Er war nachdenklich geworden. »Es war ebenjener Idwal, er kam hierher und erzählte meinen Leuten, daß die Mönche wie vom Erdboden verschluckt seien. Das war genau an dem Vormittag, als er Mair umgebracht hat.«
»Hast du jemanden losgeschickt, um seine Geschichte zu überprüfen?«
Gwnda schüttelte den Kopf. »Als mir Buddog, meine Dienerin, berichtete, was Idwal ihr erzählt hatte, war Mair schon tot. Idwal war bereits gefangengenommen worden. Wir waren ganz mit dem Mord beschäftigt, und dann habe ich jemanden losgeschickt, um von Dewi Sant einen Richter anzufordern. Erst heute vormittag habe ich
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