10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
– ja, damit haben Sie natürlich recht«, sagte Kyan und zerdrückte im selben Augenblick seine eben erst angerauchte Zigarette. Dr. Mecklan lehnte sich wieder zurück. In der Hoffnung, daß die Neugierde nicht in seiner Stimme mitschwinge, fragte er dann: »Wie ist denn die Behandlung vor sich gegangen?«
Kyan antwortete nicht sofort. Er griff in seine Brusttasche, zog ein Etui heraus und zündete sich eine neue Zigarette an, mit der unbestreitbaren Absicht, den Psychiater auf die Folter zu spannen. Dann sagte er:
»Ja, eigentlich habe ich nichts von der Behandlung gemerkt. Man hat mir eine Spritze gegeben, nach der ich einschlief. Drei Stunden später erwachte ich und war wieder der alte. Man gab mir eine Pille zum Schlucken, von der man behauptete, es sei konzentrierte Nahrung. Dann riet man mir, in den nächsten fünf Stunden nichts zu essen.« Kyan machte eine abfällige Handbewegung.
Dr. Mecklan beobachtete ihn aus wachsamen grauen Augen. »Aber das ist noch nicht alles … Ich hatte eine eigenartige Unterredung mit einem älteren Herrn in weißem Kittel. Leider vergaß ich seinen Namen. Nun, um bei der Sache zu bleiben, er riet mir, niemals – und dieses Wort unterstrich er – niemals wieder Mordgedanken zu hegen. Er sagte, dies würde recht unangenehme Folgen für mich haben. Das war dann auch alles. Man entließ mich.« Kyan lächelte, dann fügte er noch prahlerisch hinzu: »Man hinderte mich nicht einmal, mich den Reportern zu stellen.«
Diesen Triumph hätte er sich auch nicht entgehen lassen, dachte der Psychiater. Kyan war dafür viel zu überheblich. Er sah noch dessen Bild vor seinem geistigen Auge, wie es von den Titelseiten der Illustrierten und Zeitungen herablächelte. Eigenartig aber, der Presse gegenüber hatte Kyan seine Zweifel an der Wirksamkeit der Spezialbehandlung nicht erwähnt.
»Sie sagten«, meinte Dr. Mecklan interessiert, »Sie seien nach der Behandlung wieder ›der alte‹ gewesen. Wie meinten Sie das?«
»Genauso, wie ich es gesagt habe«, erwiderte Kyan und fuhr dann plötzlich, mit verändertem Tonfall, fort: »Sie werden doch bei allem, was ich Ihnen sage, Ihr Ärztegeheimnis nicht vergessen?«
»Auf keinen Fall. Wo denken Sie hin …«
»Auch in diesem nicht?«
Dr. Mecklan hätte den Beleidigten mimen müssen, war aber viel zu gefesselt durch die Diskussion, um daran zu denken. Daher sagte er nur: »Ich versichere Sie meiner vollsten Verschwiegenheit.«
»Also, um exakt zu sein«, sprach Kyan in alter Manier weiter, deutlich und selbstbewußt, »ich bin überzeugt, das Behandlungsgebäude in genau demselben Zustand verlassen zu haben, in dem ich es betrat. Verstehen Sie: unverändert!«
»Sie meinen, die Behandlung habe bei Ihnen nicht gewirkt?«
»Genau.«
Eine Weile herrschte Stille. Dann:
»Und was ist nun der Grund, der Sie zu mir geführt hat?« fragte Dr. Mecklan.
»Ich will, daß Sie herausfinden, ob sich an mir tatsächlich nichts verändert hat.«
»Sie wollen also Gewißheit …«
»Stimmt. Ich muß zugeben, daß mir der Gedanke, den Ärzten sei ein Fehler unterlaufen, selbst äußerst unwahrscheinlich vorkommt – obwohl alles darauf hinzuweisen scheint.«
Dr. Mecklan überlegte. Schließlich sagte er:
»Gut. Ich werde Sie einigen Tests unterziehen, aber ich kann Ihnen keine absolut richtige Diagnose garantieren. Da ich nicht weiß, welcherart Ihre Behandlung war, bin ich mir nicht darüber im klaren, in welcher Richtung ich suchen muß. Verstehen Sie?«
Kyan nickte abwesend. Natürlich wollte der Psychiater mehr über die Behandlung erfahren. Aber gerade dies wünschte Kyan zu vermeiden. Das heißt, er wollte nicht daran denken, um die Melodie nicht
Weitere Kostenlose Bücher