10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
»Schauen Sie. Wir haben mit dem Stubenmädchen nicht einmal gesprochen. Verstehen Sie? Wir sind kurz vor der Hochzeit. Wir kamen herein, stellten das Gepäck ab; nahmen rasch einen Imbiß ein hier unten im Speisesaal, und fertig. Davon abgesehen, waren wir überhaupt nicht im Hotel.«
»Oh, richtig. Der Speisesaal.«
Ich erstarrte. »Was ist mit dem Speisesaal?«
Er zuckte unmerklich die Achseln. »Wissen Sie, Herr Sawyer … Es ist mir sehr peinlich, es Ihnen sagen zu müssen, aber im Speisesaal war ebenfalls eine Beschwerde.«
»Unmöglich!«
Der Portier flüsterte gedankenschwer: »Herr Sawyer, wollen Sie mich der Lüge bezichtigen?«
Schnell sagte ich: »Ich meine, es ist bestimmt ein Irrtum. Ich kann mich noch genau erinnern. Die Serviererin war einfach großartig. Ja, wir unterhielten uns sogar mit ihr! Und ich gab ihr ein dickes Trinkgeld! Und …«
»Sie entschuldigen, Herr Sawyer. Ich bin ziemlich beschäftigt.«
Ich verstand die Warnung.
Es schien mir nur noch eine Möglichkeit zu bleiben.
Ich durchquerte das Foyer des Hotels. Es war, als wate ich in breiigem Daiquiricocktail – Eis auf allen Seiten. Die Atmosphäre war frostig; sie schien erstarrt. Die Pagen schauten zwar, sahen mich aber nicht; der Liftboy blickte durch mich hindurch, als bemerke er meine Existenz überhaupt nicht. Beim Eingang des Speisesaals saugte die Empfangsdame an einem Zahn, starrte zur gegenüberliegenden Wand und summte leise vor sich hin.
Ich schritt direkt an ihr vorbei. Sie zuckte nicht mit der Wimper.
Ich fand einen Tisch und setzte mich.
In etwa einer Viertelstunde kam eine Serviererin an meinen Tisch. »Fräulein«, sagte ich begierig, »ich …«
Sie aber prüfte das Gedeck mit einem Routineblick und entfernte sich wieder. Ich starrte ihr nach. Es verstrichen weitere Minuten.
Ich räusperte mich. »Fräulein«, sagte ich abermals zur Serviererin, als sie an meinen Nachbartisch kam, um eine Bestellung aufzunehmen. »Fräulein!«
Aber sie reagierte nicht, ebensowenig wie der Gast am anderen Tisch.
Es war die Tiefkühlmethode, kein Zweifel; man legte mich auf Eis.
Ich wandte mich zurück zum Tisch, und da erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf den Rücken einer anderen Serviererin. Einen Moment lang hatte ich das verrückte Gefühl, sie wäre in der Absicht hierhergekommen, mich zu bedienen. Aber dieses Gefühl trog. Sie war an meinem Tisch gewesen, richtig; der Beweis dafür lag vor mir auf dem Tisch, ein hellgrünes Blatt Papier.
Ich las es.
Es war arg …
Der rosa Zettel vom Stubenmädchen war schon schlimm genug gewesen. Er bedeutete, daß kein hier ansässiges Mitglied dieses Berufszweiges je wieder im Hotel einen Raum für mich säubern würde, jedenfalls nicht, solange die Beschwerdemeldung wirksam war. Das hieß aber nur, daß ich nicht mehr in einem Hotel wohnen konnte, und es gab schließlich noch andere Unterkünfte, wenn ich mich auf die Suche machte. Einschneidend war es nicht.
Der grüne Zettel aber hatte ernstere Folgen. Er berief sich auf die Innung der Köche, Kellner und Restaurantbediensteten :
BESCHWERDE
In Sachen: Oliver Sawyer
Grund des Ärgernisses: Provozierendes Trinkgeld
Fräulein Gina Sortini, Angestellte dieses Restaurants, servierte genanntem Gast einen Imbiß. Gast schien mit Service durchaus zufrieden und machte keinerlei Reklamation. Wie auch Gast, laut eidesstattlicher Erklärung von Oberkellner, Serviererin und Zahlkellner, keinen Grund zur Reklamation hatte.
Serviererin fand nach Abgang des Gastes zwei Pfennige unter Platte. Es war nicht auf Geistesabwesenheit zurückzuführen. Serviererin erinnert sich deutlich, gesehen zu haben, wie Gast Münzen unter Platte legte,
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