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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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auch nun mit deiner Internetseite und der DVD Werbung machst, kommen nur noch mehr.“
    Ich fühlte mich einen Moment geschmeichelt und erklärte ihr, dass ich mit meinen Aktivitäten doch sicher niemanden auf den Jakobsweg bringen würde.
    „Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, ob ich die Internetseite, Fotos und Aufnahmen vom Weg machen und veröffentlichen soll“, erklärte ich ihr, während ich an diesem wirklich leckeren, spanischen Likör nippte, „und bin dann zu folgendem Schluss gekommen; Ich bin mit sehr empfindlicher, feinelektronischer Ausrüstung sechs Wochen bei Wind und Wetter unterwegs. Wenn jemand von „da oben“ etwas dagegen haben sollte, was ich hier mache, hat er hunderte Möglichkeiten, mir dies zu erkennen zu geben.“ Als ich die da oben erwähnte, wurde Monicas Blick noch eindringlicher.
    „Die Technik kann streiken, oder geklaut werden. Die Aufnahmen können Mist werden, zum Beispiel, wenn das Wetter so bleibt. Ich könnte mich verletzten, oder meinen Weg, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu Ende bringen. So viele Möglichkeiten mir einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“ Ich sah sie an und erkannte eine leichte Entspannung ihrer Gesichtszüge — sie lächelte sogar.
    „Gut, das ist fair. Wenn also etwas schief geht, lässt du es sein?“ Jetzt wurde aus ihrem Lächeln ein verschmitztes Grinsen.
    „Du brauchst gar nicht so zu grinsen, Monica. Ich habe tief in mir ein ganz starkes Gefühl. Mir wird hier nichts Schlimmes passieren. Ich fühle mich sehr beschützt, seit ich auf dem Weg bin. Jemand passt auf mich auf.“ Diese Worte taten ihre Wirkung.
    Ich musste ihr noch versprechen darauf zu achten, immer im Sinne des Camino zu berichten, auch wenn ich keinen blassen Schimmer hatte, wie ich das tun sollte. Aber ich versprach es ihr — hoch und heilig.
    Die Tür öffnete sich kurz nach zweiundzwanzig Uhr und der Rest unserer Gruppe kam aus dem Ort. Als sie auf mich zukamen, fingen wieder einige an zu lachen. Sie hatten Tonis Geburtstag gefeiert. Und Geschenke aus der Boutique der Pilgerherberge hatte er auch bekommen. Nun sah er aus wie ein waschechter Tourist. Blaue Schirmmütze mit dem Jakobswegsymbol und ein dazu passendes T-Shirt mit einem riesigen gelben Pfeil auf dem Rücken.
    „Da pass aber mal auf, dass dir die Pilger nicht blind hinterher laufen.“
    „Oh, die Frauen können das ruhig machen“, grinste er etwas angesäuselt, „was macht deine neue Jeans, passt sie?“
    Ich bedankte mich noch mal und gab ihm von meinem Likör zu trinken. In dieser lustigen Runde kam mir auf einmal der Gedanke, dass ich sie morgen wohl verlieren würde, denn ich wollte ja wegen des drohenden Unwetters einen Tag hier verbringen. Und plötzlich sank meine Stimmung ab. Ich verabschiedete mich, begab mich in Richtung Nachtlager und schlief mit ein wenig Wehmut ein.
     

Tag 9
     
    Puente la Reina / Estella — Lizarra
     
    Das Geraschel und Gewusel am frühen Morgen kannte ich ja bereits. Nur diesmal war es mir echt egal. Sollten die Freunde nur ruhig packen und sich für den Weg rüsten.
    „Ich habe heute frei!“ rief ich aus meinem Bett in den Raum hinein. Ich erntete nur ein paar müde Blicke — nicht mehr. Toni lag auch noch in seinem Schlafsack. Er sah wieder mal nicht so gut aus. Die Scheiben der Fenster waren beschlagen. Es war kalt gewesen diese Nacht und ich konnte noch nicht nach draußen sehen. Das Bett neben mir war frei geblieben und so legte ich hier die Dinge zusammen, die ich, oder besser gesagt, die wir gestern aus meinem Rucksack aussortiert hatten.
    Wir frühstückten zusammen sehr ausgiebig und die Herberge leerte sich langsam. Von meinem Platz aus konnte ich beobachten, wie ein Pilger nach dem anderen vor die Tür trat, gegen den starken Wind ankämpfte, und sich auf den Weg machte. Fast alle hatten ihre Regenponchos auf, denn es regnete — wenn auch nur sehr leicht. Sie sahen dabei aus wie große Teletubbies in rot, schwarz, grün oder blau in ihren Umhängen, die bis über die Knie reichten. Monica und ich standen als letzte auf und gemeinsam gingen wir ins Zimmer.
    Es folgte eine große Abschiedsszene mit zahlreichen Umarmungen und den besten Wünschen für den Camino. Als letzte stand Monica vor mir. Ich hatte einen Klos im Hals und ich glaube, sie auch. Ohne ein Wort zu sagen umarmte sie mich, griff nach ihrem Rucksack und ging hinaus. Ich stand da und fühlte mich allein. Ich horchte, hörte nichts mehr und registrierte: ich war allein! Ich

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