1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg
Handy.
Beim folgenden Telefonat bedankte sie sich überschwänglich bei mir. Sie war zwar schon dreimal in der Kathedrale gewesen, aber die Hühner hatten ihr immer das ersehnte Begrüßungskrähen verweigert. Sie war ganz aus dem Häuschen und ich fand es toll, ihr, die so viel über den Jakobsweg wusste, und selbst erfahren hatte, ein solches Geschenk machen zu können.
Abends im Refugio, das nur zur Hälfte belegt war und so jedem Pilger ein bisschen Platz bot, dachte ich über Ronja nach, die jetzt gerade ihren Fünfsterneluxus genoss. Wie unterschiedlich doch die Pilgerreisen auf dem Jakobsweg verliefen. Aber ich war mir sicher, dass es solche eklatanten Unterschiede schon immer gegeben hatte.
Zu jeder Zeit gab es arme und reiche Menschen. Der Unterschied jedoch lag darin, dass es in den Refugios heutzutage sehr viele Menschen gibt, die sich auch ohne weiteres eine bessere Herberge leisten konnten, sich aber lieber ganz bewusst diesen wichtigen Teil des Pilgerweges ausgesucht hatten.
Dann tippte ich noch eine SMS an Monica und erinnerte mich daran, dass ich mein Handy eigentlich nicht benutzen wollte. Kein Kontakt nach Hause, und auch für zu Hause nicht erreichbar zu sein, war eine der wichtigsten Vorgaben für mich bei meinem Aufenthalt gewesen. Sechs Wochen wollte ich wie in einem Zeitfenster außerhalb meines Lebens verbringen. Und dazu gehörte die Unerreichbarkeit als ein Luxusgut für mich dazu. Aber dann dachte ich darüber nach, dass der Kontakt zu Monica doch etwas anderes war. Sie war jetzt schon ein Teil meines Jakobweges gewesen.
Tag 13
Santo Domingo de la Calzada / Villamayor del Río
Es wurde langsam hell, als ich die Herberge verließ, und zu früh, um jetzt schon ein Frühstück zu bekommen. Also marschierte ich los mit Marsriegel und einer Dose Isodrink zur Stärkung sowie der Hoffnung auf ein ausgiebigeres, zweites Frühstück im sieben Kilometer entfernten Grañón. Strahlend blauer Himmel, die Schattenspiele der in meinem Rücken aufgehenden Sonne und die Eindrücke der vergangenen Nacht in dieser altehrwürdigen Pilgerunterkunft ließen mich fast schon über den Schotterweg schweben.
So erreichte ich den kleinen Ort Grañón und direkt neben der unscheinbaren, kleinen Kirche fand ich einen angenehmen Platz im Freien und ein leckeres Frühstück mit, zum wiederholten Male, hervorragendem Kaffee. Zwei, drei unbekannte Pilger zogen grüßend an mir vorbei und ich betrachtete die kleine Kirche. In jedem noch so kleinen Ort stand eine solche.
Auf dieser hatten Störche ihr Nest gebaut, sie waren aber leider im Moment nicht zu Hause. Die Türe der Kirche stand offen und ich wollte meine Neugierde befriedigen, wie sie wohl im Innern aussehen würde. Und — wow — von außen eher schlicht und ungepflegt, war sie innen jedoch sehr schön.
Es war niemand hier, aber der Hauptaltar war hell beleuchtet — warum nur? Vielleicht, damit ich ein schönes Foto machen konnte? Ich setzte mich in die erste Bank und wunderte mich über diese wunderschöne Handwerkskunst. Auch sah die Kirche von außen gar nicht so groß aus. Der Vollständigkeit halber fügt mein Reiseführer noch den Namen hinzu: Iglesia de San Juan Bautista, erbaut im vierzehnten Jahrhundert.
Ich verließ Grañón in eine Ebene mit abgeernteten Weizenfeldern, die sich nun kurz vor Mittag anfingen merklich aufzuheizen. Ich war guter Dinge und freute mich wieder einmal, einfach nur wandern zu können. Meine Gedanken schweiften umher und wurden dann von spanisch sprechenden Stimmen wieder eingefangen. Eine vierköpfige Familie hatte mich bis auf hundert Meter eingeholt. Vater und Sohn gingen voraus, Mutter und Tochter folgten. Alle vier unterhielten sich sehr angeregt und laut. Zu laut für meinen Geschmack und so versuchte ich mein Tempo zu steigern, um ihrem Disput zu entkommen. Ging aber nicht. Sie waren mit Handgepäck unterwegs und so kamen sie immer näher, bis ich mich entschloss, sie vorbei zu lassen.
Eine tolle Gelegenheit dazu bot sich, als ich einen großen Grenzstein von Camino und Santiago erreichte, der mich darüber aufklärte, dass ich die Region La Rioja verließ und nun in der autonomen Region „Castilla y León“ pilgerte. Hier machte ich eine kurze Rast, um die lautstarke, spanische Familie vorbei ziehen zu lassen. Ihre Diskussionen unterbrachen sie nur, um mir ein „Buenos Dias“ zu wünschen. Ihre Lautstärke war hier genauso unangebracht und störend wie in einem Ruheraum in der Sauna.
Als
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