1001 Versuchung
daran in die Kehle stieg. Nun, seine Neugier hatte sie wohl befriedigt. Sie hatte ihm von ihrer Vergangenheit erzählt. Nur zu gut sah sie noch seine Miene vor sich. Das Entsetzen hatte sowohl den Ärger wie auch den letzten Rest Verlangen aus seinem Gesicht vertrieben.
Jetzt wusste er, was sie war: eine Frau, die für den Rest ihres Lebens von einem schlimmen Ereignis in der Vergangenheit belastet war. Eine Frau, die jeden Tag darum kämpfte, ein gutes und erfülltes Leben für sich und ihre Tochter aufzubauen. Eine Frau, die keine Zeit für romantische Träumereien hatte.
Abrupt setzte Rosalie sich auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Das war das eine, auf das sie sich immer verlassen konnte: ihre Unabhängigkeit.
Ihr Vater hatte die Familie im Stich gelassen, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Es hatte ihr das Herz gebrochen. Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen, hatte in einer Traumwelt gelebt, in der alles doch gut werden würde. Hoffnung und Zuversicht hatte sie in der Kunst gefunden, doch selbst das war ihr genommen worden, als man ihr Gewalt angetan hatte. Fast hätte sie damals aufgegeben. Sie wusste, welche Sorgen sich ihre Mutter um sie gemacht hatte.
Und dann war Amy gekommen, und mit der kleinen Tochter ihre eigene Erlösung. Als Mutter hatte Rosalie entschlossen daran gearbeitet, sich aus dem Tal der Trauer zu befreien, und die Angst bekämpft. Es galt, für die Zukunft etwas aufzubauen – für sie und Amy.
Mehr brauchte sie nicht – ihre Unabhängigkeit, die Liebe ihrer Tochter und ihre Familie. Und wie durch ein Wunder war ihr auch die Freude an der Malerei zurückgegeben worden.
Sie brauchte keinen Mann, um erfüllt zu sein.
Rosalie warf die Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Ein Blick durch die offen stehende Tür des angrenzenden Zimmers sagte ihr, dass Amy bereits aufgestanden und zu ihrem morgendlichen Besuch im Stall bei dem Pony und den jungen Hunden aufgebrochen war.
Um Amy brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Die Kleine würde hier nie unbeaufsichtigt sein. Die Dienstboten warteten sogar darauf, dass das Mädchen morgens erschien. Einer der Stallknechte, wenn nicht gleich mehrere, würde bei ihr sein.
Nichtsdestotrotz zog Rosalie sich an. Wenn sie Amy um sich hatte, würde es ihr besser gehen. Ihre Tochter würde sie so beschäftigt halten, dass sie – mit etwas Glück – gar nicht dazu kam, an Arik zu denken.
Sie würde ihn nicht mehr sehen. Niemals mehr. Solange sie hier war, würde er sich hüten, in Rafiqs Palast zurückzukommen, es wäre ihm zu unangenehm. Wahrscheinlich plante er schon die nächste Geschäftsreise zu einer seiner Ölplattformen.
Wie lange würde es wohl dauern, bevor der Schmerz über ihre zerstörten Hoffnungen erträglich wurde?
Lautes Kichern begrüßte Rosalie, als sie den schwach beleuchteten Stall betrat. Automatisch drehte sie sich in die Richtung, aus der das Lachen ihrer Tochter gekommen war. Doch mitten in der Bewegung erstarrte sie, als sie die tiefe Stimme hörte. Auch wenn sie nicht verstand, was er murmelte … es fuhr ihr wie ein Prickeln über die Haut.
Arik! Seine Stimme würde sie überall erkennen!
Was tat er hier? Hätte er nicht längst nach Hause zurückfahren müssen? Die Feierlichkeiten für Adhams Geburtstag waren vorüber, es gab also nichts, was Arik hier halten sollte. Vor allem nicht nach dem, was sie gestern Abend zu ihm gesagt hatte.
Dennoch, sie irrte sich ganz bestimmt nicht. Das war seine Stimme.
Sie lehnte sich gegen die Wand. Ihre Knie gaben schon wieder nach, und ihr Puls begann zu rasen. Die Reaktionen ihres Körpers konnte sie ebenso wenig einstellen wie das Atmen. Arik wirkte wie ein Magnet auf sie, er zog sie unwiderstehlich an.
Umso mehr Grund, sich so schnell wie möglich davonzumachen, sobald sie ihre Tochter geholt hatte.
Rosalie reckte die Schultern und hob das Kinn. Da ihre Hände feucht waren, steckte sie sie in die Taschen ihrer Jeans. Dann trat sie vor, mit, so hoffte sie, nonchalanter Lässigkeit.
„Wenn ich dich jetzt hochhebe, musst du mir versprechen, dass du nicht laut sprichst oder mit den Armen ruderst, okay?“, sagte Arik gerade.
„Okay.“ Vor Aufregung war Amy ganz atemlos, und Rosalie beschleunigte ihre Schritte.
„Strecke deine Hand aus. Langsam. So ist’s gut“, hörte Rosalie Arik sagen. „Lass sie zu dir kommen. Wenn du dich plötzlich bewegst, dann erschreckst du sie. Und das wollen wir doch nicht, oder?“
„Nein, wir
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