1001 Versuchung
wollen sie nicht erschrecken“, versicherte Amy ernsthaft.
Rosalie erreichte die Boxen gerade rechtzeitig, um Amy noch mal kichern zu hören. Arik hielt ihre Tochter hoch, sodass die Kleine auf gleicher Höhe mit dem Kopf einer stolzen Araberstute war, die den Hals über die Boxtür herausstreckte.
„Sie kitzelt mich!“
„Ja, sie schnuppert an deiner Hand“, erklärte Arik. „Sie will sehen, ob du nicht etwas Gutes für sie hast. Möchtest du sie füttern?“
„Ja!“
„Ja, bitte, Amy“, korrigierte Rosalies Mutter, die neben Arik stand.
„Ja, bitte.“
Rosalie betrachtete das Bild, das sich ihr bot – ihre Mutter und ihre Tochter, fasziniert und ganz auf die Stute konzentriert, und Arik. Die markanten Züge waren fast weich, als er Amy betrachtete. In ihrem Magen breitete sich ein seltsames Gefühl aus, fast wie ein Schmerz. Ihre Tochter sicher von Ariks starken Armen gehalten zu sehen raubte ihr den Atem.
„Und weil du so nett fragst, darfst du sie auch füttern.“ Arik reichte Amy eine Apfelhälfte. „Du musst den Apfel auf die flache Hand legen, dann wird Saki sich das Stück vorsichtig nehmen.“
Arik hielt Amys Hand, und die Stute holte sich den Leckerbissen.
„Na also, perfekt!“, rief Arik leise aus. „Hast du das vorher schon einmal gemacht, weil du das so gut kannst?“
„Nein, noch nie!“ Amy war ganz aufgeregt. „Noch ein Stück. Bitte!“
„Aber natürlich. Weil du es so gut machst.“
„Darf ich sie reiten? Tante Belle und Onkel Rafiq reiten auch.“
Rosalie wollte schon den Mund öffnen, um Einspruch zu erheben, doch das war gar nicht nötig. Arik antwortete bereits.
„Wenn du alt genug bist, vielleicht.“
„Und wann bin ich alt genug?“
„Wenn deine Mutter es sagt. Hier, gib Saki noch ein Stück Apfel.“
Amy kicherte, als die Stute ihr das Stück von der flachen Hand nahm.
„Warte nur, bis deine Mutter sieht, was du alles kannst. Sie wird bestimmt stolz auf dich sein.“
„Das bin ich schon.“ Mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen trat Rosalie zu der kleinen Gruppe. Sie achtete genau darauf, ihre Aufmerksamkeit auf Amy gerichtet zu halten, nicht etwa auf den Mann, der sie hielt.
„Mummy, Mummy, hast du mich gesehen?“ In Ariks Armen schwang Amy zu ihrer Mutter herum, so hastig, dass die Stute scheute und den Kopf hochwarf. Sofort drehte Arik sich mit Amy um, stellte sich schützend zwischen das Tier und die Kleine.
„Ja, ich hab’s gesehen, Herzchen. Das hast du toll gemacht. Ich denke, Saki mag dich. Hast du dich auch schon bei Arik bedankt, dass du das Pferd füttern darfst?“
„Danke.“ Mit einem fröhlichen Lachen sah Amy Arik an.
Eine Regung huschte nun über Ariks Gesicht. „Gern geschehen, Kleines.“
„Arik hält Amy schon über eine Stunde bei Laune.“ Rosalies Mutter drehte sich zu Rosalie um, um sie zu begrüßen. „Erst waren wir bei den Welpen, dann haben wir das Pfauenhaus besucht, und jetzt erhalten wir eine Führung durch die Ställe.“
Amy nickte so begeistert, dass ihre goldenen Locken wippten. Wenn Rosalie den Blick nur wenige Zentimeter heben würde, dann könnte sie Arik in die Augen sehen. Doch das unterließ sie besser. Also starrte sie auf seinen Hals.
„Das war sehr nett von dir …“
„Im Gegenteil, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite. Amy ist ein wunderbares kleines Mädchen.“ Vorsichtig löste er eine Haarsträhne, die sich in einem Knopf seines Hemdes verfangen hatte. Rosalie verfolgte die Bewegung und musste unwillkürlich schlucken, als unerwartete Erinnerungen auf sie einstürmten …
Erinnerungen, wie diese langen, kräftigen Finger mit ihrem Haar gespielt hatten, wie Arik an den Strähnen geschnuppert und dann gesagt hatte, sie röchen nach Sonne und Rosen. Wie er die Finger in ihrem Haar vergraben hatte, um sie an sich zu ziehen, um ihren Kopf nach hinten zu beugen und sie zu küssen. Leidenschaftlich, berauschend, immer und immer wieder.
Rosalie biss sich auf die Lippe, um das provozierende Bild zu verscheuchen, und streckte die Arme nach ihrer Tochter aus. „Es wird Zeit fürs Frühstück, Herzchen. Lass uns zurückgehen.“
„Kommt Arik auch mit?“ Amy ließ sich in die Arme ihrer Mutter fallen.
Rosalie schaute nun doch in sein Gesicht und fragte sich, was er jetzt wohl denken mochte. Doch nichts war in den dunklen Augen zu lesen, sie waren undurchdringlich. Kurz blitzte Wärme darin auf, doch mehr nicht. Nur ein eindringliches Mustern, das ihr bewusst machte, wie nahe
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