101 - Der Unheimliche aus dem Sarkophag
erfaßte ihren Sinn als Trennwand. Die eine Hälfte war nach innen geklappt.
Dort gab es einen weiteren Raum, den er zuvor nicht sehen konnte.
Süßlicher Geruch schlug den drei Menschen
entgegen.
Süß und schwer wie Blut.
Locon gurgelte. Er stürzte förmlich in den
geheimen Experimentierraum hinein. Der Franzose wollte etwas sagen, aber nur
unartikulierte Laute kamen über seine Lippen.
Er taumelte. Alles vor seinen Augen kreiste.
Auch Larry Brent und Morna Ulbrandson, die
einiges gewöhnt waren, drehte sich der Magen um.
Der Glaskasten war zerstört, blutbespritzt
die Wände und Scherben.
„Das - war kein Mensch gewesen!“ Diese Worte
glaubten Larry und Morna aus Locons Mund verstehen zu können.
In der Ecke lag Nafri mit ^zerschmetterten
Gliedern und gräßlich aufgerissenem Körper. In der anderen Ecke, halb vom
Tisch, von Instrumenten und Reagenzgläsern und Gewebeteilen bedeckt - Jean
Mercier!
Sein Anblick war schauerlich.
Der Mörder mußte mit einem großen Messer wie
ein Wahnsinniger um sich gestochen haben.
Merciers Brust war aufgeschlitzt ebenfalls
die Bauchdecke. Man sah die Eingeweide.
Eine Bestie schien hier gehaust zu haben.
„Jean! Nafri!“ Locons Stimme klang
fürchterlich. Die Augen traten ihm aus den Höhlen. Er
drehte sich um seine eigene Achse. Sein Gesicht wurde kreideweiß.
Er griff sich an die Gurgel und schnappte
nach Luft.
Mit stierem Blick starrte er auf seine
Begleiter, schien sie jedoch nicht mehr richtig wahrzunehmen.
„Ich spüre es“, preßte er mit letzter Kraft
hervor. „Hier war Ak-Hom - er war da!“
Dann stürzte er.
Geistesgegenwärtig sprang Larry noch vor und
fing ihn auf, ehe der Mann zwischen die Glasscherben und scharfen Skalpelle
fiel und sich dort verletzte.
„Ak-Hom . .kam es wie ein Hauch über Locons
zitternde Lippen. Der Schweiß strömte in Bächen über sein Gesicht. Wie in einem
Krampf zuckte er, als wehre er sich gegen etwas Unsichtbares, das ihn attackierte.
„Er hat Nafri geholt! Die Schrift erfüllt sich!“
Dann fiel sein Kopf zur Seite.
Seine Glieder wurden schlaff.
●
Sie betteten ihn draußen auf ein Sofa. Morna
kümmerte sich um ihn.
Er atmete kaum. .Sein Pulsschlag war ganz
schwach.
X-RAY-3 rief zuerst den Arzt an. Locon
brauchte Hilfe, so schnell wie möglich. Routiniert und übersichtlich erledigte
Larry, was zu tun war.
Er durchsuchte die ganze Wohnung, während er
auf das Eintreffen der Polizei wartete.
X-RAY-3 hatte Tolbiacs Büro informiert.
Zahllose Fragen stürmten auf den PSA-Agenten
ein.
Wer war Ak-Hom? Wieso hatte er Nafri geholt?
Damit hatte Locon einwandfrei die Mumie gemeint, aus deren vertrocknetem Gewebe
eine Zelle zum Aufbau der Kopie Verwendung fand.
Was wollte ein anderer mit einer Mumie?
Larry interessierte sich für Jean Merciers
Tagebuch und für alle anderen Aufzeichnungen, die sich gerade mit dem
Experiment an Nafri und der viertausend Jahre alten Mumie befaßten.
Er stieß auf interessante Bemerkungen und
vervollständigte das Bild, das er bisher durch Locons Worte erhalten hatte.
Je mehr Einblick er gewann, desto klarer
wurde er sich darüber, daß das Gespräch mit Roger Locon nur eine Sondierung
gewesen sein konnte. Was wußte er über Ak-Hom? In den Aufzeichnungen, die sich
mit der hier verborgen gehaltenen Mumie und deren Ableger beschäftigten, kam
der Name nur ein einziges Mal vor. Danach war dieser Ak-Hom ein abtrünniger
Priester gewesen, der sich mit verbotenen Schriften und Göttern befaßte, die in
der unbekannten Geschichte des ägyptischen Volkes einst eine Rolle spielten und
längst verbannt worden waren, weil man es für gefährlich hielt, sich mit ihnen
abzugeben.
In einer Passage seiner Niederschriften
behauptete Jean Mercier, durch Roger Locon zu wissen, daß Ak-Hom in jener
fernen Zeit in Liebe zu der schönen Pharao-Tochter entbrannt war und durch
einen bösen Zauber ihren Geist und ihre Seele an sich gekettet hatte.
Die Schrift erfüllt sich! An diese Worte des
ohnmächtigen Locon mußte Larry denken .. .
Welche Schrift?
In Merciers Niederschriften fanden sich
Hinweise auf Textstellen in diversen alten Büchern, die der Amerikaner aus dem
Regal heraussuchte und in denen er die entsprechenden Seiten nachschlug. Aber
das, was er zu lesen verstand und nicht durch Hieroglyphen vermerkt war, half
ihm keinen Schritt weiter.
Offenbar gab es noch andere Schriften, die
sich nicht in Merciers Besitz befanden.
Locon war Fachmann für ägyptische
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