1011 - Laurins Totenwelt
gehalten wurde es von einer Hand…
***
Nein, hier oben trieb sich kein Cesare Caprio herum. Hier hatte sich die Hand der Jessica versteckt gehalten. Sie war bewaffnet!
Die Klinge wies mit der Schneide nach unten, als suchte sie bereits ein neues Opfer. Das konnte nur Sheila Conolly sein, jemand anderen gab es in diesem Haus nicht.
Die blonde Frau stand jetzt, aber sie merkte schon das Zittern. Es fiel ihr sogar schwer, sich auf den Beinen zu halten, und sie konnte ihren Blick nicht von dieser verdammten Hand wegdrehen. Gleichzeitig dachte sie daran, daß dieser Jessica Malfi beide Hände abgehackt worden waren.
Aber hier gab es nur eine.
Wo steckte die andere?
Sheila drehte mit hektischen und kurzen Bewegungen den Kopf.
Sie suchte diese zweite Hand, aber das graue Dunkel ließ keine Entdeckung zu. Dafür näherte sich ihr die erste - und natürlich auch das verdammte Mörderbeil.
Die Hände hatten sich diese Waffe geholt, und sie würde auch weiterhin morden.
Wohin? Was war der Ausweg? Sheilas Phantasie produzierte schreckliche Bilder. Sie sah sich bereits mit dem Beil im Kopf zusammenbrechen, aber soweit war es noch nicht. Zwischen ihr und der Waffe existierte noch eine genügend große Distanz.
An Flucht dachte sie kaum. Die Hand war immer schneller. Sie würde sie verfolgen und auch treffen, möglicherweise sogar schlimmer als Bill. AIso blieb ihr nichts anderes übrig, als nach einer anderen Möglichkeit zu suchen, um dem Schicksal zu entwischen.
Wenn das Beil von einer normalen Person gehalten worden wäre, hätte sich alles vereinfacht. Dann hätte sie mit dieser Person auch reden können, so aber wußte sie nicht, wen sie ansprechen konnte, denn eine Hand würde ihr keine Antwort geben.
Hand und Beil bewegten sich zuckend nach rechts und links. Als wollten sie ein Zeichen setzen. Sheila wußte damit nichts anzufangen, sie hätte gern etwas getan, nur war das nicht möglich. Dafür hörte sie das grauenvoll klingende Kratzen in Höhe und in der unmittelbaren Nähe ihrer Füße.
Die Furcht steigerte sich. Sie drückte ihren Körper zusammen.
Das Blut war längst in ihren Kopf gestiegen und hatte ihn gerötet.
Ihren Mund konnte sie nicht mehr schließen. Aus dem Spalt drang der Atem wie ein Zischen. Mit sichtlicher Überwindung senkte Sheila den Kopf.
Nein, sie schrie nicht. Sie sagte gar nichts, obwohl das Bild schaurig genug war, denn über den schmutzigen Boden hinweg kroch die zweite abgeschlagene Hand.
Jeder Finger bewegt sich. Sogar der Daumen wurde bei diesem Heranschleichen eingeknickt, und Sheila hörte jedes Mal ein leises, pochendes Geräusch, wenn eine Fingerkuppe die Holzbohlen berührte. Es war wie ein dumpfer Trommelwirbel, der sich rasch näherte um sie in den Tod zu begleiten.
Sheila war starr geworden. Selbst unter größter Überwindung hätte sie eine Flucht nicht mehr geschafft. Von zwei Klauen bedroht, eine davon mit einem Beil bewaffnet, das war einfach zuviel für sie. Da hatte die Falle zugeschnappt.
Sheila schaute nach oben.
Das Beil war noch da.
Es stand vor und zugleich über ihr. Wie ein Schwert, das nur darauf wartete, nach unten fallen zu können, um ihr den Kopf abzuhacken.
Sie hatte den Blick noch nicht wieder gesenkt, als sie die Berührung an ihrem rechten Fuß spürte.
Zwei Fingerkuppen tippten dagegen.
Sheila schaute hin. Ihre Augen weiteten sich, denn sie konnte es kaum glauben.
Die Hand lag auf dem rechten Fuß, und sie blieb dort nicht liegen, denn sie krabbelte wie eine Riesenspinne an ihrem Bein in die Höhe, wobei die kalten Totenfinger immer wieder Zugriffen, um sich so besser abstemmen zu können.
Sheila tat nichts. Sie versuchte nicht mal, nach der verdammten Hand zu greifen. Sie konzentrierte sich darauf, wie die Finger weiter an ihr hochwanderten und bereits die Nähe des Oberschenkels erreicht hatten, während das Beil noch immer darauf wartete, zuschlagen zu können, falls Sheila sich falsch bewegte.
Diese schreckliche Zeit war der kalte Wahnsinn. Eine verfluchte Folter, der Sheila nicht entwischen konnte. Sie wollte etwas unternehmen. Es konnte einfach nicht so weitergehen. Sie wollte auch nicht sterben.
Die Hand lag jetzt an ihrer Hüfte, und sie hatte sich dort festgeklammert. So hart und deutlich, daß Sheila den Druck jedes einzelnen Fingers spürte.
Über ihr Gesicht rann der Schweiß. Jeder Atemzug war zu einer Qual geworden. Sie wußte nicht, wie man sich aus einer derartigen Lage befreite.
Wäre sie im Besitz einer
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