1037 - Zurück aus dem Jenseits
töten.«
»Was er nicht geschafft hat.«
»Ja.«
»Sie sind Jamina.«
»Wer sonst?«
Ich hob die Schultern. »Pardon, ich bin fremd hier. Sie hätten auch eine Besucherin sein können.«
»Das bin ich nicht. Wer sind Sie?«
»Ich heiße John Sinclair…«
»Ein Ausländer?«
»In der Tat.«
»Was wollen Sie hier?«
Noch gab ich mich locker. »Können Sie sich das nicht denken, Jamina? Ihr Ruhm hat sich sogar bis über den Ärmelkanal herumgesprochen. Man weiß selbst auf der Insel, wer hier unten in der Nähe von Oberstdorf lebt und dabei mit gewissen Kräften und Mächten Kontakt hält, die für den menschlichen Verstand kaum zu fassen und auch nicht begreifbar sind. Deshalb bin ich gekommen, um mit Ihnen zu reden und mich von Ihnen beraten zu lassen.«
Jamina hatte mich bei dieser kurzen Rede nicht unterbrochen.
Auch als ich sie beendet hatte, sagte sie zunächst nichts und schaute mich nur an, wie sie es die ganze Zeit getan hatte. Es herrschte eine gespannte Atmosphäre zwischen uns. Keiner schien bereit zu sein, auch nur um einen Millimeter zurückzuweichen. Sie stand nicht entspannt vor mir, obwohl ihre am Körper herabhängenden Arme darauf hindeuteten. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube dir nicht«, sagte sie.
»Was ist der Grund?«
»Du hast gelogen.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Mit einem verächtlichen Ausdruck um die Mundwinkel herum gab sie mir die Antwort. »So etwas spürt man einfach. Du hast mich hereinlegen wollen. Du bist kein normaler Klient, der nur etwas über seine Zukunft erfahren möchte.«
»Was bin ich dann in Ihren Augen?«
Die Erklärung erfolgte prompt, und ich hörte auch den Haß in ihren Worten mitschwingen. »Du bist ein Feind!«
»Wie er?« fragte ich und deutete dabei auf den Toten.
»Ja, wie er.«
»Wo kam er her? Wer ist er? Warum war er ein Feind? Und wer hat ihn verbrannt?«
»Er war namenlos, aber er wollte mich umbringen. Er will alle umbringen, die Kontakt mit mir gehabt hatten oder mit all den wunderbaren Personen, die das dritte Auge besitzen und demnach mit einem großen Wissen gesegnet sind, das leider noch verschüttet ist. Er hat nicht aus eigenem Interesse gehandelt, obwohl er allein gekommen war. Ich weiß, wer ihn geschickt hat.«
»Dann sind Sie schlauer als ich, Jamina.«
»Jemand steht hinter ihm, der die Psychonauten haßt und demnach auch mich, weil ich den Kontakt zu Marianne aufgenommen habe. Aber er hat es nicht geschafft!« Plötzlich klang ihre Stimme satt und zufrieden. »Nein, er hat es nicht geschafft!«
»Ja, das sehe ich. Nur schließt sich daran die nächste Frage an. Wie starb er? Für mich sieht es aus, als wäre er durch ein Feuer vernichtet worden.«
Jamina lächelte breit. »Du hast recht. Er ist verbrannt. Er kam nicht mehr dazu, mich zu töten.«
»Dann haben also Sie ihn angezündet!« behauptete ich.
»Angezündet? Ich?« Ihre Stimme klang plötzlich hoch und schrill.
»Nein, nie und nimmer. Das hätte ich nicht gekonnt. Es ist Unsinn, was du da sagst. Oder siehst du an ihm verbrannte Kleidung? Das wäre doch dann so gewesen – oder?«
»Ja, es hätte so sein müssen.«
»Aber es ist nicht so gewesen!« hielt sie mir vor. »Auf keinen Fall hat es gestimmt. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, ihn anzuzünden, weil er stärker war als ich.«
»Wie ist er dann verbrannt?«
»Von innen!« flüsterte sie mir zu. »Das Feuer ist von innen in ihm aufgeflammt.«
Ich glaubte es ihr. Meine Erfahrungen sprachen dafür. So etwas gab es, nur glaubte ich nicht, daß Jamina daran mitgewirkt hatte. Da schwebte noch immer wie ein mächtiger Geist der Name der Psychonauten-Hexe durch meine Vorstellungen. »War sie es?« fragte ich.
Jamina wußte genau, wen ich meinte. Trotzdem hakte sie nach.
»Wen meinst du?«
»Marianne!«
Ich hatte den Namen ausgesprochen, da vereiste für einen Moment ihr Gesicht. Meine Antwort hatte Jamina überrascht. Vielleicht hatte sie nicht damit gerechnet, daß ich bereits so gut informiert war. Sie mußte sich mühsam zusammenreißen, um reden zu können. »Wer bist du, Sinclair? Du bist kein normaler Kunde, der nur einen Blick in die Zukunft geworfen haben möchte, das weiß und spüre ich.«
»Kann sein.«
»Du kennst sie?«
»Ich habe von ihr gehört.«
»Und du fürchtest dich nicht?« fragte Jamina lauernd. »Nicht vor ihr? Vor ihrer immensen Kraft?«
»Nein, warum sollte ich?«
»Weil sie auch dich verbrennen wird, Sinclair. Wer nicht ihr oder mein Freund
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