1041 - Das Orakel
nicht wagen, euer Leben zu gefährden."
Faddon war davon nicht überzeugt. Er schaute sich um und überlegte, ob er nicht die Flucht ergreifen sollte. Das Gestänge am Fußende der Antigravtrage war mit einem Schlag so kalt geworden, daß Faddon dachte, seine Hände würden daran kleben bleiben.
Seltsamerweise erschien der Reif ausschließlich auf Gegenständen aus Metall, und die Luft schien sofort wieder die normale Temperatur anzunehmen.
Faddon strich mit der Hand über die Reifpartikel. Sie knisterten leise, als sie zu Boden bröckelte.
Zwischen dem Ai und dem Vogelwesen, die nach Faddons Ansicht für die Entwicklung verantwortlich waren, tauchte nun ein Krane auf. Er hatte nur ein Auge und einen seltsam gelockten Pelz. „Das ist Gruduff", ächzte Gu. „Ich kenne ihn von einer der vergangenen Lugosiaden."
Der Einäugige trat einen Schritt in den Raum. „Vorläufig", erklärte er kategorisch, „darf keiner von euch zum Orakel."
„Warum hindert ihr uns daran?" bellte Carnuum ihn an. „Es ist zu gefährlich", versetzte Gruduff. „Die Spezialtruppe stellt sich also gegen das Orakel!"
„Bestimmt nicht, Herzog Carnuum. Wir sind keine Verräter wie du."
Carnuum stieß einen unartikulierten Schrei aus und stürmte mit erhobenen Fäusten auf den Einäugigen zu. Zwischen ihm und Gruduff entstanden wie aus dem Nichts kopfgroße schimmernde Blasen. Carnuum stieß gegen eine und geriet ins Taumeln. Das Gebilde klebte wie festgeschweißt an seiner Brust. Er zerrte verzweifelt mit beiden Händen daran, konnte es aber nicht losreißen. „Das gehört zu Gruduffs Tricks!" erklärte Gu. „Damals, als er eine Lugosiade gewann, schuf er eine Blase von der Größe eines Hauses und fing damit einen abstürzenden Gleiter auf."
„Aber wie macht er das?" fragte Scoutie. „Er komprimiert bestimmte Bestandteile der Atmosphäre", versuchte Gu zu erklären. „Auf diese Weise bildet er regelrechte Puffer."
„Allein mit den Kräften seines Geistes?" fragte Faddon ungläubig. „Es hat den Anschein", nickte der verletzte Herzog. „Auf jeden Fall habe ich ihn noch nie mit Maschinen hantieren sehen."
Carnuum kam langsam zu den anderen zurück. Sein weißer Pelz war gesträubt. Er hockte sich neben Gu auf den Boden. Die Blasen in der Luft zerplatzten mit knallenden Geräuschen, auch jene, die sich an der Brust des Herzogs festgesetzt hatte. Carnuum betastete die frei gewordene Stelle, aber er konnte keinerlei Rückstände entdecken. „Wir wollen euch nicht erschrecken oder gar verletzen", verkündete der einäugige Krane. „Es kommt uns nur darauf an, uns ein genaues Bild von der Lage zu machen. Sobald wir Klarheit über alles gewonnen haben, schicken wir euch weg oder lassen euch zum Orakel."
„Sie halten euch gegen meinen Willen auf!" schrie das Orakel dazwischen.
Faddon fiel auf, wie unbeteiligt Konuk und die beiden anderen Orakeldiener wirkten. Ihnen schien der Zwischenfall eher willkommen zu sein, denn sie waren offensichtlich nicht damit einverstanden, daß das Orakel die beiden Herzöge und die Betschiden empfing. Dafür mußte es einen besonderen Grund geben.
Die Lage innerhalb des Wasserpalasts war also nicht weniger verworren als in der Stadt selbst. „Sollen wir versuchen, uns durchzuschlagen?" fragte Scoutie leise. „Wir kämen nicht weit", befürchtete Faddon. „Am besten, wir warten ab. Das Orakel kann jederzeit Verbindung mit uns aufnehmen, zumindest daran können sie es nicht hindern. Es wird uns sagen, was wir zu tun haben."
„Es ist alles meine Schuld", flüsterte Mallagan verzweifelt. „Unsinn", sagte Faddon. „Fang nicht an, dir den Kopf zu zerbrechen, Surfo. Wir werden dich auf jeden Fall zum Orakel bringen - und es wird dir helfen."
Ein Prodheimer-Fenke betrat den Raum. „Das ist Gugmerlat", sagte Gruduff. „Er wird sich um euch kümmern."
7.
Die Abordnung bestand aus drei Mitgliedern des technischen Personals, zwei Frauen und einem Mann, die von den anderen als Sprecher gewählt worden waren. Daran, daß sie ihn allein zu sprechen wünschten, glaubte Tanwalzen erkennen zu können, daß ihr Anliegen gegen die herzoglichen Raumfahrer gerichtet war. Einem ersten Impuls folgend, hätte er ein Gespräch fast abgelehnt, doch dann sagte er sich, daß es besser war, die drei Solaner anzuhören.
Er fühlte Tomasons skeptische Blicke auf sich ruhen, als er die drei Besucher in einen abgeschlossenen Raum neben der Zentrale führte, um mit ihnen zu verhandeln.
Die beiden Frauen
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