1045 - Zombie-Eulen
er seine Arme heftig bewegte und dabei den Eulenkörper loswerden wollte.
Er schaffte es schließlich, als er sich einmal drehte und dabei die Fliehkraft ausnutzte. Der Eulenkörper rutschte an seinem blanken Pfahl entlang nach vorn, erreichte die Spitze, löste sich dort und flog wie weggeworfen zu Boden.
Dort blieb er liegen. Das Tier war noch nicht vernichtet. Marek trat nahe heran, schaute zu, wie die Flügel um sich schlugen. Trotz der Dunkelheit sah er im Körper dieser Kreatur die große Wunde, die mehr an ein finsteres Loch erinnerte.
Er hob sein rechtes Bein an und trat zu. Hart wuchtete er den Absatz gegen den Vogelkörper und freute sich, als durch die Wucht des Tritts Knochen brachen. Das knirschende Geräusch klang wie Musik in seinen Ohren.
Der letzte Tritt zerschmetterte den Schädel der Kreatur. Marek schaute dabei sehr genau nach, wie das Gesicht ineinanderfiel und dann die Reste zurückblieben.
Nichts bewegte sich mehr. Federn hatten sich gelöst und trieben durch die Luft.
Frantisek Marek ging so weit zurück, bis er sich gegen die Wand des Anbaus lehnen konnte. Er brauchte eine Atempause, um sich erholen zu können. Tief einatmen, die Luft wieder auspusten und daran denken, daß er gesiegt hatte.
Frantisek hielt den Pfahl so, daß er ihn anschauen konnte. Dabei zeigte die Spitze nach oben. Für Marek war sie wie das Zeichen des Sieges. Das Gute oder der Mensch hatte wieder einmal über das Böse triumphiert. Dies zu wissen, tat ihm gut.
Nur gehörte Frantisek nicht zu den Phantasten. Er wußte sehr gut, daß er nur einen Teilerfolg errungen hatte, denn die große Schlacht stand ihm noch bevor.
Diese eine Eule war mehr eine Vorhut gewesen. Sie hatte nicht einmal versucht, in das Haus zu gelangen. Sie war auch nicht an den Fenstern vorbeigeflogen. Zumindest hatte Marek nichts bemerkt. Er stufte diese Kreatur als Vorhut ein. Jemand, der die Lage erst noch sondieren mußte, um den eigentlichen Angriff vorzubereiten. Und der würde bestimmt nicht nur von einer Eule durchgeführt werden, davon ging der Pfähler ebenfalls aus. Da würden sie aus ihren Verstecken kommen wie die Ratten aus den Kanälen, und es würde alles andere als einfach sein, sie zu stoppen.
Bevor er das Haus wieder betrat, drehte er noch einmal seine Runde, denn sicher war sicher.
Er fand nichts Verdächtiges. Er sah auch keine schnellen Schatten durch die Luft huschen. Nur einmal das Licht eines Scheinwerfers, als durch Petrila ein Lastwagen fuhr.
Im Haus warteten eine junge Frau und ein Baby auf ihn. Frantisek Marek war zwar nicht deren Vater, in diesem Fall jedoch konnte er schon so etwas wie väterliche oder großväterliche Gefühle für sie empfinden. Sie wußten nicht, wohin sie gehen sollten. In ihren Familien hatte man ihnen die Unterstützung verweigert. Möglicherweise wußten die Menschen auch Bescheid, daß Kreaturen unterwegs waren, um kleine Kinder zu rauben. Sie wollten nicht in Gefahr geraten, von diesen Bestien ebenfalls attackiert zu werden. Auch wenn es schon unmenschlich war, für manche war es dann besser, wenn die Kleinkinder verstoßen wurden, natürlich mit ihren Müttern. So dachte Marek, aber es war beileibe nicht sein Denken. Er konnte sich nicht darin hineinversetzen, denn er war bereit, den Kampf an- und aufzunehmen.
Vor der Eingangstür blieb er stehen. Er schaute nicht zum Haus hin, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Sie lag im Dunkeln wie mit schwarzer Farbe überpinselt. Eine normale Welt und trotzdem anders, als hielte sie das Böse versteckt.
Frantisek wollte seinen Besuch nicht erschrecken. Deshalb klopfte er zuvor an. Dann öffnete er die Tür und betrat sein Haus. Sehr nachdenklich, denn er wußte noch nicht, was er der jungen Mara Laurescu erzählen sollte…
***
Sie saß noch immer an der gleichen Stelle. Ihr dunkelblaues Kleid hatte sie wieder zugeknöpft und schaute ihn mit sehr ernsten Augen an, als er die Tür schloß.
Der Pfähler versuchte es mit einem Lächeln und einer lockeren Frage. »Na, was ist denn mit deiner Kleinen?«
»Jana hat getrunken und ist satt.«
»Das ist sehr gut.« Frantisek nahm wieder auf seinem alten Stuhl Platz. »Wo ist sie jetzt?«
»Ich habe sie hingelegt.«
»Aber nicht hier?«
»Nein, sie liegt im Nebenzimmer, in deinem Bett.«
Er lachte. »Nein, das ist nicht mein Bett. Nur eine Liege. Zumeist schlafe ich hier auf dem Sofa.« Er deutete zum Kamin hin, in dessen Höhe es stand. Danach stand er auf, weil ihm etwas eingefallen war.
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