105 - Trank des Verderbens
nur halb. Esther trat neben die Frau und blickte gespannt in den Raum.
Dave befand sich im Gitterbett. Soeben warf er sämtliche Spielsachen auf den Boden, aber dort blieben sie nur so lange liegen, wie es Dave wollte.
Danach schwebten sie hoch und kehrten ins Gitterbett zurück. Esther Suzman fuhr sich bestürzt an die Lippen. Das war Zauberei!
»O mein Gott!« entfuhr es der jungen Mutter.
Dave bemerkte, daß er beobachtet wurde. Er drehte sich um und schaute zur Tür, und seine Augen waren feuerrot!
***
Ich begab mich in eine Cafeteria, trank eine heiße Schokolade und rief anschließend Tucker Peckinpah an. Ich erreichte ihn zu Hause. »Haben Sie schon mal von der Rocca Fondation gehört?« fragte ich ihn.
»Nein, aber das läßt sich ändern«, antwortete der Industrielle. »Warum fragen Sie?«
»Weil Lord Hugh Greenaways Vermögen dorthin abwandern wird. Diese Idee kam ihm allerdings erst vor ein paar Monaten.«
»Sie meinen, daran könnte irgend etwas faul sein?«
»Sie nicht?«
»Ich kümmere mich darum«, versprach Peckinpah. »Hat sich Ihr Besuch bei Neil Higgins sonst noch wie gelohnt?«
»Nein, Partner. Damit hatte es sich.«
»Dann werde ich Sie mit einer unangenehmen Neuigkeit überraschen«, sagte der Industrielle. »Sagt Ihnen der Name Randolph Anderson etwas?«
»Ein bißchen schwieriger dürfen die Fragen schon sein«, gab ich zurück. »Soll ich Ihnen vier Hits aus seinen Musicals vorsingen? Anderson ist ein Genie, auf das wir Briten mit Recht stolz sein können.«
»Konnten!« verbesserte mich der Industrielle.
»Was soll das heißen? Wollen Sie damit etwa sagen, daß er nicht mehr lebt? Er hat doch eben erst eine erfolgreiche Amerikatournee hinter sich gebracht. Ich sah ihn via Satellit. Der Mann sah topfit aus.«
»Es muß zwischen Ihnen, Lord Greenaway und ihm einen Zusammenhang geben, Tony. Randolph Anderson drehte urplötzlich durch - so wie Sie und Lord Greenaway. Die Journalisten empfingen ihm im VIP-Raum des Heathrow Airports. Zunächst war er völlig normal - und plötzlich schnappte er über. Er floh in panischer Angst, rannte hinaus auf die Pisten und geriet unter einen soeben landenden Jumbo-Jet.«
Verdammt, was für ein teuflisches Spiel läuft da? fragte ich mich wütend.
»Wollen Sie sich das ansehen?« fragte Tucker Peckinpah.
»Von Wollen kann keine Rede sein. Ich werde müssen«, gab ich zurück.
»Man hat das grausige Geschehen mit TV-Kameras eingefangen«, sagte der Industrielle. »Ich werde dafür sorgen, daß man Ihnen das Band vorspielt. Wir treffen uns vor dem Gebäude der BBC.«
»Okay. Wann?«
»Ich schaff's in fünfzehn Minuten.«
»Ich auch«, sagte ich und hängte ein.
***
Wir betraten das BBC-Gebäude, fuhren mit dem Lift zur Chefetage hoch und gelangten wenig später in das Büro eines Mannes, dem man den Manager schon von weitem ansah.
Er war gut gekleidet, hatte dichtes, weißes Haar und ein weltmännisches Auftreten. Peckinpah kannte ihn gut. Sie schüttelten einander die Hände, wechselten ein paar private Worte, und dann stellte Peckinpah Cruv und mich vor.
»Wenn Sie möchten, können wir gleich in den Vorführraum gehen«, sagte der weißhaarige Manager.
Im Vorführraum sahen wir dann auf einem großen Monitor das ungeschnittene Band. Zuerst war Randolph Anderson locker und gelöst. Er beantwortete die Fragen der Journalisten, wirkte völlig normal, aber dann fiel mir auf, daß er einen der Reporter eigenartig ansah.
»Genauso haben Sie Harold Fraser angesehen, Tony«, sagte Tucker Peckinpah erregt.
Anderson war nicht mehr konzentriert. Er kam mir geistesabwesend vor, wurde nervös, rief nach seinem Sekretär.
»Dieser Mann, den er so verstört anstarrt…«, sagte ich. »Läßt sich in Erfahrung bringen, wer das ist?«
»Das ist Chuck Attenborough«, antwortete der Manager. »Er gehört unserem Reporterstab seit vielen Jahren an.«
»Ich möchte mit ihm reden, läßt sich das machen?« fragte ich.
Der BBC-Manager nickte. »Selbstverständlich. Attenborough ist im Haus.« Er griff zum Telefon und wählte eine dreistellige Nummer. Als er auflegte, war Attenborough unterwegs.
Inzwischen lief das Band weiter. Randolph Anderson wurde hysterisch. Er stieß seinen Sekretär zur Seite und floh aus dem VIP-Raum. Die TV-Kameras blieben auf ihn gerichtet. Wie ein Wahnsinniger rannte er davon - und in sein Verderben.
Als sich der Jumbo-Jet wie ein gewaltiger Raubvogel auf den Mann stürzte, hielt ich unwillkürlich den Atem an. Der
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