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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schlüssel herausgeben wird. Sie wartet noch immer darauf, daß der Pfarrer wiederkommt. Sie will einfach nicht glauben, daß er tot ist. Das akzeptiert sie nicht.«
    »Ich bin Polizist, Mr. Pinter, und denke deshalb, daß sie mir den Schlüssel aushändigen wird.«
    »Kommen Sie mit?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mr. Sinclair, ich möchte noch hier auf der Bank sitzenbleiben. Ich… ich … verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich möchte auf meine Art und Weise von Mary Abschied nehmen. Das werden Sie doch begreifen.«
    »Und ob, Mr. Pinter. Ich habe auch auf meine Art und Weise von meinen kürzlich verstorbenen Eltern Abschied genommen. Dann werde ich mir zunächst die Kirche anschauen.«
    »Was wollen Sie dort?«
    »Haben Sie nicht davon gesprochen, daß es dort einen Platz gibt, auf dem die feinstoffliche Gestalt gesessen hat?«
    »Ja, den Klotz.«
    »Eben, Mr. Pinter. Ich möchte mir von der Kirche ein Bild machen, das ist alles.«
    »Gut, dann warte ich hier.«
    Ich ließ ihn allein. Es gefiel mir nicht besonders, denn dieses Umfeld gehörte einem schrecklichen Mörder. Es war gut vorstellbar, daß er an den Tatort zurückkehrte und einen wehrlosen Doug Pinter vorfand.
    Ich ließ mir Zeit und schaute mich um. Es war zwar kaum möglich, aber ich rechnete mit einem Angriff des Mörders. Irgendwie wünschte ich ihn mir auch, doch das passierte nicht.
    Zur Kirche war es nicht weit. Jenseits des Eingangs gab es einen plattierten Weg, der auf die Kirchentür zuführte. Das Gotteshaus war auch nicht groß. Es glich mehr einer Kapelle. Die hellen Mauern hatten den Widrigkeiten der Zeit Tribut zollen müssen. Sie waren grauer geworden, und auf ihnen lag ein grünlicher Schimmer.
    Die Tür war nicht verschlossen und nicht abgeschlossen. Ich zog sie auf. Dabei dachte ich daran, wie oft ich schon in Kirchen gegangen war, um dort Unheil abzuhalten oder zu vernichten. Für mich war es jedes Mal immer wieder neu, wie auch der leichte Schauer, der mich stets überkommt, wenn ich ein Gotteshaus betrete.
    Hier war es nicht anders. Es mochte auch an der Kühle liegen und an dem bestimmten Geruch, der mir entgegenwehte.
    Der Duft nach Kerzen, nach Blumen, nach Holz und nach dem Atem der Wände.
    Es gab keinen Mittelgang. Die Bänke standen in einer Reihe und hörten vor dem Altar auf. Obwohl der Pfarrer schon einige Zeit verschwunden war, wirkte die Kirche nicht vernachlässigt. Der Boden gab einen dunklen Glanz ab, auf dem sich das graue, durch die relativ kleinen Fenster sickernde Tageslicht fing.
    Ein schlichter Altar. Wirklich ein Gabentisch, auf dem verloren ein Kreuz und eine Kerze standen. Das Ewige Licht war im Halbdunkel wie ein roter Punkt zu sehen.
    Ich hörte nur die eigenen Schritte, als ich mich dem Altar näherte.
    Ich wollte mir einen Eindruck verschaffen, nicht mehr. Denn ich bezweifelte, einen Erfolg zu erreichen. Es war allerdings eine Umgebung, in der sich dieser Scharfrichter durchaus aufhalten konnte, wenn auch nicht am Altar.
    Seinen ehemaligen Platz hatte ich bereits beim Eintreten gesehen.
    Ein Blick nach rechts hatte ausgereicht. Da stand tatsächlich dicht vor der Wand dieser Steinklotz oder Quader, auf dem der Scharfrichter, wenn es ihm erlaubt war, einen Gottesdienst zu besuchen, seinen Platz gefunden hatte. Er war jetzt natürlich leer. Ich konnte mir schon vorstellen, wie sehr sich die Menschen erschreckt hatten, als sie diesen ungewöhnlichen Besucher entdeckt hatten. Ich wünschte mir, daß auch ich ihn sehen würde. Schließlich war ich sein Feind und mußte damit rechnen, daß auch er wußte, wer ihn da suchte.
    An der vordersten Bank wandte ich mich nach links und passierte den Altar. An der anderen Seite wollte ich wieder zurück zum Ausgang gehen und dann versuchen, die alten Kirchenbücher zu finden.
    Ich ging jetzt schneller. Es gab nichts mehr zu entdecken für mich. Außerdem wollte ich den trauernden Doug Pinter nicht zu lange allein auf dem Friedhof lassen.
    Es passierte nichts. Ich war und blieb allein, bis ich die letzte Bankreihe erreicht hatte. Warum die Veränderung eintrat, wußte ich nicht. Möglicherweise hatte ich durch mein Erscheinen eine gewisse Unruhe gebracht, und deshalb waren gewisse Dinge plötzlich auf den Kopf gestellt.
    Ich war nicht mehr allein.
    Jemand hatte die Kirche betreten. Lautlos, oder er hatte sich materialisiert. Ich brauchte nur nach vorn zu schauen, um ihn zu sehen, denn auf dem Stein hatte der Scharfrichter seinen Platz eingenommen…
    ***
    Zwar

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