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1060 - Die Mystikerin

1060 - Die Mystikerin

Titel: 1060 - Die Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bekam den Mund nicht mehr zu. Die Gestalt verdichtete sich von Sekunde zu Sekunde. Er sah, daß sie eine dunkle Kutte oder ein Kleid trug.
    Hinzu kamen das fahle Gesicht und die weißen, wie mit Mondlicht gefüllten Augen.
    Der Chief Inspector wußte, daß hinter Ginny die Mörderin des Zuhälters Rocco stand…
    ***
    Er war ein alter Fuchs, ein Stratege, ein knallharter Profi. So leicht ließ er sich nicht aus dem Rennen werfen. An diesem Tag war alles anders. Da verschlug es selbst einem Mann wie Tanner die Sprache.
    Er spürte die kalte Haut auf seinem Rücken und zugleich die Hitze auf den Wangen, die dort rote Flecken hinterließ. Den Mund bekam er nicht mehr zu. Dabei wunderte sich Tanner noch über sich selbst, denn eigentlich hätte er so etwas wie Furcht vor diesem irrationalen Vorgang verspüren müssen. Doch das war bei ihm nicht der Fall.
    Bei ihm überwog einfach die Neugierde. Gleichzeitig hatte er die Bestätigung erhalten, daß Ginny nicht gelogen und sich auch nichts eingebildet hatte.
    Er mußte dieses Bild erst einmal in sich aufnehmen. Die geheimnisvolle Geisterfrau war lautlos gekommen. Nichts hatte sie angekündigt. Nun stand sie hinter Ginnys Stuhl wie eine Wächterin, die jedes Unheil von ihr abhalten sollte.
    Die Kälte im Büro war geblieben. Sie umspannte den Körper des Chief Inspectors wie ein kühler, unsichtbarer Nebel, der keine Stelle ausließ.
    Er kam erst wieder richtig zu sich, als er den Atem ausgestoßen hatte. Da verschwand auch die Gänsehaut, denn nun hatte ihn die Wirklichkeit zurück.
    Was tun? Aufstehen? Versuchen, mit ihr zu reden?
    Ihm schossen einige Ideen durch den Kopf, doch keine von ihnen fand er so gut, um sie in die Tat umzusetzen.
    Deshalb blieb er sitzen, den Blick weiterhin über seinen Schreibtisch hinweg gerichtet. Er fixierte Ginny und auch die unheimliche Person hinter ihr.
    Tanner dachte nicht daran, eine Waffe zu ziehen. Er wollte keine Eskalation und ausschließlich sein Wissen erweitern. Dabei konnte ihm nur die Erscheinung helfen.
    Ginny hatte sie als Mystikerin bezeichnet, und mystisch kam sie ihm in der Tat vor. Nach unten hin löste sich der Körper auf. Da schwamm er einfach weg, während der Oberkörper und vor allem das Gesicht deutlicher hervortraten.
    Durch die helle und gleichzeitig fahlgraue Haut sah es mehr aus wie eine Maske, in die in Augenhöhe zwei Löcher eingelassen worden waren. Die Nase und der Mund waren vorhanden. Mehr sah er nicht von ihrem Kopf, weil die Person eine Kapuze darüber gestülpt hatte.
    Die Hände hatte Hildegarda auf Ginnys Schultern gelegt. Sie sahen dabei so aus, als wären sie mit ihnen verwachsen.
    Tanner schüttelte den Kopf. Auf seiner Stirn sammelte sich Schweiß. Obwohl er nichts tat, spürte er sehr deutlich den Streß, der ihn in seinen Fängen hielt.
    Am besten wird es sein, wenn ich versuche, sie anzusprechen, dachte er. Das hatte er auch wirklich vor. Er suchte nach den richtigen Worten, da er nichts falsch machen wollte, aber die Erscheinung war schneller. Sie sprach ihn an.
    »Ginny ist keine Mörderin, Mr. Tanner.«
    Er wunderte sich nicht, daß sie seinen Namen kannte, sondern nickte. »Das weiß ich.«
    »Ich habe Rocco getötet.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Ich will dir auch den Grund sagen«, erklärte sie mit ihrer fistelnden und leicht zischenden Stimme. »Ich möchte sie bei mir haben. Sie und auch andere. Sie sind zu wertvoll, um sie dem Schmutz dieser Welt zu überlassen. Deshalb habe ich sie auch beschützt und ihr erklärt, daß sie sich nicht zu fürchten braucht. Sie gehört jetzt zu mir. Sie ist meine Gefährtin geworden, und deshalb mag ich sie so. Ich werde sie nicht mehr loslassen, und wie wird auf dieser Welt ein völlig neues Glück erleben. Ich habe eine Aufgabe von einer großen, sehr weisen Frau des Mittelalters übernommen. Ich möchte die Welt etwas besser machen, deshalb bin ich hier.«
    Tanner kam da nicht mit. »Auch durch Mord?« flüsterte er.
    »Ja, auch durch Mord. Wenn es nicht anders geht, müssen Ungerechte sterben.«
    »Nein, das ist nicht meine Moral.«
    »Ich weiß es. Ich habe dich beobachtet. Du bist Polizist. Du hast deine Regeln und Vorschriften, an die du gebunden bist. Das ist für deine Welt völlig richtig. Aber du bist anders als viele deiner Kollegen. Du hast Ginny geglaubt. Für dich ist sie keine Mörderin gewesen, und das rechne ich dir hoch an. Deshalb werde ich dich auch in Ruhe lassen. Ich bin nur gekommen, um Ginny mitzunehmen.«
    Tanner fragte

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