1061 - Die Macht der Rhein-Sirenen
hingestellt, sorgfältig verpackt in Säcke.
Zwei Hunde bellten unseren Wagen an. Eine ältere Frau stellte ihren Wäschekorb ab und schützte ihre Augen mit der flachen Hand vor dem Sonnenlicht, um uns entgegegenzuschauen.
Wir fuhren auf das Haus zu und hielten vor den Stufen einer schmutzigen Treppe.
Dann stiegen wir aus.
»Da wohnt keiner mehr!« rief die Frau mit der Wäsche. »Und das schon ziemlich lange.«
Harry Stahl drehte sich zu ihr um. »Das wissen wir. Trotzdem müssen wir hinein.«
Das war der Frau wohl suspekt. Sie kam näher und beobachtete uns prüfend. Dabei ließ sie ihre. Hand sinken, denn sie ging auch in den Schatten hinein. »Kenne ich Sie nicht?« Damit war Harry gemeint. »Sie waren doch schon mal hier - oder?«
»Ja, es ist noch nicht lange her.«
»Da wollten Sie auch was über Frau Klose wissen.«
»Genau. Und Sie erzählten mir, daß sie in eine Klinik überführt worden ist. Ich habe sie übrigens besucht.«
»Ach ja? Wie geht es ihr denn?«
»Relativ gut.«
»Kann sie geheilt werden? Die war ja nicht mehr richtig in der Welt. Wir alle hier haben sie für eine Spinnerin gehalten. Ehrlich, die… die … hielt sich für was Besonderes. Für eine Prophetin oder so.«
»Es hat sich einigermaßen gebessert.«
»Schön für sie. Kommt sie denn zurück?«
»So schnell nicht.«
Die Frau schwieg. Sie trug einen bunten Kittel, an dem sie jetzt ihre Hände abwischte. »Da gefällt mir einiges nicht, Herr…«
»Stahl, Harry Stahl.«
»Gut, Herr Stahl. Also ich will Ihnen sagen, daß ich nicht damit einverstanden bin.«
»Womit?«
Sie war etwas verlegen. »Na ja, ich habe gehört, was Sie gesagt haben. Nur kann ich es nicht glauben.«
»Warum nicht?«
»Weil sie schon hiergewesen ist.«
»Ach.«
»Ja, ja, man hat sie hier gesehen. In ihrem Haus. Durch die Fenster. Man hat auch ihre Stimme gehört. Das ist richtig unheimlich gewesen. Mitten in der Nacht. Sie muß heimlich hergekommen sein und ebenso heimlich ihr Haus betreten haben.«
»Haben Sie sie auch gesehen, Frau…«
»Hielscher heiße ich. Nein, ich nicht. Andere haben sie gehört und hinter den Fenstern gesehen. Ist ja leicht. Gibt keine Gardinen mehr.«
»Was hat sie denn in ihrem Haus getan?«
»Das wissen wir nicht. Es hat sich auch niemand getraut, mit ihr zu sprechen.«
»Ist sie am Tage auch gekommen? Oder nur in der Nacht?«
»Immer in der Dunkelheit, Herr Stahl.«
»Danke.«
»Was wollen Sie jetzt hier?«
»Nur hinein.« Er lächelte. »Keine Angst, wir sind schließlich keine Diebe.« Harry holte eine Dienstmarke aus der Tasche, die sehr offiziell aussah. »Ich gehöre zur deutschen Polizei, und wir müssen einige Untersuchungen durchführen.«
»Was hat sie denn getan?« Frau Hielscher war plötzlich aufgeregt.
Ihre Wangen glühten.
Harry legte einen Finger auf die Lippen. Er schaute die Frau für einen Moment scharf an und sagte mit leiser Stimme: »Geheimsache, Frau Hielscher - noch. Aber wenn wir den Fall gelöst haben, sind Sie und Ihre Nachbarn die ersten, die wir aufklären. Ist das in Ordnung?«
Sie nickte heftig. »Ja, das ist schon gut so. Aber ist Frau Klose denn eine Verbrecherin?«
»Das weiß man bei Menschen ja nie genau. Deshalb müssen wir uns auch umschauen.«
»Verstehe, verstehe.«
»Gut, Frau Hielscher. Danke für Ihre Hilfe.«
Das Lob ließ sie erröten. »Na ja, man macht schließlich, was man der Polizei als Staatsbürger schuldig ist.«
Harry nickte. »Sehr gut, Frau Hielscher, wirklich sehr, sehr gut. Wenn nur alle so denken würden.«
Ich hatte innerlich gegrinst. Frauen wie diese Hielscher gab es überall auf der Welt. Es würde sie auch immer geben, denn derartige Personen starben nie aus.
Wir gingen auf die krumme Steintreppe zu. Harry verdrehte die Augen. »Ich freue mich immer, wenn ich eine so nette Unterhaltung habe. Das ist die Würze des Lebens.«
»Sag mal, welche Marke hast du ihr denn gezeigt? Das ist kein Ausweis gewesen.«
»Nein, sah aber gut aus.«
»Das kann ich nicht abstreiten.«
Drei ausgetretene Stufen führten hoch zur Haustür, vor der wir stehenblieben. Sie war seit einiger Zeit nicht mehr gesäubert worden. So klebte der Dreck an der Außenseite, unter dem selbst die Maserung des Holzes verschwunden war. Es war ein Schloß und auch eine Klinke vorhanden.
Harry probierte aus, ob die Haustür abgeschlossen war. Er drückte die Klinke hinab, verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Die klemmt nur, John, abgeschlossen ist
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