1074 - Das Templerkreuz
nichts Genaues, wirklich nicht. John befürchtete nur, daß dieses Templerkreuz in die falschen Hände geraten könnte.«
»In welche denn?«
»Ja… hm… auch in die Hände von Templern, wenn ich das richtig verstanden habe.«
»Dann könnte ja alles okay sein, nicht?«
Der Reporter schaute zu Boden. »Ja, könnte, ist es aber nicht, denn diese Templer - nun ja, du weißt selbst, daß es zwei verschiedene Gruppen gibt.«
»Ja«, sagte Sheila gedehnt, »davon habe ich mal gehört. Und die zweite Gruppe ist nicht eben das, über was man sich freuen kann.«
»Stimmt. Es geht um die Baphomet-Gruppe.«
Bill hatte leise gesprochen. Wie jemand, der ein schlechtes Gewissen hat.
Für einen Moment schloß Sheila die Augen. Sie sprach erst wieder, als sie Bill anschaute. »Ich habe es mir gedacht, Bill. Ja, ich dachte es mir. Es konnte ja nicht anderes sein. Wenn John anruft, gibt es immer Ärger. Jetzt stehen wir mit beiden Beinen wieder in der… na ja, fast hätte ich etwas gesagt.«
»Was ist denn schon passiert?«
»Genug. Man hat das Kreuz gestohlen, und der Küster ist auch nicht hier. Wer weiß, was mit ihm passiert ist.«
»Jetzt übertreibst du aber.«
»Nein, ich übertreibe nicht, denn ich habe in den Jahren meine Erfahrungen sammeln können.«
Bill sah die Dinge viel lockerer, nur wollte er das Sheila nicht sagen. Er wußte selbst, wie gern sie ein normales Leben führen wollte, was bei ihnen nicht möglich war. Zu dicht war der Kontakt zu John Sinclair, und zu stark waren sie auch persönlich in der Vergangenheit betroffen gewesen.
»Es ist nun mal geschehen, Sheila, und ich kann nichts daran ändern.«
»Was machen wir jetzt?«
»Wir ziehen uns zurück, nachdem wir die Klinke von unseren Fingerabdrücken gereinigt haben. Mehr weiß ich auch nicht. Dann müssen wir John abholen. Er wird sich wundern.«
Sheila gab kein Antwort. Bill wunderte sich über ihr Verhalten, denn sie blieb nicht stehen, sondern ging an ihm und am offenen Tresor vorbei.
»Wo willst du denn hin?«
Sie gab keine Antwort. Dafür steuerte sie eine Nische an, deren Rückseite eine Tür bildete. Es gab noch eine zweite Tür. Die allerdings war breiter und führte sicherlich in die Kirche hinein.
Sheila interessierte sich für die schmalere. In die Nische paßte sie soeben hinein. Bevor sie die Klinke drückte, bedeckte sie das Metall mit einem Taschentuch, um keine Abdrücke zu hinterlassen.
Von häßlich klingenden Geräuschen begleitet, ließ sich die Tür aufschieben.
Bill war ebenfalls neugierig geworden und dicht hinter Sheila getreten. »Der Turm, Bill. Erinnerst du dich, was die alte Frau in der Kirche gesagt hat?«
»Klar.«
Sie blickten nicht in eine absolute Finsternis hinein. Von irgendwoher sickerte Licht in das Innere des Turms, der aus dicken Mauern bestand. Das Licht kam von oben und von den Seiten. Helle Bahnen, von winzigen Staubteilchen durchweht. Die Helligkeit verlor sich sehr bald auf dem alten Holz der Treppe.
Es roch nach Staub, Schmutz und auch wieder nach Mauerwerk. Am Ende der Treppe würden sie die Glocken erreichen.
Sheila hatte eine Gänsehaut bekommen. Sie flüsterte: »Ich habe das Gefühl, daß wir hier nicht allein sind.«
»Hörst du denn was?«
»Nein.«
»Wie kommst du dann darauf?«
»Weiß nicht genau. Vielleicht rieche ich, daß sich hier ein Mensch herbewegt hat. Kann auch ein Irrtum sein, aber geheuer ist mir der Turm nicht. Oder willst du vielleicht hoch?«
»Um Himmels willen, nein.«
»Was tun wir dann?«
»Wir ziehen uns zurück.«
»Endlich denkst du mal vernünftig. Ich habe keine Lust, hier die Heldin zu spielen.«
»Dann komm.«
Sheila warf noch einen letzten Blick in das Turminnere und schauderte dabei zusammen. Sie traute dieser- normalen Dunkelheit nicht. Sie war so dicht, so anders, zwar still, aber sie kam ihr vor wie eine Mauer, hinter der sich ein großer Schrecken verbarg.
Bill war die Blässe seiner Frau aufgefallen. »Was hast du?« fragte er.
»Weiß ich nicht. Kann ich dir konkret nicht sagen. Ich habe nur das Gefühl, daß etwas passiert.«
»Und was?«
»Wir sind hier nicht raus. Noch nicht…«
Er lächelte. Zwangsläufig, denn wohl war ihm bei der ganzen Sache auch nicht. Nie und nimmer hätte Bill damit gerechnet, daß dieses wertvolle Kreuz gestohlen sein könnte. Allerdings war es auch ein Zeichen dafür, daß die andere Seite Bescheid wußte. Mit Bestimmtheit konnte er es natürlich nicht sagen, aber er hatte den Eindruck, daß der
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