1083 - Das Mondschein-Monster
fremde Einfluß nahm von ihr Besitz. Sie blieb auf dem feuchten Waldboden.
Äußerlich veränderte sich nichts, auch wenn sie ihre Umgebung nicht wahrnahm und sie immer weiter nach hinten wegschwamm.
Sie konnte nicht erklären, was da passierte. Es war alles so anders geworden. Kalik hatte die absolute Kontrolle über sie bekommen, und er nutzte sie auch aus.
Tricias Wille löste sich auf. Jemand hatte ihm einen Stoß gegeben, und so schwamm er davon. Sie wußte selbst, daß sie am liebsten aufgesprungen wäre, um fortzulaufen, aber auch das war nicht möglich. Tricia war nicht gefesselt und fühlte sich trotzdem wie eine Gefangene. Die hellen Augen, das Licht auch hinter der Haut, das diesen Kopf beinahe aussehen ließ wie eine Halloween-Maske, all das überschwemmte sie mit einer Macht, die sie schon jetzt in den Bann des Unheimlichen getrieben hatte.
Nur schwach erinnerte sie sich noch an die Angst, die so bedrückend gewesen war. Es gab sie nicht mehr. Tricia hatte aufgegeben. Der Bann des anderen war einfach zu mächtig, und sie zuckte nicht einmal zusammen, als Kalik den Druck seiner Finger verstärkte und sie in die Höhe zog.
Willig folgte sie dem Zug. Sie zitterte dabei, aber sie tat nichts, ihn daran zu hindern, sie auf die Füße zu ziehen. Dabei hielt die Hand sie noch immer fest, was auch gut war, denn Tricia wäre sonst zu Boden gesunken. In den Beinen fehlte die Kraft. In Höhe der Knie spürte sie das Zittern, und der Herzschlag schien sich bis in ihren Kopf hinein auszubreiten.
Dort dröhnte jeder Schlag nach. Aber ihr Herz war kein Gong, den man anschlug. Das Sichtfeld blieb eingeschränkt. Sie sah nur den Kopf mit den hellen Augen und dem weit offenstehenden Mund, in dem ebenfalls das weiße, kalte Licht einen regelrechten Block bildete, der ihn von allen Seiten hin ausgefüllt hatte.
Ein »Riese« war er auch jetzt. Viel größer als sie. Mehr als einen Kopf überragte er Tricia. Seine Hände, die ebenfalls eine übernormale Größe aufwiesen, konnten sich so zärtlich bewegen und glitten über ihren Körper hinweg. Die Fingerkuppen spürte sie überall auf der Haut und brauchte eine Weile, um festzustellen, daß sie bereits unter der Kleidung herglitten.
Tricia tat nichts. Sie ließ alles mit sich geschehen. Wie nebenbei nahm sie wahr, daß die Hände ihre Kleidung anhoben. Das Gewand warf Falten, als es in die Höhe geschoben wurde. Für einen Moment sah sie nichts mehr, selbst das Licht in den Augen war verschwunden, denn vor ihrem Gesicht wirbelte der Stoff hoch.
Im nächsten Augenblick war sie nackt. Sie sah nicht, wie ihr Kleid flatternd zu Boden fiel. Tricia spürte auch nicht den kalten Wind auf ihrer Haut, sie war wieder voll und ganz in den Bann dieses Fremden gezogen worden.
Er hatte sein vorläufiges Ziel erreicht und senkte den Blick wieder nach unten, während er Tricia mit beiden Armen umfing wie eine Geliebte. Jetzt war er sehr nahe bei ihr. Er schaute ihr abermals in die Augen, und sie blickte zurück.
Bisher hatte er nicht gesprochen. Das änderte sich in diesem Augenblick. Sie hörte seine Stimme und fragte sich, ob sie sich die Worte nur einbildete oder tatsächlich vernahm.
»Du bist die letzte im Reigen. Er ist geschlossen. Ich habe lange warten müssen und nun alles erreicht. Von nun an gehörst du mir, wie auch die anderen. Nur mir…«
Was danach folgte, erlebte Tricia wie in einem Traum. Es war ihr auch nicht möglich, etwas zu sagen, denn der Bann des Kalik verstärkte sich immer mehr. Er entwickelte sich zu einem geistigen Gefängnis, aus dem sich die Frau nicht befreien konnte. Es gab noch sein Gesicht, doch sie sah es nicht. Für sie existierte nur das Licht. So hell, so scharf, so konturiert. Es bohrte sich in ihre Augen.
Es füllte sie aus, und sie hatte dabei das Gefühl der leichten Zerstörung in ihrem Kopf, das ohne Schmerzen ablief..
Veränderungen. In seinen Bann geraten. An nichts anderes mehr denken können. Sich selbst durch die Kraft des anderen bedingt einfach aufgeben.
Tricia floß dahin. Die fremde Macht nahm immer stärker von ihr Besitz. Alles Menschliche und auch Weltliche war für sie so weit weg. Es zählte einzig und allein die neue Existenz, in die sie immer tiefer hineinglitt.
Dann hörte sie noch eine Stimme. Sie war so schrecklich weit weg. Trotzdem gut zu verstehen. Sie verstand, ohne zu begriffen, denn was wußte sie schon vom Licht des Landes Aibon.
»Jetzt gehörst du zu ihm. Zu uns. Zum Licht des Aibon-Mondes…«
Die
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