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1095 - Der Hexentrank

1095 - Der Hexentrank

Titel: 1095 - Der Hexentrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich daneben gegen die Wand und schüttelte immer wieder den Kopf. Ein Zeichen, daß sie nicht mehr sprechen wollte und es auch nicht konnte.
    Ich hielt den Hörer an mein Ohr. Über deutlich hörte ich jetzt die Stimme der angeblich toten Edina. »Täubchen, du hast mir viel zu verdanken. Ich habe dir das gute Leben ermöglicht. Aber du hast dich nicht an die Regeln gehalten. Du hast das Haus nicht weihen lassen, und das ist nicht gut. So kann es keine Heimat für mich werden, denn ich wäre sehr gern zu dir gekommen. Alles ist etwas falsch gelaufen, und deshalb wirst du jetzt zu mir kommen.«
    Das war die Spur. Das war der berühmte Knickpunkt innerhalb des Falls. Nur konnte ich nichts tun, denn ich war kein Stimmen-Imitator, und einem Fremden hätte sie nichts erzählt.
    Jetzt mußte Chris ran.
    Die Schnur war lang genug, so daß ich zu Chris gehen konnte. Als sie den Hörer dicht vor ihrem Gesicht sah, schüttelte sie wieder heftig den Kopf.
    »Doch, du mußt! Bitte! Es ist wichtig für uns alle!«
    »Nein, ich…«
    »Mach es!«
    Ich hatte nicht laut gesprochen, letztendlich doch überzeugend, denn Chris griff zu. Ihre Hand zitterte, so daß sie Mühe hatte, den Hörer zu halten.
    »He, he, warum sagst du nichts?«
    »… war überrascht.«
    »Ja, denke ich mir. Ich will dich sehen, Täubchen. Du bist mir etwas schuldig.«
    »Nein, das ist…«
    »Doch!« kreischte die Tante, die angeblich tot war. »Doch, du bist mir etwas schuldig! Hör genau zu, denn ich rufe dich nicht noch einmal an. Komm zum Langley Museum. Komm zu mir. Ich lebe dort. Da wollen wir uns treffen. Und hüte dich davor, mich reinlegen zu wollen. Ich finde dich! Ich finde dich überall. Komm so schnell wie möglich…« Es waren die letzten Worte, dann verstummte die Stimme.
    Chris Talbot sagte nichts. Sie weinte. Sie hatte mit einer Person gesprochen, die sie für tot gehalten hatte.
    Ich legte den Hörer auf. Als ich mich umdrehte, stand Chris mit offenem Mund da.
    Ich gab ihr ein Taschentuch.
    Sie tupfte die Tränen ab, schneuzte ihre Nase und ging zum Fenster, um hinauszuschauen. »Was ist das für eine Zeit, John, in der die Toten leben?«
    »Sie war nicht tot.«
    »Was dann?«
    »Deine Tante ist einen für dich unbekannten und nicht nachvollziehbaren Weg gegangen.«
    »Da komme ich nicht mit.«
    »Es ist jetzt auch unwichtig.« Ich sprach noch immer gegen ihren Rücken. »Aber wir sollten das tun, was man von dir verlangt hat. Die Spur mit dem Museum war genau richtig, Chris. Wir wären sowieso hingefahren. Jetzt haben wir die Bestätigung.«
    »Um eine Tote zu sehen?« flüsterte sie gegen die Scheibe.
    »Ja und nein.«
    »Du glaubst, daß sie lebt?«
    »Du nicht?«
    Chris drehte sich um. In ihrem Gesicht arbeitete es. Ich sah ihr an, daß sie nachdachte. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich habe das Geld geerbt. Ich habe mir ein Haus davon gebaut. Meine Tante hat es mir überlassen. Warum hat sie das getan? Als lebende Person wäre es ihr zugute gekommen, und jetzt muß ich so etwas erleben, dasmein gesamtes Leben irgendwie auf den Kopf stellt.«
    »Bitte, Chris, tu mir einen Gefallen, denk nicht so scharf darüber nach. Bitte nichts analysieren, ja?«
    »Die Aussage kenne ich doch von dir.« Ihre Mundwinkel zuckten.
    »So etwas Ähnliches hast du gesagt, als wir dem Drachen begegnet sind. Da mußte ich ähnlich umdenken.«
    »Jetzt noch einmal.«
    »Hier ist es anders. Hier bin ich noch persönlicher davon betroffen. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, wenn ich plötzlich meiner angeblich toten Tante gegenüberstehe.«
    »Du läßt es einfach darauf ankommen.«
    »Ja, so kann man leicht reden, John.«
    »Nein, das tue ich nicht. So gut müßtest du mich kennen. Du wirst nicht allein zu diesem Museum fahren. Ich werde bei dir sein, und dann sehen wir weiter.«
    Chris Talbot versuchte zu lächeln, was sie nicht so recht schaffte.
    »Das glaube ich dir, und ich habe auch Vertrauen, aber ich weiß nicht, ob ich dazu noch in der Lage bin.« Sie trat mit dem rechten Fuß hart auf. »Mit einer Tante zu sprechen, die eigentlich tot ist, das geht mir nicht in den Kopf.«
    »Wir fahren trotzdem.«
    »Ja, wir fahren, John. Aber es geht nicht nur um die Tante. Da gibt es noch einen gewissen George Mannix.«
    »Keine Sorge, den habe ich nicht vergessen…«
    ***
    Mannix hatte den Rest der Nacht so gut wie nicht geschlafen und auf dem Boden liegend nur dahingedämmert. Er war des öfteren hochgeschreckt, weil die Hexe keine Ruhe

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